Gaelen Foley - Amantea - 03
Puls raste.
Sie hatte nicht geweint, als man sie verhaftet hatte. Weder im Gefängnis noch bei der Verabschiedung von ihren Freun- den war ihr eine Träne über die Wangen gelaufen. Selbst ihre Hochzeit hatte sie nicht zum Schluchzen gebracht. Doch nun weinte sie. Sein wildes Mädchen, das Gesetze brach, weinte und zitterte unter ihm.
Vor Angst.
Er hielt inne und schaute sie verwirrt an. Auf einmal mel- dete sich wieder sein Verstand. Mein Gott, er hatte sie einfach überwältigt und war nur wenige Sekunden davon entfernt ...
Wildes Verlangen meldete sich von neuem.
Nein, sagte er sich innerlich und schloss die Augen vor Ent- täuschung. Mit einem Fluch auf den Lippen riss er sich von ihr los und stand vom Bett auf, wobei er gegen die eigene Lust ankämpfte. Er fühlte sich wie jemand, den er nicht kannte. Was hatte sie mit ihm gemacht? Verdammt! Was geschah mit ihm?
„Verschwinde“, sagte sie mit zitternder Stimme.
Die Hände in die Hüften gestützt, blickte er sie heftig at- mend an. Sie war aus dem Bett geschlüpft und stand nun mit dem Rücken zur Wand da. Rasch hatte sie seinen Degen ergriffen, ihr schwarzes Hemd hing offen über ihren wei-
ßen Brüsten und gewährte ihm den Blick auf ihren flachen Bauch.
Wieder durchfuhr ihn ein heftiges Verlangen. Ja, er hätte sogar in Kauf genommen, dass sie bewaffnet war. Doch er hielt sich zurück und sah sie nur an. Er hoffte, schon seines Stolzes wegen, dass sich seine Scham nicht in seinem Ge- sicht widerspiegelte. Im Moment war er allerdings noch viel zu zornig, um zu bereuen.
Er verstand nicht, was mit ihm geschehen war. Noch nie zu- vor hatte er sich einer Frau aufgedrängt. Er hatte sogar schon zwei Männer aus diesem Grund in Duellen getötet. Dennoch vermochte er nicht, sich bei Daniela zu entschuldigen.
Wie hatte er sie so missverstehen können? Er hatte ihre Zu- rückweisungen gehört, sie jedoch nur als Zeichen der Schüch- ternheit verstehen wollen. Und er hätte schwören können, dass sie sich nach ihm verzehrt hatte. Er war verwirrt. Warum wollte sie ihn nicht? Sie war doch seine Gemahlin.
„Ich sagte, verschwinde!“
Rafael wandte sich ihr zu. „Ich gehe nirgendwohin.“ Das war das Letzte, was er jetzt brauchte – dass man bei Hofe hinter vorgehaltener Hand darüber Scherze machte, wie er in seiner Hochzeitsnacht von seiner Gemahlin hinausgewor- fen worden war. Er begriff noch immer nicht, was geschah. Frauen wiesen ihn nicht zurück. Gesetzlich gehörte sie ihm. Er hatte ihr das Leben gerettet, und sie besaß nicht das Recht, ihn abzulehnen. Heute Nacht würde sie ihm nicht die kalte Schulter zeigen.
Nicht im Schlafzimmer. Niemals dort.
„Ich meine es ernst! Verschwinde!“ Ihre blauen Augen funkelten, als sie, mit gezogenem Degen, auf ihn zutrat. Sie stieg auf das Bett, schritt langsam darüber und sprang auf der anderen Seite auf den Boden, bis sie ihm die Klinge unter das Kinn hielt.
Er betrachtete zuerst verächtlich die Waffe und dann seine Frau. „Was tust du da, Daniela? Willst du mich erstechen?“
Sie zitterte leicht. „Ich sollte es. Ich sollte dich umbringen und diesem Königreich und den Frauen der Welt damit einen Gefallen erweisen.“
„Sprich nicht von den Frauen der Welt, solange du selbst noch keine geworden bist“, sagte er leise.
„Was soll das heißen?“ rief sie, und ihre Wangen röteten sich vor Zorn.
Er blickte auf ihre jungenhafte Kleidung. „Es soll hei-
ßen, dass du nur ein kleines verängstigtes Mädchen bist, das nicht weiß, was ihm entgeht. Aber keine Sorge“, sagte er. „Ich werde noch eine Frau aus dir machen. Wie kannst du es wagen, mich nach all dem, was ich für dich getan habe, zurückzuweisen?“
„Ich versuche nur, dir zu helfen!“ brachte sie mühsam hervor.
„Mir helfen? Was, zum Teufel, meinst du damit?“
„Ich habe von deinen fünf Prinzessinnen erfahren“, ent- fuhr es Daniela. „Wenn ich dir widerstehe, kann unsere Ehe noch annulliert werden, sobald dein Vater zurückkommt. Du kannst dann eine von ihnen heiraten und wirst nicht den Thron verlieren. Sonst verlierst du das ganze Königreich um meinetwillen, Rafael. Das werde ich nicht gestatten. Amantea braucht dich.“
Entgeistert blickte er sie an. „Mit wem hast du geredet?“ fragte er drohend.
„Es ist ganz gleichgültig, wer es mir erzählt hat. Ich möchte niemandem Schwierigkeiten machen. Das einzig Wichtige ist nur, dass du mich und meine Freunde gerettet hast. Und nun ist es an mir, dich zu
Weitere Kostenlose Bücher