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Gaisburger Schlachthof

Gaisburger Schlachthof

Titel: Gaisburger Schlachthof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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verdiente, sondern weil man es nicht ausgab. Vermutlich lebten deshalb in Balingen, der Stadt der Waagenbauer im Anstieg zur Schwäbischen Alb, die meisten Millionäre.
    »Also bis gleich«, sagte er ungerührt von meinem Geläch ter. »Unten auf dem Parkplatz?«
    »Moment! Was konnte Waldemar besser als Sie?«
    »Das erkläre ich Ihnen nachher.«
    »Nein, jetzt. Wer weiß, ob ich später noch lebe.«
    Richard runzelte missbilligend die Stirn. »Nun ja, es gab da eine Art Vereinbarung zwischen Katrin und Fritz. Er durfte nicht hier herauf. Aber dann fand Katrin ihr Büro kürzlich verwüstet, alles auf dem Boden verstreut, die Schubladen aufgerissen. Natürlich konnte man es Fritz nicht nachweisen. Deshalb haben wir überlegt, was wir tun können. Ich wollte ihm die Möglichkeit einer einstweiligen richterlichen Anordnung vor Augen führen, die es ihm verboten hätte, sich Katrin zu nähern. Waldemar wollte ihm drohen, und hat es auch.«
    »Womit hat er ihm gedroht?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Waldemars Alibi ist hoffentlich einwandfrei?«
    »Keineswegs. Sein Kurs ging nur bis Viertel nach acht. Aber das sollten wir wirklich woanders besprechen.«

20
     
    Da Weber sich nach dem Training zu duschen pflegte und da er außerdem etliche Knöpfe an seinem Anzug zu schließen hatte, brauchte ich mich beim Umziehen nicht zu beeilen. Klüger wäre es gewesen, ich hätte mich dann wieder zum Notausgang hinausgeschlichen.
    Im Maschinenpark tat ein Neuer Dienst. Gertrud saß schmal und alleingelassen hinter der Empfangstheke und starrte auf den Computerbildschirm. Ich beugte mich über die Barriere und raunte ihr zu: »Ich mache mir Sorgen um Sie. Sie sehen schlecht aus. Hören Sie auf damit.«
    Sie hatte bei meinem Anblick eigentlich auffahren wollen, schien aber zu müde und fragte automatisch: »Womit denn?«
    »Mit diesen Pillen. Sie sind gefährlich. Außerdem geht es ins Geld auf die Dauer. Schlankheitspillen und gleichzeitig das volle Mahlzeitenprogramm. Da ist Hungern doch viel billiger.«
    Gertrud wurde blass. »Ich weiß nicht, wovon Sie reden. Ich habe Ihnen schon mal gesagt …«
    »Dann wird man Anette wohl exhumieren müssen«, sagte ich freundlich. »Schließlich muss man ja irgendwie herausfinden, was in dem Mittel drin war. Es scheint ja hier im Haus keine mehr zu geben, die man sonst analysieren könnte.«
    Gertrud blickte auf ihre Fingernägel, schaute sich dann kurz zu Gotthelf Fängeles Bürotür um und stand entschlossen auf. »Kommen Sie mal mit. Aber …!« Sie legte den Finger auf die Lippen.
    Die Pobacken gingen stramm vor mir her die Treppe hinunter in einen Gewölbekeller von verwinkelten Ausmaßen, allerdings weiß gestrichen. Auf einigen aprikosenfarben gestrichenen Türen prangten Schriftzüge wie »Sauna«, »Solarium« oder »Physiotherapie«.
    In einem hinteren Winkel befand sich eine Tür mit der Warnung »Privat«. Dahinter befand sich Gertruds kleines Büro mit Tisch, Schrank und einer Bank, die ich erst auf den zweiten Blick als Sonnenbank erkannte, denn ihr UV-Grill war an zwei Teleskoparmen in die Höhe geschoben. Daher also der Bronzeton von Gertruds Haut. Sie zog eine Schreibtischschublade auf und hielt eine grüne Schachtel mit Turbostreifen hoch. Im Döschen darin klapperte es.
    »Na bitte«, sagte ich.
    Gertrud zog die Hand ein, als ich nach der Schachtel griff. »Was haben Sie damit vor, wenn ich fragen darf?«
    »Es chemisch analysieren lassen.« Ich setzte mich auf die Sonnenbank, weil ich auf meinen abgekämpften Beinen nicht mehr stehen konnte.
    »Sie müssen aber eines wissen«, sagte Gertrud. »Es war Schiller, der das Zeug verkauft hat. Diese Packung haben wir neben zahlreichen Anabolika in Schillers privatem Schließfach gefunden. Mein Mann war strikt dagegen. Er hat Schiller sogar mit Kündigung gedroht, wenn das nicht aufhört. Wir wollen eben gerade nicht eines dieser Studios sein, wo die Leute erst fragen, was es für den Muskelaufbau gibt, ehe sie eine Hantel in die Hand nehmen.«
    »Verstehe.«
    »Lisa …« Sie rang sich ein Lächeln ab. »Ich darf dich doch Lisa nennen?«
    Ich nickte angenehm überrascht.
    »Jedenfalls, als wir anfingen, uns um Anette Sorgen zu machen – sie wurde ja immer dünner und dünner –, da haben wir natürlich zuerst gedacht, es liege an dem Mittel, das Schil ler verkauft. Aber die Ärzte haben uns versichert, sie sei an einer bakteriellen Infektion gestorben, leider geschwächt durch das exzessive Abnehmen.«
    Gertrud rutschte mit

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