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Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Titel: Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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Kraftfeldern zu packen. Die fernen Ausläufer von Schockwellen, die durch den Baukörper der Werft liefen, machten die Liftkabine beben, während sie durch die Schächte und Tunnel dahinschoss.
    Ja‘ana K‘jonasoidt Hakon T‘Arastoydt starrte genauso fassungslos auf die Bildwand wie Kaddok. Die aufeinanderprallenden Energien zerstörten natürlich genau das, was sie eigentlich schützen sollten. Die Luft im Habitat verwandelte sich innerhalb weniger Augenblicke in heißes Gas und expandierendes Plasma. Was die ersten Entladungen nicht vernichtet hatten, verdampften die mehrere tausend Grad heißen Glutwellen. Flammenwände fraßen sich brüllend in die Innereien der künstlichen Welt. Die optische Übertragung wurde sinnlos, und der Apparat schaltete mitleidlos auf ein aus Sensorendaten errechnetes Bild um. Die Vernichtung, die da ablief wie in einer Rechnersimulation, war wirklich. Kaddok spürte es am Vibrieren der dahinsausenden Kabine, die sich immer weiter vom Ort des Geschehens entfernte. Natürlich hatte der mörderische Kolibri keine Chance gegen die überlegenen Apparaturen von Die Neue Wohlfahrt . Es hatte nur einige wenige Sekunden gedauert, die eingebauten Sicherheitsschaltungen zu umgehen. Die wirklich mächtigen Maschinen sollten vom Habitat selbst ja ferngehalten werden. Einige Sekunden Vorbereitung zuviel. Als Kraftfelder den feuerspeienden Paradiesvogel zerquetschten, bestand das Innere des Habitates aus glühenden Trümmern und sich selbst nährenden Feuerherden.
    »Amok«, sagte Ja‘ana, und sie spürte, dass Kaddok nickte. Das Chaos in der brutheißen Hölle, die früher das Habitat von Die Neue Wohlfahrt gewesen war, füllte den verfügbaren Raum bis in die letzte Lücke aus. Wiesen, Wälder, Straßen, Teiche, der lange Strand mit seinen albernen weißen Bojen, wo man schwimmen konnte, alles verdampft, verglüht.
    »Einer von meinen eigenen Leuten«, sagte Kaddok, »einer von meinen eigenen Leuten.«
    Sein Gesicht zeigte keine Regung. Der Karnese starrte auf das Terminal; auf der Bildwand waberte die hochgerechnete Zerstörung. Kaddok arbeitete an etwas anderem. Ein kleines Signal ertönte, ein sanfter unschuldiger Gong; Veruca Salt erkannte das Geräusch sofort wieder. Es war völlig deplatziert nach dem Hexenkessel im Habitat. In der dahingleitenden Liftkapsel, die im Rumpf einer womöglich sterbenden Raumstadt steckte, zu Zeiten von Chaos und Verwüstung, wirkte der Gong geradezu grotesk. Er stammte aus einem Musikstück, ein reines Klingen. Wie dazu geschaffen, zur Meditation aufzurufen. Welcher Teufel sie geritten hatte, ausgerechnet diesen Ton als Signal ihrer Postbox auszusuchen, wusste Veruca Salt nicht. Ja‘ana K‘jonasoidt Hakon T‘Arastoydt hätte es leicht herausfinden können. Irgendwelche Gründe gab es schließlich immer.
    Die Fortbewegung der Liftkabine wurde von außen gebremst und behindert, irgendwelche Dinge raspelten dumpf an der Hülle entlang.
    »Ich weiß nicht«, sagte Kaddok, »was es bedeuten soll. Es ist vermutlich wichtig.«
    Die Postbox spulte ein primitives Grafikprogramm ab, eines von der Sorte, das man benutzte, um das jüngste Porträt des Enkelsohnes zu verschicken, und zwar so, dass die Datei möglichst klein blieb. Zwar dauerte es eine Weile, bis sich das Bild auseinandergefaltet hatte, doch das störte niemanden. Bonnie Wayss war eine vorsichtige Frau. In einer solchen Datei würde niemand verdächtige Nachrichten zu entdecken versuchen, und ganz bestimmt nicht, wenn das sich entwickelnde Bild eine simple Zahl zeigte. Eine schlanke, ruhige, bedrohliche Achtundzwanzig. Die Quadratwurzel aus siebenhundertvierundachtzig. Jana Hakon ertappte sich dabei, wie sie in Gedanken nachrechnete. Alles war besser, als an das zu denken, was eben passiert war. Das zerbrechliche Behältnis, in dem sie beide steckten, ging in eine scharfe Kurve und gelangte rumpelnd und vibrierend auf eine neue Bahn. Der Karnese und die Galdani ignorierten die Bewegungen in einer Art von stillschweigendem Einverständnis. Sie schauten auf die Zahl, die ruhig und erschütterungsfrei leuchtete.
    »Ich habe nicht die geringste Idee, was das zu besagen hat«, sagte Kaddok, »aber es scheint brisant zu sein.«
    Er war nicht der Typ, der Offensichtliches ohne Not wiederholen würde. Veruca Salt – oder Jana Hakon, sie war nicht sicher – warf dem Karnesen einen fragenden Blick zu.
    Kaddok war kalkweiß im Gesicht. Unter seiner bleichen Haut, am Hals und an den Schläfen, erkannte sie blaue

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