Gaelen Foley - Knight 06
über solche For- malien war er hinaus. Um Beckys Sicherheit zu gewährleisten, hätte er einen Pakt mit dem Teufel persönlich geschlossen.
Er holte tief Atem, versuchte, den lodernden Zorn zu vertrei- ben, dann verließ er das Zimmer, in dem noch immer der ab- scheuliche Duft von Evas Parfüm in der Luft hing.
Becky hatte alles mitangehört. Sie lehnte mit dem Rücken an der Wand jenes Teils des Flures, der im Schatten lag, die Arme vor der Brust verschränkt. Sie hatte gesehen, wie Eva herausge- laufen war, offensichtlich erschüttert. Und jetzt verließ Alec den Salon und ging an ihr vorbei, ohne sie zu bemerken.
Auch er begab sich geradewegs zur Eingangstür. Wie es schien, hatte er nicht die Absicht, ihr zu erklären, was hier gerade ge- schehen war. „Unvermeidlich?“, stieß sie hervor, als er die Trep- pe erreicht hatte. „Unsere Heirat ist unvermeidlich? Das hast du gerade gesagt.“
Er blieb stehen und erstarrte. Dann drehte er sich langsam herum, in seinem Blick lag ein schmerzlicher Ausdruck. Wieder war er ihr gegenüber voller Abwehr. „Du weißt, dass ich das sa- gen musste.“
Becky stieß sich von der Wand ab und näherte sich ihm vor- sichtig. „Würdest du sie wirklich kaltblütig umbringen?“
Einen Moment lang dachte er über diese Frage nach, dann schüttelte er den Kopf. „Ich bin mir da nicht sicher. Möglich. Wichtig ist, dass sie glaubt, ich würde es tun. Wenn du mich bit- te entschuldigen würdest, ich muss gehen. Der Prinzregent er- wartet mich.“
Becky folgte ihm in sicherer Entfernung. „Geht es dir gut, Alec?“
„Ja. Und dir?“ Er sprach wie ein Automat.
„Mir geht es nicht gut“, erklärte sie. „Ich versuche noch im-
mer herauszufinden, ob du wolltest, dass ich hinausgehe, um mich zu beschützen, oder damit ich nicht herausfinde, was im- mer du vor mir verheimlichen wolltest.“
Im Foyer nahm er seinen schwarzen Zylinder vom Wandhaken und den Spazierstock aus der Ecke, wobei er es vermied, sie an- zusehen. Sie war nur ein paar Schritte hinter ihm.
„Du kannst mich nicht ignorieren, Alec. Wir müssen darüber reden. Wer war sie, und wer ist dieser Mann, den sie erwähnt hat? Mr. Dunmire?“
Er setzte den Hut auf und ging an ihr vorbei zur Tür. „Ich muss gehen.“ Seine Stimme klang völlig gefühllos.
„Unsinn, dies hier ist wichtiger.“ Sie streckte die Hand nach seinem Arm aus, aber er wich zurück.
„Fass mich nicht an. Lass mich einfach gehen.“
„Alec“, bat sie, obwohl sie gehorsam die Hand sinken ließ. „Kannst du mich nicht einmal ansehen?“
Als er sich umdrehte und sie einen Moment lang anschaute, erstaunte es sie, wie gequält er wirkte. „Alec“, flüsterte sie und berührte ihn am Arm. Er schob sie weg.
„Es wäre dumm, den Regenten warten zu lassen.“ Nach einer knappen Verneigung ging er davon.
„Alec?“ Wieder folgte sie ihm. „Alec, wage es nicht, zu ge- hen!“
Als die Tür zuschlug, stockte ihr der Atem. Er war fort.
Er fühlte sich angespannt, aber Alec bemühte sich, den Zwi- schenfall zu verdrängen und sich auf die Gesellschaft zu kon- zentrieren. Drax hatte schon gefragt, was los war, und Fort be- obachtete ihn besorgt. Alec verriet nichts. Sein Herz war ebenso zerbrochen wie seine Hoffnung. Falls Becky, unschuldig, wie sie war, es noch nicht herausgefunden hatte, so würde ihr das bald gelingen. Das Mädchen war nicht dumm.
Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn Dunmires Schergen ihn vor anderthalb Jahren umgebracht hätten, als er das Darle- hen nicht hatte zurückzahlen können. Stattdessen hatte er sich als rechtmäßiger Hurensohn der Hawkscliffes erwiesen und sich für Gold an eine Frau verkauft, die er verachtete.
Das Verhängnis hatte dann seinen Lauf genommen. Durch das Arrangement mit der Baroness hatte er Lizzie verloren, und er wusste, jetzt würde er auch Becky verlieren. Und diese frische
Wunde war schmerzlicher als alle anderen. Schlimmer noch als jene, die der Verlust seiner Mutter ihm zugefügt hatte. Schlim- mer als Lizzies blinde Hingabe zu verlieren. Liebe hatte er nie gekannt, aber mit Becky war er ihr sehr nahe gekommen.
Es war sinnlos.
Nun, dachte er in einem Anflug von schwarzem Humor, seine Verlobung war bestimmt die kürzeste aller Zeiten. Die Vorstel- lung, zu Becky zurückkehren zu müssen, beängstigte ihn. Wie- der versuchte er, nicht daran zu denken. Unter dem Lärm klop- fender Hämmer und dem lauten Quietschen der Sägen staunten die Gentlemen über die Wunder, die Mr.
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