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Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Titel: Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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Ablenkung, Ersatzhandlung dann, dachte Michael, löste sich aus seiner Grübelei und sagte dem Herrn Brögger ins Gesicht, wie er sich das dachte mit der Warnung – ein Telegramm vielleicht oder ein Anruf?
    Dan Brögger stutzte und lächelte breit. »Telegramm.«
    Er zeigte es Michael, indem er das Papier flach von innen gegen die Gaze drückte. Es gelang ihm damit, seinen Gast sichtlich zu verblüffen. Das Telegramm war teuer gewesen, Übermittlung innerhalb einer Stunde; das war sogar für Atibon Legba schnell. Die Kommunikation innerhalb des in jahrhundertelanger Arbeit gewachsenen Kolosses war schwerfällig. Zu viele unterschiedliche Systeme aus zu vielen unterschiedlichen Epochen. Genau wie die Transporteinrichtungen. Michael hatte anderthalb Tage gebraucht, um in dem Gewirr, aus dem die Station bestand, die dreihundert Kilometer bis in dieses Habitat zurückzulegen. Er las langsam das Telegramm.
    SALUTE DANNY – EIN WAHNSINNIGER AUF DEM WEG ZU DIR – ES GEHT UM GALDÄASACHE – SCHMEISS IHN RAUS – GRUSS ALEX GINSBURG.
    »Gut«, sagte Michael, »dann muss ich Sie wohl fragen, warum Sie mich nicht sofort rausgeworfen haben?« Er verschwieg geflissentlich die Tatsache, dass er draußen in der Glut eines nachgemachten Sommertages stand und sich durch feine Gaze hindurch mit Dan Brögger unterhielt.
    »Genau diese Frage war vorgesehen.« Brögger grinste und nahm das Telegramm wieder an sich. Dann entriegelte er die Gazetür und ließ Michael Sanderstorm hinein.
    »Warum also?«, fragte Michael. »Warum haben Sie mich reingelassen – nach dem Telegramm?«
    Brögger warf das Telegramm auf ein Tischchen, und dann winkte er Michael weiter ins Haus. Auf einer großen, gazeverhangenen Loggia setzten sie sich, und Michael bestaunte den Blick, der sich von hier aus bot. Wüsste er nicht genau, auf Atibon Legba zu sein, mitten in einem dichtbesiedelten Haufen aus Metall und Plast, er hätte glauben können, auf einem idyllischen Planeten gelandet zu sein. Üppiger Pflanzenwuchs rahmte einen kleinen See ein, und das Licht einer tropischen Sonne brannte herab und ließ das andere Seeufer in der Hitze flimmern. Insekten brummten durch die Luft und flogen hin und wieder gegen die Gaze wie verirrtes Spielzeug. Hier zu wohnen war alles andere als billig, das war Michael klar. Das Habitat wirkte perfekt, wenn man auf Hitze und einen nie endenden Sommer stand.
    »Bisschen heiß hier, ich gebe es ja zu«, sagte Dan Brögger, »aber ich mag es warm. Habe wohl ein paar Jahre zu viel gefroren.«
    Michael sah den korpulenten Mann von der Seite an; dabei fiel ihm auf, dass Brögger trotz der Hitze ein langärmliges Hemd und lange Hosen trug. Zwischen den fest geschlossenen Knöpfen des Hemdes quoll schwarzes Brusthaar hervor. Der Typ war, erkannte Michael, gekleidet wie für einen drohenden Wintereinbruch. Und das in einem Habitat, das sich erfolgreich bemühte, die vollkommene Imitation eines heißen schwülen Sommertages auf der Erde zu sein. Brögger war ein Fall von Temperaturpsychose.
    »Karna?«, fragte Michael Sanderstorm.
    Dan Brögger nickte und goss sich Tee ein. Bei dem Gedanken an irgendein heißes Getränk brach Michael der Schweiß aus. Die Stirn des größeren Mannes war völlig trocken.
    »Wenn man einmal bis ins Mark und rettungslos gefroren hat, bis an den Rand des Todes, dann wird man für den Rest seines Lebens nicht mehr richtig warm«, meinte Dan Brögger und legte seine Füße auf einen Hocker. Michael konnte den Blick nicht abwenden. Dicke Socken, Pantoffeln. Karna war offenbar eine nette Welt.
    Brögger folgte dem erstaunten Starren Sanderstorms und lachte. »Kalte Füße als Berufskrankheit«, sagte er. »Ich lebe im Sommer, seit ich diese Geschichte auf Karna knapp überlebt habe. Immer im Sommer. Und trotzdem läuft es mir sofort eiskalt den Rücken herunter, wenn ich einen Luftzug spüre.«
    »Ich komme mir hier wie in einem Hochofen vor«, meinte Michael Sanderstorm und fächelte sich Luft zu. Ihm ging es im Augenblick prächtig; dieses großartige Gefühl war nur geborgt, das wusste er. Die Medikamente würden nicht ewig wirken. Schon mit Rücksicht auf seine angegriffene Gesundheit sollte er diesen Brutkasten möglichst rasch verlassen. Irgendwann würde die Chemie in seinem Blut nicht mehr in der Lage sein, Endorphin durch seinen Körper zu schießen – einfach, weil keines mehr da war.
    »Warum haben Sie diese Warnung von Alex Ginsburg nicht ernst genommen?«, fragte er.
    »Weil ich Alex kenne«,

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