Gaelen Foley - Knight 04
Filbert als Spion für seinen Vater arbeitete. In seinem neuen Leben wagte er niemandem zu trauen, nicht einmal seiner Mutter, die immer noch jedes Mal in Tränen ausbrach, sobald sie ihn sah.
Zwei der letzten drei Wochen hatte er mit seinen lästigen Eltern auf dem zweiten Besitz seines Vaters in Surrey ver- bracht. Dort war er für die neue Garderobe vermessen wor- den, hatte einen Auffrischungskurs in Benimmfragen durchlaufen, war fast täglich von Sir Anthony und seinen Männern verhört worden und hatte Anweisungen bekom- men, wie seine künftige Frau zu sein hatte.
Und doch: Trotz der vielen Gefahren, auf die er hier ge- fasst sein musste, war es nun gut, endlich wieder in London zu sein. Er hatte das Landleben in Surrey gehasst. Zu ver- dammt ruhig für seinen Geschmack. Wieder in der Stadt, hatte er erfolgreich erste Kontakte zur feinen Gesellschaft aufgenommen. Es hatte zwar ein paar gefährliche Momente gegeben – wie den, als er zum ersten Mal Acer Loring vorge- stellt worden war –, aber im Großen und Ganzen war alles glatt gelaufen. Glücklicherweise hatte der verwöhnte Dan-
dy in Blade nicht den ungepflegten Streuner wiedererkannt, über den er sich im Hyde Park lustig gemacht hatte.
Bis auf die erste Begegnung mit dem Dandy hatte ihn das Aufsehen, das sein Erscheinen in der Gesellschaft ausgelöst hatte, eher amüsiert. Doch, dachte Blade, während sein Kammerdiener letzte Hand an seine Garderobe legte, ich bin jetzt perfekt vorbereitet, um Jacinda Knight den Hof zu machen.
Sie war nicht in der Stadt, aber er hatte gehört, dass sie heute Abend zum Devonshire-Ball erwartet wurde. Er mal- te sich aus, was für ein Gesicht sie machen würde, wenn sie ihn erblickte. Ein leichtes Lächeln teuflischer Vorfreude spielte um seine Lippen, während er seine schneeweißen Handschuhe überstreifte. Ah, heute Abend würde er seinen Spaß haben, sie einwickeln, quälen, ein bisschen aufrütteln und ihr den hübschen Kopf verdrehen, wie sie es mit ihm ge- tan hatte.
Blade wollte ihr nicht nur den kalten Blick heimzahlen, mit dem sie ihn im Hyde Park bedacht hatte, sondern in ge- wisser Weise trug sie auch die Schuld an dem Verlust seiner Freiheit. Schließlich hatte sie ihn mit ihrem Spott so geär- gert, dass sie ihn provoziert hatte, es der guten Gesellschaft heimzuzahlen, bis er schließlich verhaftet worden war. Jetzt stand er wieder unter der Knute seines Vaters, und das alles nur wegen dieses aufreizenden Mädchens. Wenn er ihretwe- gen nicht so aus dem Häuschen gewesen wäre, hätte er auf Nate gehört und erkannt, dass etwas nicht stimmte, statt seine Männer ins Verderben zu stürzen. Selbst die Opfer je- nes Raubzugs waren ein Ergebnis seiner Gespräche mit Ja- cinda gewesen. Er hatte sich die Taylors ausgesucht, weil Jacinda ihm erzählt hatte, dass ihre älteste Tochter absicht- lich unfreundlich zu ihr gewesen war.
Das hatte ihm diese neue Situation eingebrockt. Dennoch wollte er das Mädchen noch immer haben, und er würde es bekommen. Neben einfacher Lust trieben ihn auch prakti- sche Gründe dazu. Er musste Jacinda in die Finger bekom- men, damit sie nicht über seine Vergangenheit plauderte. Wenn sie erst verheiratet waren, würde sie dieselben Inte- ressen haben wie er, so dass sie schon nichts verraten wür- de. Auch konnte er ihre guten Verbindungen gebrauchen, um in der Gesellschaft zurechtzukommen. Er war sich be-
wusst, dass er hier nicht in seinem Element war; er brauch- te einen erfahrenen und fähigen Begleiter.
Natürlich würde sie sich ihm widersetzen. Sicher war Ja- cinda immer noch wütend, weil er sie zu ihrer Familie zu- rückgebracht hatte, aber dafür kannte er ihre Schwächen – ihre willige Natur, die sie nicht beherrschen konnte. Moch- te sie ihn ruhig für einen groben, ungebildeten Schurken halten, ihr Verlangen nach ihm hatte sie in jener Nacht nicht verhehlen können, und er war nicht so edelmütig, dass er das nicht wieder gegen sie verwenden würde.
„Alles gut so, Filbert?“ Blade strich seinen Frackrock glatt und beäugte sich kritisch im Spiegel.
„Äußerst elegant, Sir.“
Blade warf seinem Kammerdiener einen spöttischen Blick zu, dann drehte er sich einmal um sich selbst und schlender- te zur Tür. Ehe er ging, zog er sich eine rote Gardenie aus ei- nem der frischen Blumensträuße, mit dem seine Mutter je- den Tag jeden Raum des Hauses dekorieren ließ, und steck- te sie in sein Knopfloch.
Es war nicht zu ertragen! So raffiniert hatte sie
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