Gaelen Foley - Amantea - 03
Seufzend dachte er daran, dass dies die Männer waren, denen er die höchsten Stellungen in der Regierung gegeben hatte, nach- dem er das alte Kabinett aufgelöst hatte. Zum Glück wussten sie, wann sie ernst zu sein hatten.
Heute Abend ist ein Neuanfang, dachte er und nickte ei- nem Diener zu, der sich vor ihm verbeugte. Langsam stieg er die Treppe hoch und versuchte zu verstehen, dass er nun ver- heiratet war. Er hatte nicht erwartet, sich anders zu fühlen, doch eben dies tat er jetzt.
Vor dem Schlaf gemach blieb er stehen und legte die Hand auf den Türknauf. Er wusste nicht, was er drinnen vorfinden würde. Vielleicht schlief Daniela schon, vielleicht weinte sie auch. Vielleicht wartete sie mit einem Dolch in der Hand auf sein Erscheinen.
Lächelnd drehte er den Knauf. Das Lächeln verschwand, auch wenn er nicht wirklich überrascht war.
Es war zugesperrt.
Rafael fand den Schlüssel in seiner Westentasche und schloss die Tür auf. Ehe er eintrat, hielt er für einen Moment inne, da er auf einmal ein wenig Angst davor verspürte, was sie mit ihm vorhatte.
Dann stieß er entschlossen die Tür auf und sah ins Zimmer. Es war dunkel, und die Vorhänge wehten in der Brise, die durch die offene Balkontür ins Gemach blies. Er schloss die Tür hinter sich und trat leise auf das Bett zu, wo er schim- mernden weißen Satin bemerkte. Rafael runzelte die Stirn, als er wieder das Gefühl zärtlicher Ritterlichkeit verspürte, das sie in ihm auslöste. War seine arme kleine Braut viel- leicht vor Erschöpfung zusammengebrochen, noch bevor sie es geschafft hatte, sich zu entkleiden?
„Daniela?“ fragte er leise.
Doch als er den Stoff der vielen Röcke berührte, riss er die Augen auf. Sie war nicht da.
Er wirbelte herum. Sein Blick glitt suchend durchs Zimmer. Sie war verschwunden. Entsetzt und sich selbst verfluchend, dass er an Flucht nicht gedacht hatte, eilte er zum Balkon. In diesem Moment vernahm er von unten in der Dunkelheit einen leisen Schrei.
„Hilfe!“
11. KAPITEL
Schweißperlen liefen Daniela über das Gesicht, während sie sich mit aller Kraft an das Türmchen klammerte, das nur fünfzehn Fuß unter dem Balkon stand.
Sie hatte sich gerade an das Mondlicht gewöhnt und sah jetzt das Gesicht ihres Mannes, das wie immer belustigt wirkte. Die Hände auf das Geländer gestützt, betrachtete er sie interessiert.
„Was tust du dort draußen, meine Liebe?“
„Oh, sei jetzt kein Unmensch“, flehte sie ihn aufgeregt an und blickte auf den Erdboden unter sich, der unendlich viele Fuß entfernt zu sein schien. Verzweifelt klammerte sie sich noch fester an das kleine Türmchen. „Ich kann nicht weiter. Ich sterbe gleich.“
„Übertreib nicht gleich, Daniela“, erwiderte Rafael fröh- lich, zog seinen Gehrock aus und schwang ein Bein über das Geländer. „Ich bin dein Ehemann und werde dich retten.“
„Sei vorsichtig“, sagte sie, wobei sie einen Moment daran dachte, dass sein betont heiteres Benehmen vermutlich be- deutete, dass er vor Wut kochte.
„Keine Angst, ich werde unseren Kindern von dieser Nacht erzählen“, fuhr er fort, während er geschmeidig das Mansar- dendach hinabglitt, an dessen Rand er stehen blieb. „Und unseren Kindeskindern. Und deren Kindern.“ Er sprang.
Daniela blieb die Luft weg.
Er landete geschickt auf demselben flachen Absatz, den Daniela vor ihm benutzt hatte. Mit klopfendem Herzen blickte sie Rafael an.
„Ich werde es sogar“, sagte er und trat über einen Ab- grund, „in die Annalen der Geschichte Amanteas eintragen lassen. Vielleicht sollte ich diesen Tag sogar zu einem Feiertag erklären. Den Dachklettertag – wie wäre das?“
Entsetzt hielt sie den Atem an, als er einen Moment ein wenig schwankte.
„Du bist betrunken!“
Er drückte sich an das Türmchen und rückte langsam nä- her an sie heran. Dabei sah er sie gekränkt an. „Das bin ich nicht. Es wäre doch nicht sehr höflich von mir – oder? Wie, zum Teufel, bist du hierher gekommen?“
„Du Narr! Natürlich bist du betrunken. Du wirst uns beide umbringen.“
„Also wirklich, meine Liebe. Ich habe schon viel dümmere Dinge getan und sie auch überlebt. Aber erkläre mir doch, warum du auf dieses Türmchen geklettert bist, obwohl du doch eher nach unten wolltest.“
Daniela schürzte die Lippen. „Ich versuchte, wieder hoch- zuklettern.“
„Hast du das?“ Er sah sie aufmerksam an.
„Bitte, Rafael. Ich glaube nicht, dass ich es noch viel länger durchhalte.“
Er
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