Gaelen Foley - Knight 06
daran, dass sie dann das Objekt seiner Abneigung werden würde. Da schien es besser, entehrt zu sein, als das erleben zu müssen.
Da er Langeweile so schlecht ertrug, war es nicht schwer, sich vorzustellen, wie sie getrennt leben würden. Sie in Yorkshire und er in London, wo er seine früheren Gewohnheiten wieder auf- nehmen und sinnlosen Vergnügungen nachlaufen würde. Konn- te es eine größere Hölle geben für eine frisch verheiratete – und, schlimmer noch, liebende – Ehefrau als einen Mann, der jede Frau haben konnte, die er wollte?
Ein solcher Mann konnte eine Frau in den Wahnsinn treiben. Becky wollte ihr Leben mit einem Mann teilen, der mit ihr zu- sammenbleiben wollte. Dieses Glück wollte sie erleben.
Vielleicht hättest du letzte Nacht daran denken sollen, mahn- te sie die Stimme ihres Gewissens. Auf einmal fühlte sie sich schuldbewusst. Es musste eine vernünftige Lösung geben, aber ihr Herz sagte ihr, dass eine Ehe aus Pflichtgefühlen nur in einer Katastrophe münden konnte. Andererseits – wenn sie einander liebten ...
Ein leises Geräusch im Raum weckte Becky aus ihrem Halb- schlaf. Langsam öffnete sie die Augen und sah Alec, der sie be- trachtete, mitten in der Bewegung erstarrt. Er hatte gerade ver- sucht, lautlos den Raum zu durchqueren.
„Oh – es tut mir leid. Ich wollte dich nicht wecken“, sagte er leise. „Ich – äh – wollte nur nach dir sehen. Und die Vorhänge schließen.“ Vage deutete er zum Fenster, durch das die Nachmit- tagssonne hereinschien.
Becky lächelte ihn noch etwas müde an und streckte eine Hand nach ihm aus. „Ist schon gut. Lass nur. Ich mag das Licht. Komm.“
Er folgte ihrer Aufforderung.
„Nach mir sehen, ja?“, flüsterte sie, rollte sich auf die Seite und sah zufrieden zu, wie er um das Bett herumging. „Das ist lieb von dir.“
Er hatte seinen Überrock ausgezogen, und Becky ließ ihren Blick wohlwollend über seine schlanke Taille unter der dunk- len, zugeknöpften Weste gleiten. Die weiten Ärmel seines Lei- nenhemdes wurden zu den Handgelenken hin enger.
„Ja, nun. Tatsächlich. Außerdem ...“ Er setzte sich in res- pektvoller Entfernung auf den Rand des Bettes, ihr halb zuge- wandt. „Ich habe mich die letzten Stunden gefragt, ob du – ob es dir gut geht.“
„Natürlich geht es mir gut“, sagte sie lächelnd, dann schüttel- te sie mit einem Anflug von Bedauern den Kopf. „Ich bin nur – es tut mir so leid, dass du da mit hineingezogen wurdest.“
„Das muss es nicht.“ Er streckte den Arm aus und nahm ihre Hand.
Ihre verschränkten Finger ruhten auf der weißen Überdecke.
„In Wahrheit bin ich derjenige, dem es leidtut“, sagte er leise und senkte den Kopf. „Ich habe über einige Dinge, die du gesagt hast, viel nachgedacht.“
„Wirklich?“ Sie stützte sich auf einen Ellenbogen, legte den Kopf schief und sah ihn an. „Welche Dinge?“
„Na, deine Bedenken wegen der Art und Weise, wie mei- ne Freunde und ich mit Frauen umgehen.“ Er kratzte sich die Wange und lächelte ihr rasch zu. „Und aufgrund meines Verhal- tens hast du angenommen, ich würde mich nicht um dich küm- mern, wollte mich nur amüsieren. Vermutlich wirke ich hin und wieder recht selbstsüchtig, und vielleicht bin ich das manch- mal auch, aber – es ist mir nicht egal, Becky“ Er senkte den Blick. „Ich möchte, dass du das weißt. Vielleicht vermittle ich den Eindruck, ein Mann zu sein, dem eine Frau besser nicht trauen sollte, aber was das betrifft, so betreibe ich hierbei einzig ein Spiel.“
Neugierig sah sie ihn an.
Er schüttelte den Kopf. „Ich ahnte nicht, in welchen Schwie- rigkeiten du stecktest. Aber ich schwöre dir, wenn ich es ge- wusst hätte ...“
„Psst“, sagte sie und streckte die Hand aus, um seine Schulter zu berühren. „Das weiß ich schon.“
Er sah ihr in die Augen.
„Du hättest mir vertrauen können.“
„Jetzt weiß ich das. Ich komme mir etwas dumm vor. Bitte mach dir meinetwegen keine Vorwürfe.“
„Es beschäftigt mich.“ Er senkte den Blick und streichelte mit dem Daumen ihren Handrücken. „Und dich auch, glaube ich.“ Dann sah er sie eindringlich an, schließlich zuckte er die Achseln. „Offensichtlich gibt es einen Grund, warum du meinen Antrag abgewiesen hast.“
„Meine Ablehnung hat dich anscheinend überrascht“, ent- gegnete sie zurückhaltend.
„Nun ja“, gestand er. „Ich will ja nicht prahlen, aber die Frau- en der guten Gesellschaft haben oftmals versucht, mich in
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