Gaelen Foley - Knight 01
verschwunden waren, war sein Herz noch weiter geworden, hatte sich über ah die Grenzen hinweggesetzt, die ihm so lan- ge zur Verteidigung gedient hatten, doch allmählich begann ihn seine Liebe zu Belinda zu quälen. Er wusste, was er riskier- te, wusste, was er zu tun hatte, welche selbstmörderische Wahl er zu treffen hatte – zwischen seiner Ehre und seinem Herzen. Er wusste, dass er diese Gefühle nicht mehr lang vor ihr wür- de verbergen können.
Im Moment stand er oben am Zinnenkranz des Bergfrieds, blickte auf seine Ländereien hinunter, wo gerade die Ernte ein- gebracht wurde, und rang mit seinen Schuldgefühlen. Plötz- lich entdeckte er einen einsamen Reiter. Er blinzelte in die Nachmittagssonne.
Dann schaute er nochmals hinunter, überzeugt, einer Sinnes- täuschung zu unterliegen, doch als die Gestalt auf dem dicken weißen Pferd näher kam und er das Buch unter dem Arm aus- machen konnte und die Brille aufblitzen sah, wusste er, dass Alfred Hamilton tatsächlich im Anmarsch war.
„Mich trifft der Schlag“, murmelte Hawk und ging hinein, um ein Zimmer richten zu lassen. Bel war mit den Mädchen unterwegs, aber vermutlich würden sie es in der Hitze nicht lang aushalten. Er ging hinunter in den Hof, um den alten Mann persönlich in Empfang zu nehmen. Obwohl er Alfred Hamilton immer noch strengstens missbilligte, geboten es doch der Anstand und seine Loyalität Belinda gegenüber, dass er ih- ren Vater höflich empfing.
Doch als Hamilton in den Hof einritt, stieg er steifbeinig vom Pferd, schob sich die Brille zurecht, lehnte jede Erfrischung ab und musterte Hawk finster.
„Mr. Hamilton, willkommen in meinem ...“
„Auf ein Wort, Euer Gnaden, wenn ich bitten dürfte“, unter- brach ihn der Alte streng.
Verblüfft wies Hawk auf den Eingang. „Zu Ihren Diensten. Bitte treten Sie ein.“
Er hatte ein höchst ungutes Gefühl, als er Hamilton in die Bi-
bliothek bat. Allmählich kam er sich wie ein Schuljunge vor, der etwas Schlimmes ausgefressen hatte. Der alte Gelehrte verschränkte die Hände hinter dem Rücken und starrte ihn an.
„Lassen Sie mich gleich auf den Punkt kommen“, sagte Mr. Hamilton. „Ich bin hier, um Sie aufzufordern, meine Toch- ter entweder zu heiraten oder Sie aufzugeben.“
Hawk wurde der Mund trocken. „Pardon?“
„Sie sollen Belinda heiraten. Beim letzten Mal haben Sie mir einige unangenehme Wahrheiten serviert, und nun will ich Ih- nen den Gefallen erwidern. Sie geben sich als Ehrenmann – nun, dann handeln Sie auch so.“
Hawk überlegte sorgfältig, bevor er antwortete. „Bei allem Respekt, Sir, Belinda fühlt sich als meine Geliebte durchaus wohl. Sie wird beschützt, geliebt. Ihr fehlt es an nichts. Ich sor- ge täglich – stündlich – dafür, dass sie glücklich ist. Wir sind beide glücklich.“
„Sie sind das zweifellos, aber meine Tochter gewiss nicht. Belinda ist eine wohlerzogene junge Dame. Als Geliebte könn- te sie niemals glücklich sein. Sie erhofft sich mehr vom Leben.“ Hawk stand auf und sah hochnäsig auf Hamilton hinab. „Mein guter Mann, ich habe Ihre Tochter beschützt und war unglaublich großzügig zu ihr, während Sie sie in Armut zu- rückgelassen haben. Also predigen Sie mir nicht von Belindas Nöten.“
„Sie werden meine Tochter nicht prostituieren.“
„Wenn ich offen sein darf, Sir, so hat Belinda das ganz allein besorgt, und zwar schon, bevor sie mich kennen gelernt hat. Schauen Sie mich nicht so an, als hätte ich ihr unrecht getan – eher könnte man mich ihren Retter nennen.“
„Zu einem gewissen Preis, Euer Gnaden.“
Hawk senkte den Blick. Sein Herz hämmerte vor Zorn und Schuldbewusstsein. „Leider ist es mir nicht möglich, sie zu heiraten. Wir fühlen uns aber auch so wohl.“
„Und was für ein Leben wird Belinda wohl vor sich haben, wenn Sie sich nicht mehr mit ihr ,wohl fühlen’, Sie arroganter Narr? Wenn Sie keine Lust mehr haben, mit ihr zu spielen – wenn sie von Ihnen schwanger ist? Ich kenne Männer wie Sie, Sir. Sie werden sie mit Geld abfinden, sobald Ihnen irgendein anderes hübsches Ding ins Auge sticht. Meine Tochter ist aber keine Hure, und das weiß keiner besser als Sie! Als sie überfal- len wurde, war sie ein unschuldiges Mädchen. Sie tat, was nö-
tig war, um zu überleben!“
„Ich spiele nicht mit ihr“, erwiderte er sehr leise. „Zufällig liebe ich Ihre Tochter.“
„Ja, junger Mann, das glaube ich Ihnen sogar. Sie haben Ihr Leben riskiert, um ihre Feinde zu
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