Galaxy Tunes®: Roman (German Edition)
sie Mini-Presseerklärungen über Facebook, Twitter, SMS , E-Mail und wahrscheinlich sogar per Telegramm und Brieftaube weiterverbreitet. So faszinierend zu sein, kann anstrengend sein, selbst für pathologische Narzissten. Also macht Phluttr es einem leicht, indem es das Handy infiltriert und automatisch alles veröffentlicht, was es in Erfahrung bringt. In den ersten zwanzig Minuten, die ich mit diesem Dienst experimentiert hatte, wurde jeder Schulkamerad und Arbeitskollege, den ich je hatte, über alles informiert, was es über mich zu wissen gab. »Nick hat gerade 200 Park Avenue erreicht!« und »Nick hat gerade United Airlines angerufen!« und, was am peinlichsten war: »Nick hört gerade ›Bye Bye Bye‹ von ’N Sync!« 7
Das mag unglaublich schrecklich klingen, aber die Realität war noch viel schlimmer, sodass ich diesen Dienst abbestellte. Seitdem habe diese diabolische Software ein Dutzend Mal deinstalliert, aber irgendwie taucht sie immer wieder auf meinem Handy auf. Diesmal dachte ich, dass ich ihr endgültig entkommen war, als ich mir buchstäblich ein neues Handy gekauft hatte. Doch nun, nachdem die App einen Monat lang geschmollt hatte, war Phluttr wieder daa-haa! Anscheinend hatte sie die Adresse, die ich auf dem Handy gesucht hatte, der Speisière zugeordnet (offenbar ein trendiges Restaurant). Und nachdem mein GPS-Signal darauf hindeutete, dass ich tatsächlich dorthin unterwegs war, hatte Phluttr sofort die gespannte Öffentlichkeit darüber informiert.
Als ich die angegebene Adresse erreichte, stand ich vor einem billigen, vollen, übertrieben hellen Restaurant. Draußen prangte ein gigantisches Wandgemälde mit mehreren Gestalten, die eine griechische Fahne hissten, nach dem Vorbild des Iwo-Jima-Denkmals. Darin erkannte ich die Besetzung einer alten Sitcom wieder, die in einem Gefangenenlager der Nazis spielte. (Ist es nicht erstaunlich, was man sich früher alles erlauben konnte?) Auf dem Schild darüber stand »Hogan’s Gyros«. Keine Spur von einer »Speisière«. Drinnen war der Laden vollgestopft mit gepiercten Jugendlichen, die Baseballkappen trugen und ironisch Werbung für Metal-Bands der Achtziger machten. Während ich noch über den Sinn des Ganzen grübelte, trat eine ein Meter achtzig große Göttin der Nacht durch die Eingangstür. Sie war passend für Miami gekleidet und konnte nicht derselben Spezies wie Hogans Kundschaft angehören, während sie schnurstracks auf eine unbeschriftete grüne Tür an der Rückseite des winzigen Speiseraums zusteuerte.
Könnte das …? Ich folgte ihr durch die Tür und gelangte in eine abgedunkelte Oase mit LED -Illumination, langbeinigen Models und dreißig Dollar teuren Vorspeisen. All die jungen Idioten mit den Twisted-Sister-Mützen mussten draußen im Gyros-Schnellimbiss bleiben, während diese Seite der grünen Tür den Führungskräften, den Vermögenden und den Sahneschnittchen vorbehalten war. Noch einige Jahre zuvor wäre mir angesichts dieses krassen Szenenwechsels die Kinnlade heruntergeklappt. Doch heutzutage fährt Manhattan total auf die ironische Masche ab, durch eine billige Kneipe in ein völlig andersartiges Ambiente zu gelangen. Ich hatte ein pulsierendes Nachtlokal durch die Hintertür einer schäbigen Taquería betreten, einen edlen Cocktail-Tempel durch eine Telefonzelle in einem Hotdog-Schuppen oder ein Luxushotel durch die Unisex-Toilette einer Bowlingbahn.
Mir wurde der Weg durch einen hoch aufragenden Hipster versperrt. Die Gläser seiner Brille eines Mathematiklehrers aus der Mitte des letzten Jahrhunderts waren dick genug, um Kugeln aufzuhalten. »Und wir gehören zu …?«, fragte er mit einer schelmischen Mischung aus Ehrerbietigkeit und Geringschätzung. Ein kleiner Anzugträger wie ich konnte in dieser postmodernen Nachtszenerie nur die Begleitung von jemandem sein.
»Paulie Stardust«, sagte ich und kam mir dabei wie ein kompletter Idiot vor.
Er schielte auf seine Liste. »Ich verstehe. Die Stardust/Carter-Reservierung. Hier entlang.«
Er führte mich um ein kompliziertes System aus Wasserrinnen herum. Einige strömten unter Acrylglas unter unseren Füßen, andere durch schulterhohe Aquädukte, die aus gequältem Eisen und gebürstetem Stahl gehämmert waren. Das Wasser floss über den Gästen, unter ihnen und um sie herum, wodurch die einzelnen Tische voneinander getrennt wurden und jedes süße Nichts, jede Geschäftsbedingung und jedes knallharte Ultimatum von einem stetigen Rauschen ertränkt wurde. Das
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