Gaelen Foley - Knight 05 - Rache im Blut
Blick von ihren Händen höher, bis er auf
ihren runden, festen Brüsten ruhte, die sich aufreizend unter dem hässlichen Kleid abzeichneten. Zwischen ihnen baumelte ein kleines Goldkreuz. Es war kein Zeichen für Eitelkeit – das war etwas ganz anderes als der Schmuck der glitzernden Hu- ren, mit denen er sich in der Stadt die Nächte vertrieb.
Das hier war etwas vollkommen Neues ... und sehr, sehr gefährlich.
Als sie sich bückte, um ein Taschentuch aufzuheben, das seine Tante hatte fallen lassen, war eine so zärtliche Wärme in ihren Augen, lagen eine solche Würde und Haltung in ih- rem Auftreten, als sie es der alten Dame zurückgab, dass et- was in ihm zerbrach.
Er war so müde, hungrig und durchgefroren.
Aus glasigen Augen starrte er Miss Carlisle an, als wenn sie besser wüsste als er, was er jetzt brauchte.
Langsam hob sie den Blick, und mit einer unsicheren Frage in den Augen sah sie ihn an.
Ihre Blicke sanken ineinander, und Dev nahm gar nicht mehr wahr, wie hässlich sie gekleidet war.
Elizabeth Carlisle hatte jene Art makelloser Haut, die von einem tadellosen Lebenswandel stammt. Nur ausreichend Schlaf, gesundes Essen, frische Landluft und ein reines Ge- wissen konnten eine so perfekte, cremeweiße Haut und so rosige Wangen verursachen. Sie hatte eine hohe Stirn, eine gerade Nase und schön geschwungene, dunkle Brauen. Die linke bog sich etwas höher als die rechte, was ihr einen Aus- druck verlieh, als wenn sie beständig über eine verwirrende Frage nachdächte. Ihr Mund war weich und sinnlich und die Lippen ein volles, seidenes Pink, und Dev musste sich einen Ruck geben, um aus seiner Verzauberung aufzuwachen.
Sei auf der Hut, Mann. Diese gemeine, kleine Lügnerin war eine Gefahr. Wieder sah er sie finster an, als Hufgeklapper und Räderpoltern im Hof das Eintreffen einer Kutsche an- kündigten.
„Wer kann das sein?“, fragte Tante Augusta verwundert und wandte sich zum Fenster.
Durch den Spitzenvorhang sah Dev, dass seine glänzende, schwarze Reisekutsche vor dem Haus vorfuhr, während Ben aus dem Kutschenfenster sah.
Angewidert schüttelte er über sich selbst den Kopf. So viel zum Thema schnelle Reise. Die schwarze Kutsche war ein gro-
ßes, langsames Gefährt, aber die Zeit, die er durch seinen schnellen Sprinter gewonnen hatte, war offenbar durch den Unfall wieder draufgegangen. Jetzt wünschte er, er hätte sich die Mühe erspart und wäre auch bequem gereist, als eine be- kannte Stimme seine Überlegungen unterbrach.
„Verzeihung, Mylady?“ Mrs. Rowland, die seit dreißig Jah- ren als Haushälterin bei Lady Ironsides beschäftigt war, steckte den Kopf mit einem fragenden Ausdruck durch die Tür. Sie war eine robuste, kleine Frau mit roten Wangen von etwa sechzig Jahren, die stets Schürze und Häubchen trug. „Wenn ich Sie für einen Moment stören dürfte, Mylady?“
„Ja, Mildred?“, fragte Tante Augusta.
Dev lächelte der Haushälterin voller Wärme zu und nickte einen Gruß.
„Mylord“, rief die Haushälterin erfreut, sank in einen schwerfälligen Knicks und sah dann ihre Herrin wieder an. „Die Bediensteten Seiner Lordschaft sind gerade eingetrof- fen, und ich habe eine Frage zu ihrer Unterbringung. Und zum Abendessen“, ergänzte sie bedeutungsvoll.
„Ah, ich komme schon!“ Die beiden alten Damen wechsel- ten einen verschwörerischen Blick und würden sicher gleich seinen Lieblingsnachtisch planen – es gefiel ihnen, ihn immer noch so zu behandeln, als wäre er neun Jahre alt, aber Dev gefiel das auch.
Außerdem sehnte er sich danach, ein paar Momente mit Miss Carlisle alleine zu sein.
Sie dagegen schien eher an Flucht zu denken. „Ich schiebe Ihnen Ihren Stuhl, Mylady“, bot sie an und wollte den beiden folgen, aber Tante Augusta scheuchte sie zur Seite.
„Nicht nötig, meine Liebe. Kinder, ich bin gleich wieder zu- rück.“ Damit fasste die Witwe nach den Rädern ihres Stuhls und rollte sich geschickt aus dem Zimmer.
Miss Carlisle murmelte sofort eine Entschuldigung, aber Dev packte sie am Arm, als sie an ihm vorbeihuschen woll- te. „Wenn ich Sie um einen Moment Ihrer Zeit bitten dürfte, Mademoiselle!“ Er schloss die Tür hinter den alten Damen und erwiderte finster den erschrockenen Blick seiner Gefan- genen. „Wer auch immer Sie sind, Sie machen jetzt besser den Mund auf. Was zum Teufel geht hier vor?“
Langsam sah sie auf seine Finger herab, die in Lederhand- schuhen steckten und ihren Arm mit festem Griff umklam-
merten, dann
Weitere Kostenlose Bücher