Gaelen Foley - Knight 03
und erläu- terte ihr den gefährlich wirkenden Damensattel. Schließ lich half er ihr auf den Rücken des bravsten Tieres, das in
den herzoglichen Stallungen zu finden war, eines gleich- mütigen kastanienbraunen Ponys namens Apple-Jack. Groß, wie sie war, bot sie auf dem kleinen Tier mit dem di- cken Bauch einen ziemlich komischen Anblick.
„Lachst du mich etwa aus?“ fragte sie ihren Vormund, als sie das leichte Zucken um seine Mundwinkel bemerkte.
„Aber woher denn, meine Liebe!“
Doch als sie sich wieder umdrehte, hörte sie ganz deut- lich leises Lachen. Es kümmerte sie wenig. Ihr Herz war leicht. Wenn sie einen absurden Anblick bieten musste, um ein Weilchen mit Damien zusammen zu sein, würde sie das mit Freuden auf sich nehmen.
Er ließ Apple-Jack an der Longe gehen, und Miranda drehte tapfer ihre Runden, am Schluss sogar im Trab. Sie bemühte sich, die Zügel zu führen, ohne das weiche Maul des Ponys zu reizen, und sich gleichzeitig in der Mitte des Sattels zu halten, während sie würdelos durchgeschüttelt wurde. Bei jeder neuen Runde warf sie Damien unwillkür- lich einen verstohlenen Blick zu. Irgendwie schien der Schnee um ihn sanfter zu fallen. In seinem schwarzen Haar und seinem Rock hingen weiße Flöckchen. Während der Reitstunde bemühte Miranda sich nach Kräften, ihrem Rittmeister noch mehr heiß begehrte Worte des Lobes zu entlocken, doch innerlich frohlockte sie bereits: Sie und Damien redeten wieder miteinander, und die Welt war wie- der in Ordnung.
Als die Stunde vorüber war, empfahl Miranda sich bald, da sie das neue gute Verhältnis nicht überstrapazieren wollte – wie Mr. Chipping seinen Schauspielern immer sagte: „Geht, solange sie noch nach einer Zugabe rufen.“ Der Stallbursche hielt ihnen das Tor auf, als sie auf das Anwesen zurückkehrten. Miranda dankte ihrem Vormund für die Reitstunde und verabredete sich für den morgigen Tag zu einer weiteren, und dann ging sie. Das schien ihn zu überraschen. Aufmerksam musterte er sie, als sie ihm zum Abschied anmutig zunickte und sich dann dem Haus zu- wandte. Verwirrt schaute er noch einmal über die Schulter zurück und brachte Apple-Jack dann in den Stall zurück. Belebt von ihrem Erfolg und der frischen kalten Luft, nahm sie das mit einem Schleier verzierte Reithütchen ab, während sie dem Haus zustrebte. Überrascht hielt sie inne,
als sie Lord Lucien an der steinernen Balustrade der Ter- rasse hinten am Haus lehnen sah. Seine silbergrauen Au- gen blitzten, als er sie erkannte. Er ging ihr entgegen, einen schneebedeckten steinernen kleinen Cherub umrundend. Die Hände in den Hosentaschen, lächelte er sie listig an, was sie ein wenig aus der Fassung brachte. Anscheinend hatte er schon längere Zeit dort gestanden und sie und Da- mien im Park jenseits des Gartens beobachtet.
„Guten Tag, Mylord“, begrüßte sie ihn zögernd.
„Hallo, Miss FitzHubert“, erwiderte er schleppend.
„Warten Sie auf Damien ... ich meine, Lord Winterley?“ korrigierte sie sich hastig, doch es war bereits zu spät.
Er zog eine Augenbraue hoch. „Ah, da sind Sie also schon bei Damien angelangt?“
Hastig und mit klopfendem Herzen wandte sie sich ab. „Verzeihen Sie. Es war einfach ein Fehler. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen möchten, ich muss mich zum Essen umkleiden ...“
„Nein, meine Liebe. Bitte schenken Sie mir doch einen Augenblick Zeit. Ich finde das alles sehr interessant.“ Er trat von hinten an sie heran und senkte die Stimme zu ei- nem Murmeln. „Allmählich mache ich mir nämlich Gedan- ken. Was genau geht denn zwischen Ihnen und meinem Bruder vor?“
„Ich weiß wirklich nicht, worauf Sie anspielen.“ Da Herz schlug ihr bis zum Hals.
„Miranda“, schalt er. „Glauben Sie wirklich, ich bin so blind wie alle anderen?“
„Es war einfach ein Versprecher“, wiederholte sie mit trockenem Mund.
„So einfach nun auch wieder nicht, glaube ich.“ Er hielt inne. „Sie würden mich doch nicht anlügen, oder? Das wä re sehr ungezogen. Außerdem bin ich Diplomat, müssen Sie wissen, Miss FitzHubert, und bin es schon von Berufs her gewohnt, die Wahrheit herauszubekommen. Vor mir kann man letztlich nichts verbergen.“
Sie verkrampfte sich. Erschrocken wurde ihr bewusst, dass man sie ertappt hatte. Anscheinend reichten ihre Schauspielkünste nicht aus, um Lord Lucien zu täuschen. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, drehte sich nur lang- sam um und zwang sich, seinem prüfenden Blick zu begeg-
nen.
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