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Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Titel: Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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war, als der Amoklauf begann. Ein Gespräch über die seltsame Art der Karnesen, zur Welt zu kommen.
    »Wir sind zu groß«, sprach der riesige Mann weiter, »bereits in unseren Müttern sind wir viel zu groß. Wir dürfen uns nicht so auf die Welt kommen lassen, wie es richtige Menschen tun. Wir sind bereits als Säugling gefährlich. Zu großer Kopfumfang, zu breite Schultern, zu viele Muskeln. Keine Frau kann das überleben. Kein lebender Karnese ist geboren. Wir alle sind herausgeschnitten.«
    Kaddok hielt inne und starrte Veruca Salt an, als taxiere er ihre Fähigkeiten als Gebärmaschine. Seine Augen waren kalt. Pupillen aus Metall, dachte Jana alarmiert. In ihren Innereien breitete sich Übelkeit aus. Langsam sprach der Karnese weiter.
    »Und wo Föten zu groß sind, die Gene durcheinander, da gibt es Unfälle. Unsere Urmütter sind hastig zu Werke gegangen. Jeden Augenblick konnte ihnen die Welt auf den Kopf fallen. Wenige Meter entfernt sahen sie, wie alles zusammenbrach, was zu schwach für Karnas frostige Hölle war. Da haben sie es hier und da ein bisschen übertrieben.«
    Veruca Salt wollte das nicht hören, nicht an diesem Tag, nicht nach dem, was sie eben erlebt hatte und während wechselnde Schwerkraft ihr den Magen umzudrehen drohte. Sie hörte zu. Kaddok musste in diesem Moment reden. Worüber, war nicht wichtig. Er brauchte jemand, der zuhören konnte. Jana tat es.
    »Viele Kinder auf Karna kommen zu krank auf die Welt, um zu überleben. Die eilig zurechtgepfuschten Gene haben die Tendenz, sich ungünstig zusammenzufinden. Kurz gesagt, bei uns bekommen die Leute allein deshalb dauernd Zwillinge oder Drillinge, weil es sich nicht lohnt, der kleinen Chance auf gesunden Nachwuchs wegen eine Schwangerschaft mit nur einem Baby anzufangen. Von drei Neugeborenen ist nur eines in Ordnung, statistisch gesehen. Es ist immer einer von drei Karnesen, den Sie herumlaufen sehen. Und mit den beiden anderen, den nicht vollkommenen, gehen die Karnesen wenig zart um.«
    Nur am Rande und viel zu spät registrierte Veruca Salt die Tatsache, dass der Karnese wieder zum Sie übergegangen war, dass er die alte Distanz suchte. Sie wollte nicht fragen, was auf Karna mit den misslungenen Neugeborenen passierte. Sie wusste, dass niemand jemals einen körperlich deformierten Karnesen gesehen hatte, und allein das reichte als Antwort eigentlich aus.
    Die Liftkabine vibrierte und sackte ein Stück nach unten. Veruca Salt befürchtete, die Werft wäre zu schwer mitgenommen, um sich selbst wie geplant zu reparieren. Selbstregenerierende Systeme hatten ihre Grenzen. Bei dem Gedanken, dass sie nicht die geringste Ahnung hatte, was tatsächlich vorging, flackerte Panik in den Gedanken von Veruca Salt. Ihr Blick haftete auf dem Mann, der an ihr vorbeischaute, als habe er Angst vor ihrem Gesichtsausdruck. Ein Riese, ein kälteresistenter Muskelberg, ein mächtiges Bündel Kraft und Energie. Ein armes Schwein. Wahrscheinlich war er kommende Woche zum nächsten E-Tag eingeladen und hatte zugesagt, indem er die Tatsache der Einladung zur Kenntnis zu nehmen geruhte. Was passierte mit so förmlichen gesellschaftlichen Verhältnissen, wenn der Gastgeber plötzlich dahingerafft wurde, von einem Amoklauf an einem E-Tag? Wie konnte sie dies alles ihren eigenen Gespenstern erklären? Wieso musste sie dauernd an die bedauernswerten Schöpfer denken, denen immerzu die eigene Genialität in die Quere kam?
    Die Liftkabine bewegte sich um einige Meter, blieb in einem schiefen Winkel stecken und öffnete sich. Zwischen der Tür der Kabine und dem Boden des Raumes davor klaffte ein Spalt von fünfzehn Zentimetern. Vielleicht, dachte Veruca Salt, ist die ganze Die Neue Wohlfahrt nach diesem Desaster verzogen und verbogen und insgesamt ein bisschen neben sich. Eine krumme Raumwerft. Sie machte einen großen Schritt aus der Kabine in den Flur hinaus, dessen Licht zu grell war. Natürlich konnte sie es sich nicht verkneifen, in den Spalt zwischen Liftkabine und Fußboden zu schauen. Da gab es nichts zu sehen. Nur Dunkelheit. Besorgniserregende absolute Schwärze. Kein gutes Zeichen. Aus dem Spalt wehte eiseskalte Luft heraus.
    Was hast du erwartet?, dachte sie. Ein Vakuum, das heulend die Atmosphäre ins Weltall saugt?
    Veruca Salt blickte sich um. Kein Mensch war zu sehen. An der Wand gestapelt lag ihr Gepäck, fürsorglich hergeschafft. Alles fällt auseinander, dachte sie, und der Kofferdienst funktioniert. Sie drehte sich um, um sich von Kaddok zu

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