Gaelen Foley - Knight 04
schmoren.
„Wir müssen wirklich eine nette Frau für den armen Kerl finden, findet ihr nicht auch?“ fragte Alice. „Wenn nicht Ja- cinda, dann eben eine andere.“
„Ich wüsste mindestens eine Freiwillige“, murmelte Ja- cinda düster.
Alice rümpfte die Nase und warf Daphne einen abschätzi- gen Blick zu. „Niemals!“
„Ich bin auch nicht dafür“, stimmte ihr Bel zu. Sie wickel- te sich eine blonde Locke um den Finger und schaute sich müßig um. „Ich frage mich, Lady Alice, ob Jacinda viel- leicht doch noch ihre Meinung ändert. Das tut sie schließlich dauernd.“
„Das stimmt.“
„Hmm.“ Verstimmt über die Neckereien ihrer Schwäge- rinnen fragte Jacinda Alice nach den Kleinen Harry und Pippa, um das Thema zu wechseln. Alice schilderte gerade
die Erkältung ihrer einjährigen Tochter, als sich unerwartet ihr Gastgeber zu ihnen gesellte.
„Euer Gnaden“, grüßten ihn die Frauen erfreut, als er sich galant vor ihnen verbeugte.
Falls es einen Junggesellen in der Gesellschaft gab, hinter dem die Frauen noch mehr her waren als hinter Lord Grif- fith, so war es der sechsundzwanzigjährige Duke of Devon- shire. Sein Titel war alt, sein Reichtum unermesslich, und er war nicht nur ein netter Gastgeber, sondern auch gebildet und recht gut aussehend. Als der junge Duke Lord Griffith die Hand schüttelte, wussten die jungen Mädchen kaum, wen sie mehr anhimmeln sollten. Jacinda hoffte nur, dass ir- gendeiner Riechsalz bei sich hatte, denn sie fürchtete, dass Amelia es gleich brauchen würde.
„Schön, Sie zu sehen, Devonshire“, sagte Robert und gab ihm jetzt die Hand. „Vielen Dank für die Einladung!“
„Oh, das Vergnügen ist ganz meinerseits. Ich hoffe, dass Sie sich wohl fühlen“, erwiderte ihr Gastgeber.
„Sehr, es ist ein wundervoller Ball“, versicherte Bel ihm voller Wärme.
„Das wird es sein, sobald man Sie auf der Tanzfläche be- wundern kann.“
Jacindas Verwandte lachten über das Kompliment.
„Ich frage mich, ob Sie schon das Vergnügen hatten, einen Neuling in unserer Mitte zu begrüßen.“ Der Earl bedeutete einem Mann, den Jacinda hinter all den Menschen nicht se- hen konnte, zu ihnen zu kommen. „Erlauben Sie mir, Ihnen William Albright, den Earl of Rackford, vorzustellen.“
Jacinda wartete, dass der Mann zum Vorschein kam. Sie hatte den Namen schon gehört, denn Amelia und Helena hatten pausenlos von dem geheimnisvollen Fremden ge- schwärmt, der plötzlich in der Gesellschaft aufgetaucht war, als sie, Jacinda, noch auf dem Lande gewesen war. Es schien so, als wäre Lord Rackford der lange verlorene Sohn des Marquis of Truro and St. Austell – reich, attraktiv und eine höchst passende Partie. Die Mädchen hatten gemeint, dass er auf eine gefährliche Weise ein bisschen seltsam sei; er erinnere sie an einen Tiger im Käfig. Seit er als Junge ver- schwunden war, hatten die Eltern ihn für tot gehalten, aber jetzt war er wohlbehalten wieder in London aufgetaucht, aber die störrische Person weigerte sich, auch nur ein Wort
darüber zu verraten, wo sie all die Jahre gewesen war und was sie so getrieben hatte.
Angesichts seines Schweigens hatten ein paar Gerüchte in der Gesellschaft die Runde gemacht – dass Rackford unter falschem Namen zur See gefahren sei oder dass er gegen Na- poleon gekämpft habe oder als Abenteurer in Indien gewe- sen sei. Jede dieser Möglichkeiten erklärt seine rauen Ma- nieren, sagten die Mädchen, aber sei es nicht schrecklich von ihm, die Gesellschaft mit ihrer Neugier so zu quälen? Jacinda hatte gedacht, dass er wohl auf seine Weise zu verstehen geben wollte, dass es niemanden etwas anging, wo er gewesen war, aber das Einzige, was sie sicher über Lord Rackford wusste, war, dass alle Mädchen ihm hinterherlie- fen und die alteingesessenen Dandys vor Eifersucht koch- ten. Jacinda hatte keine Ahnung, ob sie den Mann über- haupt kennen lernen wollte, denn er klang ziemlich unbe- quem.
Dann trat er aus der Menge auf sie zu, und Jacindas Herz setzte einen Schlag lang aus.
Das war unmöglich.
Ihr Magen krampfte sich heftig zusammen – wie damals, als sie das erste Mal auf ihrem Vollblut über einen Zaun ge- setzt war. Der Ballsaal drehte sich in einem bunten Wirbel vor ihren Augen, und sie bekam keine Luft mehr.
Lord Rackford? Das war Billy Blade!
Entweder war er es wirklich, oder sie hatte plötzlich Hal- luzinationen. Wie vor den Kopf geschlagen beobachtete sie, wie er jedes Mitglied ihrer Familie begrüßte, und sie
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