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Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition)

Titel: Galdäa. Der ungeschlagene Krieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Kruschel
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außerdem wahllos über die Oberfläche des Planeten verstreut worden war. Er packte seine Unterlagen ein und wehrte verbissen alle Versuche Dan Bröggers ab, ihn länger in der Affenhitze des Habitats festzuhalten oder ihm die Geschichte seiner tiefgefrosteten Jahre auf Karna aufzutischen. Er flüchtete auf schnellstem Wege in eine Gegend Atibon Legbas, die seinen armen Kopf nicht mit gleißender Sonne und schrillen Vogelgekreisch foltern würde. Eine Gegend, in der er einer finsteren Gestalt eine Substanz abkaufen konnte, die die eingerissene Mauer zwischen Michael Sanderstorm und seinen Schmerzen reparieren würde.
    Wieso hat niemand gemerkt, was da schiefläuft, fragte sich Michael, und wieso schwelgt ein angeblich im Ruhestand lebender Ex-Bürokrat des Flottenkommandos in einem derart exorbitanten Luxus? Künstliche Flamingos, also wirklich. Es geht nicht nach mir, dachte Michael auf dem Weg zur Metrostation, es geht weiß Papst nicht nach mir, aber es geht irgendwie steil bergab.

16.
Markus Hataka • Wundere dich, wo du bist / Etwas so Grosses konnte unmöglich / So beschissen werden
    Markus hatte viel davon gehört, wie sich das Bewusstsein eines Verletzten nach dem Trauma wieder zur Wirklichkeit durchkämpft, und als es ihn selbst betraf, erwies sich all das Gerede als Blödsinn. Vielleicht lag es an seinem Ycorgan-gebeizten Gehirn; er war schlagartig hellwach und blickte um sich. Er lag in einem schneeweißen Kokon. Sein Körper fühlte sich an, als wäre er weiter von ihm entfernt als nur die paar Zentimeter; die Entfernung zu seinen Füßen war gigantisch. Irgendwo waren da Schmerzen, die weit weg stattfanden. In der Nähe des Ortes, an dem seine Arme und Beine sich befanden. Jetzt wundern wir uns, wo wir sind.
    Wenn er sich ein wenig anstrengte, fokussierten seine Augen auch weiter entfernte Dinge. Der Kokon war gar nicht weiß; da leuchteten Kraftfelder, die einen Leib umhüllten, da waren Schläuche, die in ihn hineingriffen, klare Flüssigkeiten einleiteten und eine trübe Brühe heraussogen. Elektronische Geräte klebten an diesem zerschundenen Fleisch und erhielten es mühsam am Leben. Markus Hataka begriff, dass es diesen Typen schwer erwischt hatte; er war dem Tod noch nicht einmal zur Gänze von der Schippe gestiegen. Dass es sich bei dem zerfleischten Leib um seinen eigenen handelte, war ihm durchaus klar. Es regte ihn nur nicht auf. Eine tiefe Ruhe erfüllte ihn, ähnlich wie beim Aufwachen mitten in der Nacht. Man stellt befriedigt fest, dass man viel Zeit hat, dass man noch Stunden hat, dreht sich herum und schließt die Augen.
    »Sie dürfen jetzt nicht mehr einschlafen, nein, nein«, sagte eine gelangweilte Stimme. Eine weibliche Stimme. Ihre Satzmelodie war interessant. Die Betonungen lagen nicht ganz da, wo sie hingehörten. Wie eine leicht schräge Musik. Vielleicht kann ich das ja mal verwenden, dachte Markus, und im selben Moment spürte er endlich kalte schwarze Panik in sich aufsteigen. Musik, Instrumente, Melodien, das war plötzlich so unerreichbar wie das Innere der Sonne. Die fremd klingenden Worte hatten irgendeinen Schalter betätigt; Wirklichkeit sickerte in seine Gedanken. Ich bin das, dachte er, ich stecke in diesem Kokon aus Energie und lebenserhaltenden Systemen, ich, Markus Hataka, mich hat es erwischt, und wie es mich erwischt hat. Oh Karolus, in welcher Hölle du auch schmorst, ich glaube, ich komme.
    »Das Schlimmste haben Sie längst überstanden, herzhaft wie Sie nun mal sind«, singsangte die Frau und kam ins Blickfeld; Markus hatte nicht die Kraft, den Kopf zu drehen, oder er konnte ihn gar nicht mehr bewegen. Also sah er die Ärztin ins Bild kommen, als wäre sein Gesichtssinn eine fest montierte Kamera. Seine Sicht war eingeschränkt, jedoch ungetrübt. Die Dame war eine optische Sensation. Sie steckte in einem roten Hosenanzug aus weichem, wolligem Stoff und zielte mit einem komplizierten Gerät auf den Musiker.
    »Maja Maja ist mein Name«, sagte sie, »wenn Sie naseweis sein wollen und mich ärgern wie die anderen, sagen Sie sorglos Doktor Maja zu mir. Sie werden sehen, was Sie davon haben.«
    Ihre Haare waren rabenschwarz und umrahmten ein rundes Gesicht mit mandelförmigen Augen. Der einzige Schmuck, den sie trug, bestand aus mehreren Ketten, große quietschbunte Holzkugeln. Die Farbkontraste konnten Krokodile zum Weinen bringen. Markus Hataka wusste sofort, woher Maja Maja stammte – auf Engambosch hätte man diesen Aufzug für ein todschickes Kostüm

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