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Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Titel: Galgenfrist für einen Mörder: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Mir geht es um die Zukunft.«
    Sie beugte sich vor. »Oliver, wir sind nahe dran, etwas zu zerstören, das gut ist und Besseres von uns verdient und benötigt, als wir zuletzt gezeigt haben. Sie können uns helfen, Durbans Ruf zu retten, ohne Ihren eigenen zu beschädigen.«
    »Und natürlich den von Monk«, sagte er brutal.
    Erneut zuckte sie nicht zurück. »Selbstverständlich. Ebenso wie den meinen. Ist es Ihrem Ruf wirklich so abträglich, wenn Sie uns helfen?«
    »Hester, um Himm… nein, natürlich nicht!«, rief er. »Ich habe doch keinen von Ihnen bloßgestellt, weil es mir gefiel! Sie waren es, die Ihre Flanke sträflich weit offen ließen. Ich habe getan, was ich tun musste, um dem Recht Geltung zu verschaffen.«
    »Tun Sie nun also Ihr Möglichstes, um der Gerechtigkeit Geltung zu verschaffen«, konterte sie. »Jericho Phillips hat Fig ermordet, aber jetzt hat es keinen Zweck mehr, das beweisen zu wollen, selbst wenn wir es könnten. Er hat noch andere ermordet, und beim nächsten Mal werden wir unsere Beweise sehr viel gewissenhafter sammeln. Aber damit wir das tun können, muss die Wasserpolizei unter eigenem Kommando überleben und darf nicht in ein Dutzend verschiedene Einheiten als Teilbereich örtlicher Reviere zerschlagen werden.«
    Sie erhob sich langsam, sorgfältig darauf bedacht, ihre Röcke glatt zu streichen – etwas, um das sie sich normalerweise nicht kümmerte. »Wir alle haben etwas Hässliches getan, jeder von uns dreien. Ich bitte Sie, uns dabei zu helfen, den Fehler zu beheben, soweit das eben möglich ist. Es kann sein, dass wir Phillips nie erwischen, aber wir können wenigstens tun, was in unserer Macht steht, um London zu beweisen, dass die Wasserpolizei darauf angewiesen ist und es verdient, eine selbständige Behörde unter eigener Führung zu bleiben.«
    Rathbone blickte sie mit einem Ausdruck von Verwirrung an, was bei ihm höchst selten vorkam. Emotionen rangen mit seinem Intellekt, und Gefühle von Einsamkeit, Bestürzung, vielleicht auch Schuld durchbrachen seine normalerweise unerschütterliche Rationalität.
    »Ich werde tun, was ich kann«, versprach er schließlich mit leiser Stimme. »Allerdings habe ich keine Ahnung, ob das etwas nützen wird.«
    Sie widersprach nicht. »Danke«, sagte sie schlicht. Dann lächelte sie ihn an. »Ich hatte erwartet, dass Sie so reagieren würden.«
    Er errötete und senkte den Blick auf die Dokumente auf seinem Schreibtisch. Zu seiner unendlichen Erleichterung klopfte in diesem Moment sein Sekretär an.
     
    Hester überlegte, ob sie vor der Portpool Lane erst heimfahren solle, um ihr edelstes Gewand, das sie natürlich für den Besuch bei Rathbone angelegt hatte, gegen etwas Schlichteres zu tauschen, entschied sich dann jedoch, kein Geld für die zusätzliche Fahrt zu verschwenden. Schließlich hatte sie auch in der Klinik saubere Arbeitskleider bereitliegen, falls ihr ein Missgeschick unterlief, was recht oft geschah.
    In der Klinik herrschte die übliche Betriebsamkeit, und Hester sah sogleich bei denjenigen nach dem Rechten, denen mehrere Tage Bettruhe verordnet worden waren. Aber auch um die Gehfähigen kümmerte sie sich, Patientinnen mit durch Messer oder Rasierklingen verursachten Wunden, die genäht und verbunden werden mussten, alles Frauen, die Zuspruch und Erholung von der Straße und vielleicht eine anständige Mahlzeit benötigten. Die alltäglichen Aufgaben wie Putzen, Wäschewaschen und Kochen waren nie beendet.
    Sie äußerte Worte des Lobes und der Ermutigung, merkte hier und dort eine kleine Kritik an und suchte dann Squeaky Robinson in seinem Büro auf. In letzter Zeit hatte Hester von ihm keine Beschwerden mehr gehört, man hätte ihn um das Haus betrogen, das sein Eigentum und das gewinnbringendste Bordell in der Gegend gewesen war. Seine neue Sicht von sich selbst als einem Mann, der mehr oder weniger auf der richtigen Seite des Gesetzes stand, schien ihm zu gefallen.
    »Guten Morgen, Squeaky«, begrüßte sie ihn und schloss die Tür, womit sie in dem mit Regalen voller Kassenbücher überfüllten Raum eine Atmosphäre von Vertraulichkeit schuf. Der Schreibtisch war übersät mit Papierbögen, Federn, zwei Tintenfässern, eines rot, eines blau, und in einer Schale befand sich Sand fürs Löschen von Flecken. Nicht dass dieser Sand oft gebraucht wurde – ihm gefiel einfach das Arrangement.
    »Morgen, Miss Hester«, erwiderte er ihren Gruß und musterte besorgt ihr Gesicht. Wie es ihr ging, fragte er sie nicht;

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