Gaelen Foley - Knight 04
rannte sie die letzten Stufen hoch. Doch oben erkannte sie, dass der Aufruhr gar nicht ihrem Abenteuer galt.
Er galt Alec.
Lord Alec Knight, der jüngste der Knight-Brüder, war ein charmanter blonder Adonis und ein Hallodri, der sich alles erlauben konnte – vor allem beim schönen Geschlecht. Frauen beteten Alec an. Jacinda hatte schon erlebt, dass kleine Mädchen von fünf Jahren ihn baten, sie zu heiraten, sobald sie erwachsen sein würden, und auch adelige Witwen in fortgeschrittenem Alter kniffen ihn diskret ins Hinterteil, wenn er zwischen den Whist-Tischen entlangging.
Jeder, auch Lizzie, bemühte sich um Alec, der wie ein Prinz in der Mitte des Zimmers saß und seinen bestrumpf-
ten Fuß auf einen Schemel gelegt hatte. Einer der örtlichen Ärzte untersuchte vorsichtig das Bein.
„Au! Passen Sie doch auf, Sie unfähiger Quacksalber!“ rief Alec schlecht gelaunt. „Ich habe doch gesagt, dass der verdammte Fuß weh tut!“
„Alec, Lieber! Was ist passiert? Bist du in Ordnung?“ Be- sorgt eilte Jacinda an Alecs Seite. Erleichtert sah sie, dass die beiden Ehepaare sich wieder versöhnt hatten, dass der kleine Morley lächelnd auf dem Arm seiner Kinderfrau saß und Miss Hood an der Wand kauerte und strickte, so streng wie immer, aber offenbar versöhnt.
„Hallo, Jas.“ Alec lächelte verlegen, ehe er vor Schmerz zusammenzuckte und den Arzt wütend anschaute. „Guter Mann, ich warne Sie ...“
Robert stand ernst neben Alec. Der Arzt warf Robert einen Blick zu. „Euer Ehren, der Knöchel ist gebrochen.“
„Das versuche ich ja die ganze Zeit zu sagen“, fuhr Alec ihn an.
„Schienen Sie den Fuß“, wies Robert den Arzt an.
„Ja, Euer Ehren.“
„O Alec, du Schussel. Was hast du diesmal angestellt?“ Ja- cinda bückte sich und drückte Robert einen Kuss auf die Wange.
„Nichts so Schlimmes wie du, wette ich“, murmelte ihr Bruder. „Mal wieder eine dumme Wette, fürchte ich.“ Unbe- haglich rutschte er auf dem Schemel herum.
„Du musst mir alles erzählen ...“
„Ich denke, das lässt du besser“, fiel Robert Jacinda ins Wort. „Setz ihr bloß keine Flausen in den Kopf. Mr. Walsh, kümmern Sie sich bitte darum, dass Lord Alec alles aus sei- nen Räumen im Albany zur Verfügung hat.“
„Sehr wohl, Euer Gnaden.“ Der Butler verbeugte sich.
„Großartige Idee!“ Alecs schmerzverzerrtes Gesicht ent- spannte sich bei der Aussicht, wieder zu Hause zu wohnen, wo die Frauen sich aufopfernd um ihn kümmern würden. Ihre Pflege war zweifellos besser als die einer viel beschäf- tigten Dienerschaft in einem der besten Hotels der Stadt in der Curzon Street, wo er seinen Junggesellenhaushalt auf- geschlagen hatte.
Lizzie betrachtete Alec voller Kummer, und rasch hob er ihre Hand zu einem gleichgültigen Kuss an die Lippen, ehe
er sie an sein Herz drückte. „Bits, kannst du so nett sein und mir ein bisschen Wein holen?“
„Natürlich, Liebster“, murmelte Lizzie und lächelte ihn zärtlich an, weil er sie mit ihrem Kosenamen angesprochen hatte.
„O Alec, das kann doch einer der Diener machen“, protes- tierte Jacinda.
„Wenn Bitsy ihn holt, schmeckt er besser.“ Alec lächelte Lizzie strahlend an.
„Schon gut – es macht mir nichts aus –, ich bin gleich wie- der da.“ Tief errötend zog Lizzie ihre Hand aus Alecs und eilte davon, um seinen Wunsch zu erfüllen.
Jacinda gefiel die Vorstellung, dass Alec und Lizzie sich unter einem Dach aufhielten, auf einmal überhaupt nicht mehr, aber sie sagte nichts. Lizzie war in den Hallodri ver- liebt, seit sie neun gewesen war, auch wenn sie immer be- hauptete, nichts mehr für ihn zu empfinden. Jacinda hoffte, dass es tatsächlich so war, denn sosehr sie ihren Leichtfuß von Bruder auch liebte, so wusste sie auch, dass er gebro- chene Herzen wie andere Leute Schnupftabaksdosen sam- melte. So schön es auch wäre, Lizzie zur Schwägerin zu ha- ben, Jacinda fürchtete noch mehr, dass Alec Lizzies Herz in tausend Stücke brechen würde.
„Jacinda, ich möchte gerne unter vier Augen mit dir spre- chen“, verkündete Robert.
„Natürlich“, murmelte Jacinda und folgte ihm auf den Flur hinaus.
Robert schloss die Tür hinter sich und drehte sich zu Ja- cinda um. „Bel hat es geschafft, Miss Hood zu überreden, doch nicht zu kündigen – obwohl ich stark versucht bin, ihr von mir aus zu kündigen, weil sie deinen kindischen Flucht- versuch nicht erkannt und vereitelt hat. Die Sache mit Lord Griffith habe ich inzwischen
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