Gaelen Foley - Knight 05 - Rache im Blut
geschafft hat- te, ihr ein Versprechen abzuringen, das sie nicht geben woll- te. Sie war ein Mensch, der seine Versprechen ernst nahm, und sie wusste sehr gut, dass Devlin Strathmore mehr war, als sie im Moment verkraften konnte. Es wäre töricht einzu- willigen, sich um ihn zu kümmern – mal angenommen, dass sie das überhaupt könnte! –, wenn sie gerade erst damit auf- gehört hatte, sich wie eine Mutterhenne um Alec zu bemü- hen, was ihr kein bisschen genutzt hatte. Nein, wenn sie sich das nächste Mal wieder ganz auf einen Mann konzentrierte, dann sollte es einer sein, der ihre Gefühle sowohl erwidern konnte als auch erwidern wollte.
Früher hätte sie eine solche Anordnung einfach befolgt, aber jetzt war sie stärker und selbstbewusster. Wenn der Bruch mit Alec auch sonst zu nichts gut gewesen war, hatte sie wenigstens daraus gelernt, in diesem Leben für sich sel- ber einzustehen, wenn sie nicht wollte, dass immer wieder andere auf ihrem Herzen herumtrampelten.
Wie auch immer, sie zweifelte nicht daran, dass Devil Strathmores Stolz ziemlich am Boden liegen würde, wenn er wüsste, was seine Tante eben von ihr verlangt hatte. Kein Mann auf der Welt glaubte, dass er es nötig hätte, dass sich jemand um ihn kümmerte – aber natürlich war es genau das, was sie alle brauchten. Devlin konnte von Glück sagen, dass er den vertrauenswürdigen Bennett Freeman als Kammerdie- ner hatte, der sich um all seine Bedürfnisse kümmerte.
Aber egal, wie die Sache stand, sie war ihm auf jeden Fall eine Entschuldigung schuldig. Langsam schlug Lizzie die Au- gen wieder auf und holte tief Luft, denn sie wusste genau, dass er jetzt mit wer weiß was für Absichten in der Biblio- thek saß und auf sie wartete. Aber seine Absichten spielten keine Rolle, entschied sie, sie hatte ihre eigenen, an die sie sich halten würde, und er würde schon bald merken, dass ihr Kommen einen ernsten Hintergrund hatte.
Lizzie stieß sich von der Wand ab, nahm sich eine der Ker- zen, die in Wandhaltern den Flur erhellten, straffte entschlos- sen die Schultern und ging den Flur hinunter. Die Nacht war still, als sie durch das Haus ging, und die Dunkelheit des Winters war so schwarz, dass sie ohne die Kerze nichts hätte
sehen können. Als Lizzie die Treppe hinunterstieg, dachte sie noch einmal über den Streit nach, den sie mit Devlin im Wohnzimmer gehabt hatte, und sie musste die Beherrschung bewundern, mit der er sich zurückgehalten hatte – er hätte ihr genauso gut all das ins Gesicht schleudern können, was sie gerade erst von seiner Tante erfahren hatte. Sie hatte ihm wahrscheinlich den größtmöglichen Schlag versetzt, aber er hatte geschwiegen und sich lieber zurückgezogen, statt sie so zu verletzen, wie sie ihn verletzt hatte. Lizzie musste über sich selbst den Kopf schütteln, als sie am Treppenabsatz an- kam und tapfer weiter in Richtung der Bibliothek ging. Of- fenbar hatte der Mann einiges mehr zu bieten, als man auf den ersten Blick merkte. Der Mann besaß viel mehr Tiefe, als sie auf Grund seiner Rechnungen geglaubt hatte. Die Kerzen- flamme flackerte, als sie einen Seufzer der Erleichterung aus- stieß. Ihr Zorn angesichts seiner Verschwendungssucht kam ihr jetzt so geringfügig vor. Nur weil er ab und zu mal Karten spielte, war er nicht automatisch wie Alec.
Vor ihr befand sich jetzt die Bibliothek, und Lizzie sah, dass die Tür offen stand. Dahinter erkannte sie den rötlichen Schein des brennenden Kamins. Zitternd zwang Lizzie sich weiterzugehen. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Lautlos lief sie auf ihren Kalbslederschuhen an die Tür und spähte vorsichtig in den Raum.
Da war er. Devlin hatte sich auf der braunen Ledercouch ausgestreckt, die allerdings zu kurz für ihn war. Ein Bein hat- te er angewinkelt, das andere hing an der Seite herab. Sein Kopf ruhte auf dem einen Arm, der andere lag auf seinem fla- chen Bauch. Pasha hatte sich schnurrend neben seiner Schul- ter zusammengerollt. Als Lizzie leise ein paar Schritte in das Zimmer machte, rührte der Viscount sich nicht. Da erkannte sie, dass er eingeschlafen war, während er auf sie gewartet hatte.
Sofort entspannte sich Lizzie, aber sie empfand neben gro- ßer Erleichterung auch etwas wie Enttäuschung, und oh- ne sich dessen bewusst zu sein, breitete sich ein zärtliches Lächeln auf ihren Zügen aus. Der arme Kerl, dachte sie, und sein Anblick rührte sie zutiefst. Kein Wunder, dass er nach seinem Achtzehn-Stunden-Ritt von London durch den Schneesturm
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