Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)
nicht da hinten die Kadaver unserer Freunde lägen.«
Seine Stimme war kalt.
In Aris Augen leuchtete Verzweiflung; er wusste nur zu genau, mit welchem der verschiedenen Mikkos er es zu tun hatte. Kein Wunder, er war wohl der einzige hier, der Mikko besser kannte als Veruca Salt. Vielleicht hatte er diesen speziellen Mann irgendwo und irgendwann bereits gesehen. Vielleicht kannte er Mikko-den-anderen, und er hatte eine bodenlose Angst vor ihm. Jana spürte ein Gefühl wie Mitleid. Die Schöpfer selbst mochten derart überrascht und hilflos gewesen sein, als sie feststellten, dass ihre Schöpfung so wenig mit dem zu tun hatte, was sie beabsichtigt hatten.
»Man hat mir gesagt, wo unsere Gegner sein werden«, sagte Ari. »Ganz genau. Und den Weg hierher hat man mir beschrieben. Bis ins letzte Detail. Alles hat gestimmt. Alles. Nur waren die Zielobjekte nicht dort, wo sie hätten sein sollen. Es hat nicht gestimmt. Und das kann eigentlich nicht sein.«
Mikko musterte seinen alten Gefährten. Jana Hakon zuckte zurück, als sie in sein Gesicht blickte. Es war Mikko-der-andere, den sie da sah, und sie kannte diesen Mann nicht. Sie wollte ihn nicht kennenlernen, nicht für Geld und gute Worte. Niemals.
»Wer hat dir das gesagt?«, wollte Mikko wissen.
Ari schaute wieder auf seine Waffe hinunter, als wäre die Antwort auf das matte Metall geschrieben. Er versuchte, dort zu lesen; seine Augen trafen nur auf Metall, teilnahmslos und perfekt.
»Ich verstehe«, sagte Mikko-der-andere kalt. »Sie haben dir dieses Dings da gegeben. Dir alle Einzelheiten für diesen Einsatz übermittelt. Ein kleines perfektes Szenario. Und du hast ihnen voll und ganz vertraut. Was für ein Idiot. Wie kannst du nur so ein Idiot sein. Diesen Leuten darf man niemals vertrauen. Niemals.«
Ari war plötzlich den Tränen nahe.
»Alles andere hat doch gestimmt«, sagte er. »All die Jahre hat immer alles gestimmt. Niemals haben sie mich belogen. Ich verstehe das nicht. Wieso dieses Mal ...«
Mikko atmete tief durch. Er war jetzt vollends in jenen anderen Mikko geschlüpft, einen Mikko, den Jana nicht einschätzen konnte. K‘jonasoidt war hilflos und versuchte – was selten genug vorkam – mit Ja‘ana zusammen herauszufinden, was der neue unbekannte Mikko wohl als nächstes tun würde; und T‘Arastoydt war wie immer in heiklen Lagen dafür, den Ort des Geschehens möglichst rasch hinter sich zu bringen. Wie immer erfolglos.
Mikko-der-Rätselhafte richtete seine Aufmerksamkeit auf Ari wie den Kegel eines unsichtbaren Scheinwerfers. Alle machten, dass sie aus dem Lichtkreis dieses Blicks kamen – rund um und hinter Ari bildete sich ein leerer Raum, aus dem Unterdeckleute mit kleinen Schritten herausgerückt waren. Mikkos Blick wurde ätzend, eine himmelblaue, kochende Säure.
»Was ich jetzt wirklich wissen möchte«, sagte er deutlich und in der Lautstärke einer Plauderei, »was ich nur zu gern erfahren würde: Seit wann? Seit wann hängst du an ihren Fäden wie eine Marionette? Seit wann betrügst du mich? Seit wann rede ich mit den Goldenen, wenn ich glaube, mit Ari zu reden?«
Das Wort war gefallen und lag greifbar zwischen ihnen. Ein Hindernis, das keiner der beiden überspringen konnte. Veruca Salt war verwirrt, und K‘jonasoidt kam ihr zu Hilfe. Ari hatte mit den Goldenen gemeinsame Sache gemacht, hinter Mikkos Rücken, und Mikko fand das unverzeihlich. Gut und schön, bemerkte Ja‘ana dazu, aber was für ein Chaos der Emotionen mochte das wohl im Geist eines so zerrissenen Menschen wie Mikko auslösen?
Ari starrte einige Sekunden auf das Metall seiner Waffe, dann zuckte er die Schultern. »Es war ein Abkommen für Notfälle«, sagte er. »Zu Anfang jedenfalls. Eine Rückversicherung. Und irgendwann wurde mehr daraus. Etwas anderes.«
»Verrat«, stellte Mikko-der-andere fest.
Ari schickte ihm einen empörten Blick, wagte nicht zu widersprechen.
»Ein Abkommen für Notfälle. Sehr schön«, sagte Mikko. »Wir hatten einmal Freunde. Robby Merkin, Jonathan Sorrel, Tichina Arnold, Daniel Gerrard, Tonio Gaudio. Die waren in deinem Abkommen nicht berücksichtigt worden. Vermutlich wir alle nicht. Oder gab es da noch was anderes?”
Aris Augen huschten voller Sorge von einem Gesicht zum anderen; was er da sah, machte ihm seine Angst nicht leichter.
»Seit wann? Gab es in deinem Abkommen spezielle Passagen für spezielle Freunde? Seit wann?«, wollte Mikko wissen. Er war ganz ruhig und entspannt, und dennoch verströmte er eine
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