Gaelen Foley - Knight 03
einem fast Fremden etwas so Persönliches und Demütigendes anzuvertrauen.
Er schüttelte den Kopf. „Das ist doch Unsinn, Miranda. Hier können Sie nicht bleiben. Sie sind zu alt, um noch zur Schule zu gehen. Es wird Zeit, etwas Neues anzufangen. Außerdem, schauen Sie sich doch um – an diesem elenden Ort können Sie doch nicht bleiben wollen.“ Er stemmte die Hände in die Hüften. „Ich könnte mir vorstellen, dass Sie nur deswegen bleiben wollen, damit Sie sich wieder ins Theater schleichen können. Stimmt’s?“
Sie schwieg, erbost wegen des herablassenden Tones.
„Miranda, Miranda, anscheinend müssen wir uns ein we- nig unterhalten. Aber eines nach dem anderen.“ Er schlen- derte zu Mr. Reeds Schreibtisch und lehnte sich lässig da-
gegen, wobei er Miranda nicht aus den Augen ließ – eine Pose, die ganz den despotischen Colonel verriet. „Nun hö- ren Sie einmal gut zu, meine Liebe. Mit Ihren Schauspiel- künsten ist es vorbei, Sie haben den letzten Vorhang schon hinter sich. Sie mögen sich daran gewöhnt haben, Ihre Be- treuer in die Irre zu führen und halb nackt durch die Ge- gend zu laufen, aber jetzt sind Sie mein Mündel, Mademoi- selle. Ich dulde keinen Ungehorsam.“
Scharf sog sie den Atem ein und hob empört das Kinn, verkniff sich jedoch jede Entgegnung.
„Ach, das gefällt Ihnen wohl nicht, was?“ spöttelte er. „Nun, Sie mögen mich anstarren, so viel Sie wollen, lassen Sie sich aber gesagt sein, dass ich an die zweitausend wil- de Bauernburschen in disziplinierte Soldaten verwandelt habe. Gegen mich können Sie nicht gewinnen, glauben Sie mir. Sie machen mir keine Angst, und ich kenne jeden Trick. Himmel, wenn Jason Sie letzte Nacht auf der Bühne gesehen hätte, hätte er Sie ins Kloster gesteckt. Ich bin selbst beinahe in Versuchung. Aber wenn ich mir überlege, wie man Ihnen die Zügel hat schießen lassen, bin ich be- reit, Ihnen die Chance zu einem Neuanfang zu geben. Von jetzt an werden Sie sich benehmen, wie es sich für eine jun- ge Dame gebührt. Sie werden weder mir noch meiner Fa- milie, noch dem Andenken Ihres Onkels Schande bereiten. Ist das klar?“
„Nein!“
„Wie bitte?“
Seine Arroganz erzürnte sie. „Zu Ihrer Information: Ich bin neunzehn Jahre alt und brauche keinen Vormund.“
„Ach ja? Gestern Abend hat das noch ganz anders ausge- sehen. Sie haben sich Hals über Kopf in eine gefährliche Situation gestürzt. Wo hatten Sie nur Ihren Verstand gelas- sen, Mädchen? Wissen Sie überhaupt, wie dumm das war? Haben Sie auch nur die geringste Vorstellung davon, was Ihnen hätte passieren können, wenn ich nicht da gewesen wäre?“
Sie schniefte abwehrend. „Die Leute aus Mud City haben mich aber nie zuvor belästigt.“
Da hob er ihr Kinn mit demselben festen, sanften Griff wie gestern Abend, damit sie ihn anschauen musste. Sie war schockiert, wie heiß es sie bei der Berührung seiner
bloßen Fingerspitzen überlief. Ihr Puls raste, als sie seinem Blick mit einer Mischung aus Furcht und Begehren begeg- nete.
„Diese Männer hätten sich an Ihnen vergangen und Sie dann einfach liegen lassen“, meinte er in hartem, ruhigem Ton. „Die haben genau das bekommen, was sie verdient haben. Es tut mir Leid, dass Sie es mit ansehen mussten, aber ich bedaure keine Sekunde, was ich getan habe. Vor allem nachdem ich jetzt weiß, dass Sie unter meinem Schutz stehen.“ Der leichte Griff, mit dem er ihr Kinn um- fasst hielt, wurde zur Liebkosung. Mit den Knöcheln strich er an ihrem Unterkiefer entlang, und sie ließ es fasziniert geschehen. Er schlug sie mit seinem gebieterischen Blick in seinen Bann und murmelte beruhigend: „Sie haben nichts zu befürchten, meine Schöne. Sie und ich, wir werden ... gut miteinander auskommen. Die Leute hier haben keine Ahnung, wie man mit Ihnen umgehen muss, aber ich weiß genau, was Sie brauchen.“
„Was denn?“ fragte sie trotzig, doch irgendwie klang ih- re Stimme ganz atemlos.
„Eine eiserne Hand in einem Samthandschuh“, flüsterte er nachdenklich, „das sollte Ihre wilde Natur zähmen.“
Ihr wurden die Knie weich. Die Gefühle, die er in ihr weckte, schockierten und verwirrten sie. Der Mann war die Fleisch gewordene Gewalt, so arrogant, dass es schon be- leidigend war, und doch erfüllten seine Berührungen sie mit Begierde.
Sein sinnlicher Mund verzog sich zu einem verruchten Lächeln, als ahnte er, welche Wirkung er auf sie ausübte. In seinen silbergrauen Augen glomm es verführerisch auf. „Und
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