Gaelen Foley - Knight 06
Richtung stellte er fest, dass sie dem Mann, der sie festhielt, das Leben schwer machte. Bra- ves Mädchen. Sie mochte eine verdammte Lügnerin sein, aber an Mut mangelte es ihr nicht.
Der kleinere Kosak versuchte, sie von dem Kampfplatz fort- zuziehen, aber Becky tat alles, was in ihrer Macht stand, damit er nur langsam seinen Willen bekam. Die Schienbeine des Man- nes würden blau und grün sein. Auf seiner Wange zeigten sich bereits die Spuren ihrer Fingernägel, doch er wirkte vollkom- men unbeeindruckt.
Alec wusste, er musste mit dem anderen kurzen Prozess ma- chen, wenn er sie retten wollte – und bei Gott, wenn er dies hier überlebte, dann würde das Mädchen ihm einiges erklären müssen.
Der größere Kosak holte nun mit seiner Waffe aus, ein Hieb, den Alec parierte. Das ohrenbetäubende Klirren von Metall auf Metall hallte von den hohen, engen Wänden der Stallgebäude
wider. Alec spürte den Aufprall dieses ersten Hiebs in seinem Handgelenk, während sein Degen zitterte.
Der Kosak lachte und sagte leise: „Du wirst sterben, Eng- länder.“
„Nicht allein“, entgegnete er.
Beide wichen ein Stück zurück, und dann begann der Kampf.
Nie zuvor war Alec so schnell in die Defensive geraten. Er schlug wieder und wieder zu, doch er schien seinem Gegner keinen richtigen Treffer beibringen zu können. Mit verbissener Entschlossenheit machte er weiter, wurde von Mal zu Mal wü- tender, wenn er sich unter einem der heftigen Hiebe des Ko- saken ducken musste. Der Kampf wurde immer schneller, die Klingen flogen, das Klirren wurde lauter und heftiger, er kon- zentrierte sich ganz und gar auf seinen Gegner.
Sie umkreisten einander, wichen zurück, trafen wieder zu- sammen.
Gerade hatte Alec begonnen, die Strategie seines Widersa- chers zu durchschauen, als er mit dem Absatz seines Stiefels an einem Pflasterstein hängen blieb. Er stürzte, und sein Leben lief noch einmal vor seinem inneren Auge ab, doch seine Über- lebensinstinkte waren größer. Denn in dem Moment, da er den Boden berührte, rollte er sich zur Seite und stieß gleichzeitig zu. Ihm entfuhr ein zufriedenes Stöhnen, als seine Klinge sich tief in den Schenkel des Kriegers grub.
Der Kosak brüllte.
Becky schrie auf, während sie zu ihnen hinüberstarrte.
Alec sprang auf die Füße und aus der Reichweite des Kosa- ken, der eine Hand auf das verletzte Bein presste. Langsam hob er den Kopf und warf Alec einen Blick zu, der ihm das Arma- geddon versprach.
Mit einem Lächeln stürzte Alec sich auf ihn.
„Offen gesagt, Euer Gnaden, die Situation war äußerst verstö- rend.“ Michail wandte sich vom Fenster ab und schüttelte den Kopf. Sein Gesicht drückte nichts als verwandtschaftliche Für- sorge für seine arme junge Cousine aus. „Ich fürchte, das Mäd- chen hat die fragile Gesundheit ihrer Mutter geerbt, nur zeigt sich das bei der Tochter umso schlimmer.“
„Wie das?“
Michail trat an den Tisch und nahm dankend eine Tasse star- ken Tees entgegen. „Gewiss haben Sie doch von dem Skandal gehört, als Rebeccas Mutter, Lady Mariah Talbot, vor Jahren ge- gen den Willen ihres Vaters mit Captain Ward durchbrannte.“
„Ja“, stimmte der Duke zu. „Es heißt, Ihr Großvater hätte ihr das niemals verziehen, nicht einmal, als Captain Ward auf See sein Leben ließ.“
„Wie die Nachlassverwalter meines Großvaters mir versi- cherten, entspricht dieses Gerücht den Tatsachen. Das erklärt, warum ich meine Cousine in Yorkshire in einem schrecklichen Zustand vorfand. Sie führte das Leben einer Bäuerin. Wirklich schockierend.“
Mit einem Kopf schütteln nahm Michail gegenüber dem Duke in einem der gestreiften Fauteuils Platz. „Rebeccas erbliche Ver- anlagung zur Hysterie wurde sicher durch ihre Lebensumstän- de noch verstärkt. Sie ist fast einundzwanzig, aber von einer guten Erziehung kann kaum die Rede sein.“
„Tatsächlich?“
„Sie wuchs vollkommen wild und unkontrolliert auf. Die meiste Zeit geht sie im Moor spazieren“, rief er mit gespielter Fassungslosigkeit aus. „Außer ihrem Dorf hat sie noch nichts von der Welt gesehen; sie spricht kein Französisch und verfügt über keine der üblichen Fähigkeiten, die eine junge Dame ihrer Herkunft beherrschen sollte. Sie kann kaum einen Knicks ma- chen. Man soll über die Toten ja nichts Schlechtes sagen, aber ich glaube, mein Großvater war zu hartherzig in seinem Zorn. Der Vater des Kindes war unpassend, das stimmt, aber das ist kaum ihre Schuld. Sie ist nicht
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