Gaelen Foley - Knight 07
Es war ihm gelungen, Rudy zu packen, und jetzt hielt er den zappelnden
Hund in seinen Armen.
Durch knöcheltiefes Wasser watete Eden auf ihn zu. Schnee blieb in ihrem Haar haften. Sie rief ihm zu, er solle unter dem Gestell hervorkommen, doch wieder verwehte der grausame Wind ihre Worte.
Sie sah, dass er zu verängstigt war, um sich zu bewegen, und erkannte, dass sie zu ihm gehen, ihn aus seinem Versteck hervor- zerren und persönlich unter Deck bringen musste.
Sie wischte sich das beißende Salz aus den Augen, holte tief Luft und machte sich auf, ihren Schützling zu holen.
„Was zum Teufel suchen Sie hier?“, brüllte sie jemand mit tie- fer Stimme an.
Sie blickte auf und entdeckte Mr. Brody, genau wie Jack in eine schwarze Ölhaut gehüllt. Der Waffenmeister kam auf sie
Jack hörte Trahern etwas rufen. Fragend blickte er zu seinem Lieutenant hinüber, der auf dem Achterdeck stand. Trahern deutete auf die Mitte des Schiffs.
Jack blickte dorthin, sah Eden und fluchte. Was zum Teufel machte sie hier an Deck bei einem solchen Wetter? Sie ging zu den Rettungsbooten – und dann bemerkte Jack den Jungen mit dem Hund. Er ging um das Ruder herum und kniff die Augen zusammen. Beim Anblick der drei wäre er vielleicht in Panik geraten, wäre nicht Brody schon zu ihnen unterwegs gewesen.
Der knochige alte Waffenmeister packte Eden am Ellenbogen und half ihr dann schnell, den Jungen mitzunehmen. Brody hat- te einen Strick bei sich, den er dem Hund um den Hals schlang, dann zerrte er den verängstigten Bullterrier zu der Luke, die in die Sicherheit unter Deck führte.
Einen Schritt dahinter zog Eden Phineas an der Hand hin- ter sich her. Der Junge musste ihr weggelaufen sein, aber wie es schien, hatte sie die Lage unter Kontrolle gebracht.
Jack winkte Brody seinen Dank zu, der gerade die Frau und das Kind nach unten begleitete, dann räusperte er sich kopf- schüttelnd.
Gerade als er ans Ruder zurückging, hörte er von oben ein oh- renbetäubendes Krachen.
Die Männer oben schrien.
Zum Glück gelang es ihnen, den Mast zu sichern, ehe er fiel, doch ein großes Stück verworrener Taue und Segeltuchfetzen
löste sich und schwang über das Deck.
Entsetzt und unfähig, etwas dagegen zu tun, sah Jack zu, wie der lose Teil der Takelage über die Planken flog, gegen Eden prallte und sie über die Reling schleuderte.
Mit einem Aufschrei rannte er los.
Einen Moment lang klammerte sie sich an die losen Fetzen, die jetzt jenseits der Reling hingen. Ihr Gesicht drückte ungläubiges Entsetzen aus. Der Knirps rannte auf sie zu.
Dann erhob sich eine gewaltige Welle und verschlang sie, grüngrau, von der Farbe des Steins, und ihr Gesicht verschwand unter Wasser.
Als die Woge sich zurückzog, war die nasse, schwere Takela- ge noch immer da und hing neben der Reling, doch sie war jetzt leer.
Eden war fort, ein Raub der Wellen.
Die schwere Brandung zerrte sie bereits weiter und weiter vom Schiff weg, und innerhalb der nächsten Minuten würde die Kälte sie umbringen.
„Gebt mir ein Tau!“, brüllte Jack.
„Die Boote, Sir! Sollen wir sie zu Wasser lassen?“
„Keine Zeit!“
Trahern reichte ihm ein Tau, das Jack sich um die Taille schlang und mit einem fachmännischen Knoten befestigte. Dann deute- te er mit einer Kopfbewegung auf den nächsten Flaschenzug, und Ballantine zog das andere Ende sofort hindurch.
„Wenn ich das Zeichen gebe, ziehen Sie uns heraus und keinen Augenblick früher.“
„Aye, Sir!“, versprach der gewaltige Kanonier. Mehrere Män- ner hatten sich bereits um ihn versammelt, um zu helfen.
„Was, wenn du sie nicht erreichst, Jack?“, wollte Trahern wis- sen. „Ich gebe dir fünf Minuten, dann hole ich dich herein.“
„Wage es nicht, das zu tun, ehe ich sie habe!“
„Jack, ihr werdet beide sterben ...“
„Das ist ein Befehl! Ich komme mit ihr zurück oder gar nicht!“ Ohne auf das ständige Schaukeln und Schwanken zu seinen Fü- ßen zu achten, stieg er über die Reling und sprang hinab.
Es war ein langer, kalter Sturz ins Meer. Die Wogen umschlan- gen ihn mit ihrem eisigen Griff.
Heftig nach Atem ringend, schoss Jack zurück an die Oberflä- che. Die Kälte schien ihm die Luft aus den Lungen zu pressen, und schmerzhaft wurde ihm die gewaltige Kraft des Meers be-
wusst. Jetzt war er gemeinsam mit Eden dessen Gnade ausge- liefert.
Sie würden beide leben oder sterben, ganz nach Belieben des Ozeans.
Wassertretend wandte er sich in diese und in jene Richtung, doch bei der
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