Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)
zu beschädigen.
Das abgehärmte Gesicht Sanderstorms flackerte auf der Bildwand, und im Hintergrund wurde geflucht. Als die erste Doppelwespe an der Peregrinus XLIV vorbeihuschte, nahmen die anderen drei sie gemeinsam unter Beschuss.
»Das ist zuviel auf einmal«, murmelte Bonnie vor sich hin, »das halten sie nicht durch ...«
Sie hatte recht. Die Abwehr war zu schwach, und sie war nicht zu vergleichen mit dem, was die Galdäer verwendet hatten, um den Angriff auf die Schwarze Pyramide verpuffen zu lassen. Die Soldatin war sicher, dass es keine bekannte Technik gab, die das vermochte. Die Galdäer mussten in die Pyramide eingedrungen sein, sich die unbekannte Technik irgendwie zunutze gemacht haben. Das erklärte auch elegant, wie ein Schiff von der Oberfläche direkt in eine Umlaufbahn gebracht werden konnte. Oje, dachte Bonnie, ein Planet voller neugieriger Zauberlehrlinge. Lauter intelligente Galdäer, die mit unbekannten Technologien herumspielten, vor denen selbst die Goldene Bruderschaft Angst hatte. Leider verfügte Michael Sanderstorm auf seinem kleinen Schiff nicht über Vergleichbares. Bonnie starrte auf die Bildwand, die armselige Peregrinus XLIV und ihren hoffnungslosen Kampf.
Das konzentrierte Feuer dreier Doppelwespen hüllte das Raumfahrzeug ein, und das Abbild Sanderstorms wurde undeutlich, verschwand, tauchte wieder auf, verblasste. Ehe es verschwand, sah Markus Feuer aus der Wand hinter dem Studenten hervorbrechen. Funken sprühten quer durch den Raum, und aus den Lautsprechern drang für einige Zehntelsekunden das Geheul von Alarmsirenen. Danach das gedämpfte Geräusch einer Detonation. Schmierige bunte Schemen huschten durch die Szene. Dann war die Bildwand leer.
Der Karnese suchte mit den elektronischen Sinnen seiner Konsole und fand das Schiff, weit weg. Ein Schemen im All, an dem die Angreifer längst vorübergesaust waren. Sie würden zurückkommen, eine Umkreisung später. Die Peregrinus XLIV war auf diese Entfernung nicht gut zu erkennen, die Bildwand zeigte kaum Einzelheiten. Sie war da, sie taumelte ohne Steuerung in der Nähe ihrer letzten Position. Ein Halo aus Staub, Gas und Trümmern breitete sich um sie herum aus.
»Verdammt, verdammt, verdammt«, sagte Bonnie Wayss.
Kaddok dagegen war die Ruhe in Person. Er hatte längst ausgerechnet, welche Strecke man bis zu dem Wrack zurückzulegen hatte, in dem – vielleicht – Michael Sanderstorm noch am Leben war.
»Wenn wir sofort starten«, sagte er, »können wir in zweieinhalb Stunden dort sein. Bei einer Beschleunigung mit Karna-Schwerkraft. Eine reelle Chance, die Leute zu retten.«
»Es wäre Wahnsinn, unsere Deckung zu verlassen«, sagte Markus Hataka. Der Vermesser und Erbsenzähler in ihm hatte ausgerechnet, welche Beschädigungen die Peregrinus XLIV erlitten haben könnte. Im besten und im ungünstigsten Fall. Und mit derselben Genauigkeit führte Maja Majas zwiespältige Hinterlassenschaft ihm vor, was mit der Tåström passieren würde, wenn sie in ein ähnliches Kreuzfeuer geriete: Totale Zerstörung innerhalb weniger Augenblicke.
»Die Goldenen könnten uns enttarnen«, sagte der Musiker, hilflos gemacht von den monströsen Rechnungen, die sein geschärfter Zahlenverstand ihm servierte.
»Oh, das haben wir bereits selbst besorgt«, gab Kaddok zurück. »Wir waren auf Sendung, als die Bruderschaft angriff. Schon vergessen? Die wissen genau, dass sich jemand in den Trümmern von Galdan I versteckt hat.«
»Gutes Argument«, meinte Bonnie.
Der Musiker starrte die Soldatin an, musterte ihr herbes Gesicht. Sofort wusste er, wie viele graue stoppelkurze Haare es umgaben und um wie viel die Länge ihrer Haare differierte, seit sie ihren Schädel zum letzten Mal geschoren hatte. Er berechnete, ohne es zu wollen, die durchschnittliche Geschwindigkeit, in der Bonnies Haare wuchsen. Er sah zu dem Karnesen hinüber, dessen Muskeln sich unter der Kleidung wölbten, als wolle er sich jeden Augenblick auf den zaghaften Markus Hataka stürzen. Der berechnete ungewollt, aber exakt die Kurven, die vom starken Fleisch des Schwerweltmenschen beschrieben wurden, die Kraft darin und den Kalorienverbrauch ihrer Arbeit. Es knirschte wie kristallener Sand in Markus‘ Gedanken, als er dem Pfennigfuchser das Maul verbot und sich aus den endlosen Ketten seiner Berechnungen befreite. Endlich wieder selbst die Entscheidungen treffen. Hatakas Gedanken fühlten sich an wie ein Mund voller Staub. Die Zahlen einfach Zahlen sein lassen. Das
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