Gaelen Foley - Knight 02
sein, damit sie nach vollendeter Tat mit ihm aus England fliehen konnte. Aber er wollte sich nicht allzu große Sorgen machen und konzentrierte sich lie-
ber auf die letzten Details seines Plans. Bald war es so weit. Fünfzehn Meilen östlich von London hatte er ein Cottage gemietet. Dorthin wollte er Caro morgen früh bringen – sie war der Köder, mit dem er Lucien Knight aus der Stadt lo- cken wollte. Inzwischen würde Bardou seinen Angriff star- ten. Seiner Schätzung nach würde es nur etwa eine Viertel- stunde dauern, bis sein Zerstörungswerk vollbracht war. Da zur Feier des Guy-Fawkes-Abends überall die Kirchenglo- cken läuteten und Böllerschüsse ertönten, würden die be- trunkenen, krakeelenden Massen den Feuerregen, der vom Himmel auf sie niederging, erst dann bemerken, wenn es be- reits zu spät war.
Bardous Augen glänzten, als er sich den Aufruhr vorstell- te, den es morgen gäbe, wenn die entfesselten Menschenmas- sen auf der Suche nach einem sicheren Ort aufeinander stie- ßen. Bloß dass ein solcher Ort nirgends zu finden wäre. Sei- ne Kanone hatte eine Reichweite von tausend Metern, und seine erprobte Geschützmannschaft konnte pro Minute zwei Geschosse abfeuern. Brandladungen setzte man auch bei Be- lagerungen ein. Sobald eine der im Ofen erhitzten Kanonen- kugeln ihr Ziel erreichte, ging dort alles, was aus Holz be- stand, sofort in Flammen auf. Er ließ sich seine Angriffszie- le durch den Kopf gehen ... das Parlament natürlich. Die Ad- miralität. Das Bankenviertel, die Börse. Die Docks der Han- delsschifffahrt, auf der ein Großteil des englischen Reich- tums gründete. St. James’s Palace, die königliche Residenz. Carlton House, wo sich der Prinzregent aufhielt ... So viele Möglichkeiten.
Wenn die zwei Dutzend Geschosse abgefeuert wären, wür- den er und seine Männer in verschiedene Richtungen fliehen. Während London brannte, würde Bardou zu seinem Cottage und dem Rendezvous mit Knight eilen und den Mistkerl end- lich erledigen. Er hatte vor, Lucien eine Botschaft nach Knight House zu schicken, in der er ihm mitteilte, wann und wo er ihn treffen könne, wenn er Caro retten wolle.
Sobald Knight tot war, brauchte er nur noch ins Boot zu steigen und mit seinen irischen Kollegen – die England eben- so hassten wie er selbst – davonzusegeln. Deswegen musste Sophia umgehend zu ihm stoßen. Morgen Abend würde er aus England fliehen müssen. Wenn sie nicht bald käme, wür- den sie wieder getrennt werden. Sie sollte ihre Aufgabe in-
zwischen erledigt haben. Als es dunkel wurde und sich die Nacht herabsenkte und Sophia immer noch nicht wieder aufgetaucht war, konnte er der fürchterlichen Gewissheit, dass ihr etwas passiert war, nicht länger ausweichen.
Er hatte das dunkle Gefühl, dass er sie unbeabsichtigt in den Tod geschickt hatte. Rollo Greene hätte eine so erfahre- ne Meuchelmörderin wie Sophia nicht umbringen können – Lucien Knight schon. Ihrem letzten Brief zufolge war sie dem Amerikaner zu Lucien Knights Landsitz gefolgt. Und wenn Knight sie nun gefangen genommen oder sie getötet hatte? Wenn Knight sie auf seine Seite gezogen hatte? Bei dem letzten Gedanken überlief es ihn kalt. Bei Gott, in dem Fall wäre sie besser tot, denn falls sie ihn verraten hatte, würde er sie eigenhändig umbringen. Er spürte, wie ihm an- gesichts dieser Möglichkeit die Selbstbeherrschung zu ent- gleiten drohte.
Zum Teufel mit Knight! Er ertrug es einfach nicht mehr – dieses Versteckspiel, diese Heimlichkeit. Mit wildem Blick stürmte er ins Hotelzimmer zurück. Er hatte es satt, gedul- dig zu sein und auf den richtigen Moment zu warten.
Die ganze Zeit hatte er mit Sophias Rückkehr gerechnet, und Lucien Knight hatte gewusst, dass sie nicht wiederkä- me. Entweder hatte er sie getötet oder auf seine Seite gezo- gen. Bardou war fast egal, welches von beidem zutraf, für ihn zählte nur eines: Lucien Knight hatte ihn wieder einmal geschlagen. Wahrscheinlich lachte er sogar über ihn. Der ge- meine Hund. Etwas in ihm ging mit ihm durch. Laut flu- chend hob er den eleganten Konsoltisch neben der Balkon- tür hoch und zerschmetterte ihn an der Wand. Zum Teufel mit der Warterei! Sich vor Lucien Knight zu verstecken war unsagbar entwürdigend. Keinen Augenblick länger ertrug er das! Er wusste, wo Knight wohnte. Dieser arrogante Aristo- krat hatte es nicht verdient, auch nur einen Tag länger zu le- ben. Du hast gedacht, ich hätte dir bereits Schmerzen zuge- fügt. Du hast keine
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