Gaelen Foley - Knight 03
hatte all die zögerliche Unsicherheit der letzten Tage hinweggefegt. Sie würde nicht ewig warten, bis er sich endlich entschieden hatte, und sie hatte es auch nicht verdient, warten gelassen zu werden, nach allem, was sie für ihn getan hatte. So stand- haft war sie gewesen, hatte ihm immer wieder die Hand entgegengestreckt, ihm immer wieder eine neue Chance gegeben, ihre Hand zu ergreifen, nachdem er sie wegge- schoben hatte. Ihre Geduld hatte ihn gezähmt, fast wie ein wildes Pferd. Mit einem Blick vergewisserte er sich, dass mit ihr alles in Ordnung war. Dick in Mantel und Schal eingepackt, saß sie da. Ein paar Locken waren unter ihrem warmen Samthut hervorgerutscht und wehten nun im Wind. Die Hände hatte sie in den riesigen Pelzmuff ge- steckt, den Alec ihr zu Weihnachten geschenkt hatte. Als sie seinen Blick bemerkte, lächelte sie ihn an. Sie weiß es, dachte er und wandte sich lächelnd wieder der Straße zu, erregt von ihrer Nähe.
Natürlich hatte er die Gefahr nicht vergessen, in welcher sie schwebte, obwohl seit jenem Reitunfall nichts mehr da- von zu spüren gewesen war. Nur zur Sicherheit war er gut bewaffnet, aber weil sie sich im Schutz der Dunkelheit da- vongemacht und niemandem verraten hatten, dass sie auf- brachen und wohin sie sich wenden wollten, machte er sich
keine Sorgen.
Gott sei Dank war Miranda nicht die Sorte Frau, die überallhin einen Tross Dienstboten mitnehmen musste. Er wollte ganz allein mit ihr sein, um ihr zu sagen, was er für sie empfand.
Es war eine klare Nacht, nicht allzu kalt. Die Straße war frei, es herrschte kaum Verkehr, der sie aufgehalten hätte, und der Vollmond bot ihnen genügend Licht. Daher brauchten sie für die vierzig Meilen von London nach Lit- tlewick Green, vorbei an der lebhaften Stadt Maidenhead, nur vier Stunden. Er wandte sich nach Norden und fuhr weitere zweieinhalb Meilen, bis sie endlich an der ver- schneiten Auffahrt von Bayley House ankamen. Damien zügelte die Pferde, als sie sich dem großen, baufälligen Haus näherten, und dann hielt er mit einem Seufzen an. Das Haus wirkte in der silbrigen Dunkelheit immer noch wie ein Mausoleum.
Er band die Zügel um einen Pfosten und drehte sich zu Miranda um. Sie starrte das Haus an.
Mit einer vagen Geste wies er auf das Haus. „Vielleicht kann man es von hier nicht erkennen, aber es ist ziemlich heruntergekommen. Innen ist es auch in einem recht trau- rigen Zustand. Möchtest du hineingehen, jetzt, wo ich dich gewarnt habe?“
Mit seelenvollem Blick erwiderte sie: „Damien, ich halte die Ungewissheit keinen Moment mehr aus. Bevor du mir nicht verrätst, warum du mich hergebracht hast, rühre ich mich nicht vom Fleck.“
Er lachte leise, von ihrem flehentlichen Ton ein wenig überwältigt. „Nimmst du bitte den Hut ab? Ich möchte dein Gesicht im Mondlicht sehen.“
Sie zog die Hand aus dem Muff, doch ihre Finger zitter- ten so nervös, dass sie die Hutbänder nicht aufbekam. Mit einem Lächeln kam er ihr zu Hilfe. Dann nahm sie den Hut ab, dessen breite Krempe ihr Gesicht überschattet hatte. Auch er setzte den Hut ab und warf ihn auf die Sitze hin- ter ihnen, wo sich bereits die Essenskörbe befanden, die sie hastig in der Speisekammer von Knight House gefüllt hat- ten.
Verschmitzt griff er in einen der Körbe und holte eine karminrote Rose heraus, die er aus dem Strauß in der Ein-
gangshalle hatte mitgehen lassen.
Er strich ihr mit den Blütenblättern über die Wange und überreichte ihr die Rose dann, wobei er ihr die ganze Zeit in die strahlenden Augen blickte. Im weißen Mondlicht wirkte ihr Teint wie aus Alabaster, und ihr Haar war dun- kel wie die Schatten. Die Perlmuttkämmchen in ihren schokoladenbraunen, seidigen Locken blitzten im Mond- licht auf. Miranda schluckte und schaute ihn ernst an. Er ließ sich zu einem leichten Lächeln hinreißen, während er sich im Stillen fragte, ob sie überhaupt eine Ahnung hatte, wie anbetungswürdig sie auch dann war, wenn sie sich gar nicht darum bemühte.
„Ja?“ hakte sie nach.
„So ungeduldig“, schalt er und strich ihr mit den Finger- spitzen über den Arm.
„Ich war ganz außerordentlich geduldig. Für meine Ver- hältnisse.“
„Das stimmt.“ Er umfasste ihre Wange. „Und ich danke dir dafür.“
„Bitte“, quietschte sie, während ihr die Tränen in die Au- gen stiegen. „Sag es einfach. Ich will es wissen, so oder so Bitte, Damien ...“
„Ich liebe dich“, flüsterte er. „Ich liebe dich, Miranda.“ Sie
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