Gaelen Foley - Amantea - 03
schmunzelte. „Wirst du dich genauso fest an mich klammern wie an das Türmchen?“
„Mein Gott, ich hasse ihn. Ich hasse ihn.“ Sie hörte ihn lachen. Wütend riss sie die Augen auf. „Das ist ganz und gar nicht lustig!“
„Also gut. Warte einen Moment.“ Mit seinen längeren Bei- nen schaffte er es, die Lücke im Dach, die sie in diese unan- genehme Lage gebracht hatte, zu überbrücken. Während er vorsichtig hin und her balancierte, fasste er sie um die Hüften.
„Das soll wohl ein Scherz sein“, meinte sie.
„Lass los“, befahl er, und diesmal klang seine Stimme nicht mehr belustigt.
„Du kannst dich nirgends festhalten. Du wirst fallen. Klettere wieder zurück.“
„Hab keine Angst, Liebes“, beruhigte er sie. „Tue, was ich dir gesagt habe. Ganz langsam.“
„Rafael.“
„Es wird schon gehen. Lass einfach los. Ich halte dich.“
Daniela schloss beim Klang seiner sanften Stimme die Au- gen, doch obwohl sie ihm nun gehorchen wollte, vermochte sie nicht die Arme vom Türmchen zu lösen. „Ich kann nicht.“
„Still“, sagte er. „Es wird dir nichts geschehen. Du musst mir vertrauen, Liebling.“
Daniela schluckte. „Also gut. Ich lasse jetzt los.“
„Fein. In meinen Armen darfst du dich nicht rühren.“
Sie wusste, dass jegliche plötzliche Bewegung ihn aus dem Gleichgewicht bringen konnte. Sie verfluchte sich, beide in eine solche Lage gebracht zu haben, und löste sich dann
langsam, Zoll um Zoll, vom Türmchen. Innerlich stieß sie Stoßgebete aus.
Sie konnte die unglaubliche Kraft in Rafaels Armen, sei- nen Schultern und seiner Brust spüren, als sie sich allmäh- lich an ihn lehnte. Seine Bewegungen waren bedächtig und geschmeidig. Vermutlich war er in den Jahren seiner De- genübungen zu dieser Körperbeherrschung gelangt. Mit der Kraft eines Beines schaffte er es, sie beide vor dem Sturz in den Abgrund zu bewahren.
Sie konnte nichts anderes tun, als zu warten. Ihr Herz pochte vor Angst, als er sich vom Rand des Türmchens abstieß und sie und sich über den Spalt zog.
Beide fielen auf den flachen Absatz, wo sie sich in Sicher- heit befanden. Keuchend lag Daniela da und dankte Gott für ihre Rettung.
„Habe ich mir einen Kuss verdient?“ fragte Rafael.
Wachsam kniff sie die Augen zusammen.
Er lächelte schalkhaft, und ein paar Strähnen seines schimmernden Haars fielen ihm ins Gesicht. „Nein?“
„Wir sind noch nicht im Zimmer.“
„Du darfst dich nicht wundern, dass ich es zumindest ver- sucht habe“, meinte er. „Es muss deine Hose sein. Wahrhaftig eine Qual für einen Mann, wenn ich das einmal sagen darf.“
Er legte sich rücklings auf das Dach und verschränkte die Arme unter dem Kopf. „Was für eine schöne Nacht! Weißt du, so manche Frau hat bereits ihr Leben riskiert, in mein Schlaf- zimmer zu gelangen. Doch du bist die Erste, die hinauswollte. Du bist wahrhaftig die Erste“, wiederholte er mit zärtlicher Stimme, wobei er in den nächtlichen Himmel hinaufschaute.
Daniela betrachtete sein Profil – seine langen Wimpern, seine schmale Nase und die hohe Stirn. Eine Welle der Scham über ihre Feigheit überkam sie. „Es tut mir Leid, Rafael.“
„Nun, mein Schatz, ich habe dir schon vergeben.“
„Hast du das?“
„Ich habe dir gesagt, dass es nur eine Sache gibt, womit du mich erzürnen könntest.“
„Dich anzulügen.“
„Genau.“
„Rafael?“
Der Mond erhellte seine Wange, als er sich ihr zuwandte. Es zeigten sich bereits goldbraune Bartstoppeln auf seinem Gesicht, was ihm ein raueres Aussehen gab. Er strich ihr über die Schläfe. „Du hast wunderschöne Augen. Was gibt es?“
Daniela zog sich nicht zurück, doch sie hatte völlig ver- gessen, was sie eigentlich sagen wollte. Sein nachdenklicher Blick wurde weich.
„Ich sehe, dass du rot wirst“, raunte er und kniff sie zärtlich in die Wange. Dann zog er die Hand zurück und verschränkte erneut die Arme unter dem Kopf.
Daniela schaute auf das ferne Meer. „Betörst du alle Frauen auf diese Weise?“
Er antwortete nicht. Sie spürte, dass ihre Frage ihn ver- letzte. „Nun“, sagte er schließlich. „Ich rette nicht alle vor dem Tod. Aber im Allgemeinen versuche ich, sie mit meinem Charme einzunehmen.“
„Es ist also eine Taktik.“
„Nein, ich habe keine Taktik. Verführung ist keine Wis- senschaft. Es ist eine Kunst. Und du, meine Liebe, befindest dich in den Händen Michelangelos.“
„Wirst du ... Ach, natürlich wirst du das. Wie dumm von mir
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