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Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Titel: Galgenfrist für einen Mörder: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Boy zu Durbans Informanten gehört hatte. Unwillkürlich lächelte er. Etwas in Pearly Boys Augen veränderte sich, und er erkannte, dass Monk seine Gedanken gelesen hatte. Jäh befiel ihn Angst, und sein Magen verkrampfte sich.
    Doch er fasste sich schnell wieder und fand zu einem einigermaßen beiläufigen Ton. »Einer von Phillips’ Kunden.« Monk lehnte sich lässig gegen den Kaminsims und beobachtete Pearly Boy in seinem Unbehagen. »Ich kann mir das gut vorstellen, Sie nicht? Durban hätte den Mann verfolgt, bis er ihn stellen konnte, wenn möglich irgendwo in der Nähe von Phillips’ Boot.Vielleicht nachdem dieser Mann, wer immer es ist, sich dort eine Nacht lang hatte bewirten lassen und noch erregt und von Schuldgefühlen geplagt war.«
    Pearly Boy verriet keine Regung. Seine Augen ruhten auf Monks Gesicht.
    »Eine Lüge wäre ihm in diesem Moment bestimmt nicht leicht über die Lippen gekommen, selbst wenn er das geübt hätte«, fuhr Monk fort. »Durban hätte einen gut beleuchteten Ort gewählt, wo er sicher sein konnte, dass sein Dienstrang, seine Uniform und sein Knüppel gut zu erkennen waren. Ja, ein Knüppel wäre für den Fall eines Verzweiflungsangriffs unbedingt ratsam gewesen. Schließlich hätte der Mann eine Menge zu verlieren gehabt: seine Tarnung und seinen guten Ruf, Freunde, Geld, Macht, vielleicht sogar seine Familie.«
    Pearly Boy benetzte sich nervös die Lippen.
    »Dann hätte Durban ein Angebot gemacht«, sagte Monk. »›Benützen Sie Ihre Macht, um Reilly zu schützen, der von all den Jungen dort aufgrund seines Alters und seines Mutes am meisten gefährdet ist, und ich beschütze Sie. Wenn Sie ihn aber sterben lassen, weiß morgen ganz London über Sie Bescheid.‹«
    Erneut benetzte sich Pearly Boy die Lippen. »Wer war es also?«
    »Das will ich von Ihnen erfahren, Pearly Boy«, konterte Monk.
    Pearly Boy räusperte sich. »Und wenn nicht? Woher soll ich wissen, wer diese Art von Schwäche hat? Das könnten doch zig Leute sein. Einer vom Zoll, von den Ratsherren, ein reicher Händler, ein Hafenmeister. Was meinen Sie, wie vielerlei Bedürfnisse es gibt! Vielleicht war’s sogar ein Polizist! Schon mal daran gedacht?«
    »Natürlich. Die Frage, wer Reilly hätte schützen können, ist der Schlüssel zu dem Ganzen. Wer hatte die Macht dazu? Und vor allem, wer war Phillips so wichtig, dass er auf ihn hörte?«
    Jetzt ging Pearly Boy ein Licht auf, und sein weiches, intelligentes Gesicht verriet Erregung über die Erkenntnis. »Sie meinen, wer hat einen Appetit, den er nicht beherrschen kann, und braucht Phillips, um ihn zu befriedigen, hat aber die Macht, Phillips zu helfen, und zwar so große Macht, dass Philipps darauf angewiesen ist, auch ihn bei Laune zu halten? Das ist ja wirklich eine gute Frage.«
    »Allerdings. Und ich möchte eine gute Antwort.«
    Pearly Boys Augenbrauen schossen nach oben. »Oder was?« Er zitterte ein bisschen. In dem stickigen Raum konnte Monk seinen Angstschweiß riechen. Trotzdem versuchte Pearly Boy, ihn herauszufordern. »Was, wenn ich keine finde, oder sie gar nicht erst suche?«
    »Dann sorge ich dafür, dass Mr. Phillips erfährt, dass Sie Mr. Durban von diesem äußerst interessanten Kunden erzählt haben und drauf und dran sind, auch mir von ihm zu berichten, wenn wir uns auf einen Preis einigen können.«
    Pearly Boy erbleichte. Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. »Was für ein Preis wäre das?«, krächzte er.
    Monk entblößte lächelnd seine Zähne. »Mein Schweigen in der Zukunft und hier und da eine gewisse Kurzsichtigkeit, was den Zoll betrifft.«
    »Tote sind sehr schweigsam«, stieß Pearly Boy schmallippig hervor.
    »Nicht diejenigen, die schreiben können und klare Anweisungen zurücklassen. Mr. Durban mag sehr freundlich zu Ihnen gewesen sein, ich werde das nicht sein.«
    »Ich könnte Sie töten lassen. Dunkle Nacht, schmaler Durchgang?«
    »Fat Man ist tot, ich bin es nicht«, hielt ihm Monk entgegen. »Wählen Sie den leichteren Weg, Pearly Boy. Sie sind ein Hehler, kein Mörder. Wenn Sie einen Wasserpolizisten umbringen, werden Sie aufgespürt. Wollen Sie wirklich mit den Füßen voran im Schlamm der Themse begraben werden und nie wieder auftauchen?«
    Pearly Boy verlor den letzten Rest an Gesichtsfarbe. »Das wird Sie einen großen Gefallen kosten!«, rief er herausfordernd, wobei seine Augen flackerten.
    Monk lächelte ihn erneut an. »Ich habe es Ihnen ja schon gesagt: Ich werde Sie – bis zu einem gewissen Grad –

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