Galaxis Science Fiction Bd. 11
einmal am Tag aufgeht und nicht zu jeder Stunde.«
»Zu Hause ist es immer am schönsten, besonders wenn man woanders ist«, sagte Sam und blickte in irgendeine unbestimmte Ferne. »Aber ich frage mich, ob es wirklich das Zuhause ist, das wir so sehr vermissen, und nicht eher ein bißchen Abwechslung. Wenn hier nur ab und zu etwas geschehen würde, dann könnten wir es leichter aushalten. Aber es geschieht ja nichts. Wir zerkleinern Gesteinsproben. Wir machen ein paar Tests, finden nichts, und zerkleinern neue Proben. Wir wissen nicht mal, wofür das Zeug benutzt werden soll, wenn wir es finden.
Oder wir schicken die Rakete los. Wie oft haben wir diese alte Wassermelone schon von allen Seiten photographiert? Und haben die Bilder uns jemals was gezeigt, das wir nicht schon wußten? Wenn nur einmal irgend etwas passieren würde – irgend etwas! Mir ist es schnurzegal, ob es was Gutes oder was Schlimmes ist. Hauptsache, daß was passiert.«
Sam hatte die Schachfiguren weggepackt und war dabei, den täglichen Bericht für das Hauptquartier abzufassen. Jeden Tag wurde eine solche Botschaft abgeschickt – jeden Erdtag, hieß das; nicht jedesmal, wenn der eiförmige Asteroid, der augenblicklich ihre Heimat war, eine wackelige Umdrehung vollendet hatte.
Sams Kinnbacken spannten sich, während er voller Widerwillen den Tagesbericht heruntertippte. Er bestand nur aus vier Worten, die in den letzten drei Monaten, die sie jetzt auf der Station lebten, immer die gleichen geblieben waren.
Die Worte lauteten: ›Alles wohl. Kein Fortschritt.‹
Es war dieses ›Kein Fortschritt‹, das sie mehr als alles andere niederdrückte; mehr als zum Beispiel die Tatsache, daß ihre Arbeit so geheim war, daß sie auch nicht die leiseste Spur einer Ahnung besaßen, welchen Platz ihre besondere Forschungsaufgabe innerhalb des Gesamtbildes einnahm.
Ihre eigene Arbeit war nur ein kleines Teilbildchen, ein endlos ablaufender Film, dessen einzelne Fortsetzungen beliebig auswechselbar schienen. Allerdings waren sie gerade jetzt an einer Stelle des tödlich langweiligen Stückes angelangt, wo sie sich zu fragen begannen, ob sie wohl jemals Gelegenheit haben würden, auch die letzte Fortsetzung zu sehen, oder ob sie am Ende ihres Turnus ihren Nachfolgern die Station übergeben würden, ohne herausgefunden zu haben, um was es hier eigentlich ging.
›Kein Fortschritt.‹ Wenn es wenigstens nur einmal etwas zu berichten gegeben hätte, oder wenn wenigstens die Worte nicht so zwecklos und überflüssig geklungen hätten, dann wäre ihnen ihr bezahltes Exil nicht gar so unerträglich erschienen.
»Reich mir mal den Bericht rüber«, sagte Alex. »Ich werde etwas unternehmen.«
»Und was, zum Beispiel?«
»Du wirst schon sehen.«
Alex nahm das Formular, strich die Wörter ›Kein Fortschritt‹ mit einer ärgerlichen Bewegung seines Federhalters durch, kratzte nachdenklich seinen Schnurrbart und kritzelte dann geschäftig das Blatt voll.
Die Meldung lautete jetzt:
›Alles wohl… Dringende Durchsage. SOS Station neunzehn. Angriff auf Station von unbekannten Wesen aus Koordinaten Null Vier Acht x Zwei Sieben. Erbitten Unterstützung Patrouillenkreuzer, da eigene Abwehr wirkungslos.‹
Sam las die Meldung durch. »Du bist verrückt«, sagte er.
»Ich weiß. Verrückt durch die Langeweile. Irgendwas muß passieren, und ich möchte nicht, daß es in unseren Köpfen passiert. Wir brauchen ein bißchen Abwechslung, das hast du selber gesagt.«
»Das habe ich doch nicht so gemeint. Schließlich kann man seinem Herzen doch mal Luft machen.
Aber ein blinder Alarm…«
Er zerknüllte das Formular und warf es in die Ecke.
»Nicht so voreilig.« Alex hob es wieder auf und strich es glatt. »Wir werden es schon plausibel machen. Wir lassen ein paar Felsbrocken in der Nähe der Station hochgehen und geben ein paar Schüsse ab. Das macht die Sache glaubhafter. Der Kreuzer wird kommen und auch ein paar Schüsse abfeuern, und dann wird uns die Mannschaft besuchen, und wir werden ihnen eine nette Geschichte auftischen, und sie werden vielleicht ein paar Tage bleiben, und wir werden zur Abwechslung mal ein paar neue Gesichter sehen, und…«
Sam stand auf und lief in dem kleinen Raum hin und her. In seine Stirn hatten sich tiefe Falten eingegraben.
»Es geht nicht, Alex. Viel zu riskant. Sie würden bestimmt merken, daß alles nur Schwindel war, und wir würden mit Schimpf und Schande davongejagt. Was für eine Drohung könnten wir denn erfinden,
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