Gaelen Foley - Knight 03
Sache bereits zu einem Kampf zwischen Offizieren und Fußvolk ausgewachsen.“
„Das klingt nach einer sehr hässlichen Erfahrung.“
„So hässlich, dass ich von der Art und Weise, wie dieser Krieg geführt wurde, vollkommen desillusioniert war, aber das ist eine andere Geschichte“, sagte er leise. „Und Da- mien hat das allmählich schwer belastet. Das Abschlach- ten, die Trauer, die Machtlosigkeit und der Zorn, den ein Offizier empfindet, wenn er seine Männer nicht schützen kann, die ihm doch ihr Leben anvertraut haben. Und Da- mien fing an, sich zu verändern, wie Sie sich sicher vorstel- len können, denn Damien ist der geborene Anführer, der beste, den man sich denken kann. Seine Leute liegen ihm wirklich am Herzen. Und deswegen lieben ihn die Men- schen ja auch so. Nach außen hin mag er hart wirken, aber er hat ein weiches Herz – und ich habe mitbekommen, wie ihm dieses Herz auf der Halbinsel gebrochen ist. Ich habe mit anschauen müssen, wie er sich vor dem Schmerz in die Gleichgültigkeit geflüchtet hat, als wäre er der hartherzi- ge Anführer irgendeines blutrünstigen hessischen Söld- nertrupps. Ich habe versucht, ihn menschlich zu halten, zi- vilisiert, habe versucht, mit ihm zu reden. Aber das hat ihn nur zornig gemacht.“ Er schüttelte den Kopf. „Für ihn war es einfacher, seine Aufgabe zu erledigen, wenn er sich er- laubte abzustumpfen. Und er war gut. Mein Gott, so gut. Dazu geboren, wissen Sie. Vollkommen furchtlos, gnaden- los.“
„Ich habe es gesehen“, erwiderte sie und nickte.
„Wie gesagt, nach Badajoz konnte ich den Wahnsinn nicht länger ertragen. Ich habe mein Offizierspatent ver- kauft und bin ins Außenministerium übergewechselt. Ich habe versucht, Damien dazu zu bewegen, mit mir zu kom- men, bevor der Krieg den Bruder, den ich kannte, noch ganz zerstörte, aber er wollte nichts davon hören. Wir hat- ten einen Riesenstreit. Er hat mich einen Feigling genannt, weil ich die Armee verließ, wenn ich mich recht entsinne, aber das hat mich nicht davon abhalten können. Für mich war es eine Gewissensentscheidung, dort zu dienen, wo ich am nützlichsten war. Aber die große Frage, die mich seit- her nicht mehr loslässt, ist, inwieweit es mit Damien
schlimmer wurde, weil ich nicht mehr da war.“
Lucien hielt inne, und Miranda betrachtete ihn verwirrt.
„Danach wollte er eine ganze Weile lang nichts mehr mit mir zu tun haben“, fuhr er fort, „ich weiß also, wie gut er darin ist, Leute abzuweisen, vor allem die Leute, die sich etwas aus ihm machen. Deswegen möchte ich Ihnen das hier geben.“ Er griff in seine Westentasche und zog einen kleinen verrosteten Schlüssel heraus, den er ihr in die Hand legte und dann sanft ihre Finger darum schloss. „Nur im Notfall zu benutzen.“
Ihr Herz setzte einen Schlag aus, als sie den Schlüssel an- schaute. Dann blickte sie mit großen Augen zu Lucien auf. „Was kann ich damit denn aufschließen?“
Mit einem rätselhaften Lächeln wich er der Frage aus. „Wichtig ist, dass Sie seine Aufmerksamkeit genießen, und zwar in einem Maß, wie ich das noch bei keiner anderen Frau gesehen habe, mit der mein Bruder zusammen war. Seien Sie zuversichtlich: Keine von ihnen hat so viel Mut gezeigt wie Sie, sonst würden wir jetzt nicht hier sitzen. Er braucht Sie, Miranda. Möglicherweise sind Sie seine letzte Hoffnung. Ich bin nur sein Bruder. Ich kann für ihn nicht tun, was Sie tun können.“
„Was kann ich denn tun?“ fragte sie gedämpft.
„Ihn lieben, chérie. Meinen Segen haben Sie jedenfalls.“ Damit beugte er sich vor und küsste sie auf die Stirn.
„Danke, Mylord, aber ich verstehe nicht, wie Sie mir Ih- ren Segen geben können“, meinte sie recht elend. „Ich weiß, wer und was ich bin. Weder bin ich vornehm wie die Herzogin noch wohlerzogen und gut wie Ihre Lady Lucien ... Mylord?“ Er hatte sich erhoben und entfernte sich von ihr. Verständnislos sah sie ihm nach. „Mylord, wohin gehen Sie denn?“
Er antwortete nicht, lief einfach weiter. Was für ein selt- samer, enervierender Mann!
„Lord Lucien? So warten Sie doch! Wie soll ich ihn denn dazu bringen, mich zu lieben?“
Er winkte nur lässig und schritt auf die offene Tür zu. „Das ist Ihre Sache, Miranda. Ich habe jedenfalls nicht die Absicht, mir Ihre Litanei an Ausreden anzuhören, warum es unmöglich ist.“
„Aber was geschieht, wenn ich mich ihm nähere und er
wieder gefährlich wird? Ich habe Ihnen doch erzählt, was in dem Gasthof
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