Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)
durchaus zuzutrauen war, solche Beschränkungen vorzutäuschen. Wie misstrauisch. Selbst wenn das so war – die hereinkommenden Nachrichten gaben Jana Hakon und Veruca Salt gleichermaßen Stoff genug zum Nachdenken. Die Informationen aus dem Haus von Henning Lucas, die sie selbst ins Netz gegeben hatte, hatten wie eine Bombe unter dem Allerheiligsten der raumfahrenden Menschheit gewirkt. Die Flut neuer, bestürzender Einzelheiten schwoll weiter und weiter an. Sogar die Rechnerkrätze zollte den Neuigkeiten Respekt und setzte ihr Zerstörungswerk in einem gemächlicheren Tempo fort. Die Art der von ihr verbreiteten Daten begann, sich zu verändern. An die Stelle der belanglosen Informationen über das Wetter an beiden Polen Galdäas waren bislang geheime Daten über die Aktivitäten der Bruderschaft getreten; noch brisanter wirkten die Angaben zu den Helfershelfern der Goldenen im Flottenkommando auf Atibon Legba. Betroffene und Beteiligte meldeten sich zu Wort. Das Netz, nach wie vor behindert, schwirrte nur so von Nachrichten und Neuigkeiten.
Ein gewisser Dan Brögger schwang sich zum Sprecher der Benachteiligten auf. Er forderte Wiedergutmachung für die Spätschäden der ehemaligen Galdäa-Kämpfer und gründete Spendenfonds für Hinterbliebene der abgeschossenen Piloten, die bisher lediglich auf Vermisstenlisten aufgetaucht waren. Zum ersten Mal gab das Flottenkommando offiziell zu, dass es im galdäischen Krieg schwere Verluste an Personal und Maschinen gegeben hatte. Brögger selbst wurde Stunden später auf einer Soldliste der Bruderschaft entdeckt und verschwand aus dem Netz.
Von Penta V aus meldete sich eine Galdani namens Tara S‘Khanayilhkdha Vuvlel T‘Arastoydt zu Wort und versorgte die ebenso aufgeregte wie wissbegierige raumfahrende Menschheit mit immer neuen Informationen. Auf wundersame Weise war im selben Moment eine komplette Etage in einem Bürohaus der Universitätswelt aus dem Nichts aufgetaucht, mitsamt einer Einrichtung, die sich galdäisches Konsulat nannte und dort seit Jahren residierte.
Eine oftmals wiederholte Aufzeichnung zeigte, wie ein blasser Michael Sanderstorm sein Diplom erhält, lauter unglaubliche Dinge über Galdäa sagt und am Ende einer im Grunde langweiligen Veranstaltung ausgerechnet Henning Lucas die Hand gibt. Der sieht aus, als hätte man ihn kürzlich verprügelt. Das Publikum ist sichtlich beeindruckt, von Widersprüchen in der überlieferten Geschichte der Galdäa, gefälschten Artefakten und genetischer Manipulation. Es hält den Atem an, als Sanderstorm die wahre Natur der Datenkrätze erläutert. Danach kündigt der Student an, mit der Peregrinus XLIV an den Ort des Geschehens zu reisen.
Auf den alten Tyrrell verübte man ein Attentat. Niemand hatte die geringste Ahnung, was jemand gegen den uralten Mann haben könnte. Als Tyrrell entschied, seine umfangreiche Sammlung von internen Daten des Flottenkommandos allgemein zugänglich zu machen, erkannte man rasch, dass es nicht der alte Knochen gewesen war, dem das Attentat gegolten hatte. Irgendjemand hatte versucht, die Informationen zu zerstören. Der Mann war lediglich im Weg gewesen.
Ein ehemaliger Militärpilot öffnete diverse private Protokolle, um allen im Netz zu beweisen, dass der galdäische Krieg eine saubere, vorschriftsmäßige Sache gewesen sei. Leider hatte der gute Mann seine Dateien schlampig gesichert; die Wahrheit lag hinter seinen frisierten Berichten zutage und verbreitete sich rasch. Bilder von brutal und grundlos zusammengeschossenen Raumschiffen lösten Empörung aus. Videosequenzen zeigten Kampfgeräte des Flottenkommandos, die komplette Städte in Schutt und Asche legten.
Ein schier unglaublicher Bericht über den doch nicht bei einer Explosion umgekommenen Musiker Markus Hataka wurde von einer ehrbaren älteren Dame abgeliefert, die sich mit Eveline anreden ließ und die Reporter mit ihrer charmanten Art zu Tränen rührte. Vielleicht lag es auch an der leckeren, rot und schwarz gefleckten Speise, mit der die rüstige Greisin die neugierigen Reporter traktierte. Der Musiker jedenfalls, so sprach Eveline zu den glücklich weinenden Medienmenschen, sei verletzt, aber lebend vom Ort des Unglücks getragen worden, und zwar von sehr netten Leuten. Und die Detonation in der Wohnung Hatakas sei ein Versuch finsterer Mächte gewesen, den erfolgreichen Künstler zum Schweigen zu bringen.
Veruca Salt fand die alte Dame allerliebst, und die Pilgernder Joker stimmte ihr begeistert zu.
Auf
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