Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Galgenfrist für einen Mörder: Roman

Titel: Galgenfrist für einen Mörder: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
soll ich das wissen? Er hat irgendwas von Geld gemurmelt und dass die fetten Dreckskerle für ihr Vergnügen noch doppelt und dreifach bezahlen werden. Aber ich hab keine Ahnung, was genau er damit gemeint hat.«
    »Erpressung«, erklärte Monk.
    »Ja.Von den Kerlen wird man wohl keinen so weit kriegen, dass er zur Polizei rennt, oder?«
    Monk achtete weiter darauf, seiner Stimme und seinem Gesicht keine Regung anmerken zu lassen. »Unwahrscheinlich«, stimmte er zu. »Zumindest war bisher keiner bei mir.«
    Der Leichterschiffer wandte sich langsam zu Monk um. Er war ein hagerer, grobknochiger Mann, doch seine Bewegung, die völlig spontan war, hatte etwas Elegantes. Vor Überraschung ließ er für einen Moment seinen Schutzpanzer fallen. »Dann sind Sie gar nich’ so blöd, was? Möge Gott Ihnen helfen, wenn der Kerl Sie kriegt. Mehr kann ich nich’ dazu sagen.«
    Sosehr er sich bemühte, Monk konnte dem Mann keine weiteren Informationen entlocken, und zwanzig Minuten später waren er und Scuff wieder an Land.
    »Sie wollen seine Kunden auf ihn hetzen?«, fragte Scuff voller Ehrfurcht. »Wie wollen Sie das denn anstellen?« Sein Gesicht nahm einen besorgten Ausdruck an.
    »Mir ist noch nicht ganz klar, was ich tun werde.« Monk setzte sich wieder in Bewegung. Sie befanden sich jetzt am Nordufer, in der Nähe der Polizeiwache von Wapping. »Zunächst einmal muss ich sehr viel mehr über ihn in Erfahrung bringen.«
    »Wenn Sie endgültig beweisen können, dass er Fig umgebracht hat, wird er dann gehängt?«
    »Nein.« Monk achtete darauf, kleinere Schritte zu machen, auch wenn er keine Ahnung hatte, wohin er eigentlich unterwegs war. Doch das brauchte der Junge nicht zu wissen. Allerdings dämmerte ihm, dass Scuff ein weit scharfsichtigerer Menschenkenner war, als er ihm das bisher zugetraut hatte. Ihn beunruhigte, dass ihn ein Elfjähriger so mühelos durchschauen konnte. »Nein«, bekräftigte er. »Er ist für nicht schuldig befunden worden. Jetzt können wir ihn nicht noch einmal dafür vor Gericht stellen, egal, was wir finden. Selbst wenn er gestehen würde, wären uns die Hände gebunden.«
    Scuff blieb stumm. Die Lippen fest aufeinandergepresst, wandte er sich Monk zu und musterte ihn von oben bis unten.
    Mit einem bitteren Nachgeschmack wurde Monk bewusst, dass der Junge taktvoll war. Einerseits rührte ihn das, doch es tat ihm auch weh. Scuff hatte Mitleid mit ihm, weil er einen Fehler begangen hatte und nicht wusste, wie er ihn korrigieren konnte. Damit war er ein Schatten des brillanten, zornigen jungen Mannes, der er bei der Metropolitan Police an Land gewesen war, wo sich Kriminelle und korrupte Polizisten gleichermaßen vor ihm gefürchtet hatten.
    »Dann kriegen wir ihn eben wegen was anderem dran«, sagte Scuff. »Was könnte das sein? Diebstahl? Fälscherei? Soviel ich weiß, gibt er sich mit so was nich’ ab. Geklaute Sachen verkaufen? Das hat er auch noch nie gemacht. Und weil er auch nich’ schmuggelt, braucht er die Männer vom Zollamt nich’ zu schmieren.« Er verzog das Gesicht zu einer unausgesprochenen Frage.
    »Das weiß ich auch nicht«, gab Monk offen zu. »All das muss ich erst noch herausfinden. Er betreibt ja viele Geschäfte. Vielleicht ist Fig nicht der einzige Junge, den er umgebracht hat. Aber ich brauche etwas, das ich als Beweis verwenden kann.«
    Scuff gab ein teilnahmsvolles Schnauben von sich. Er musste sich immer noch sehr anstrengen, um mit Monk Schritt zu halten. Dieser überlegte schon, ob er etwas langsamer gehen solle, hielt es dann aber für klüger, den Jungen nicht merken zu lassen, dass ihm seine Schwierigkeiten aufgefallen waren.
    Der Polizeiarzt war ein vielbeschäftigter und darum ungeduldiger Mann. Er empfing sie in einem der mit Stein gefliesten, karg eingerichteten Nebenräume der Leichenhalle. Da er soeben eine Autopsie durchgeführt hatte, war er noch immer mit Blut bedeckt.
    »Verpfuscht habt ihr das, nicht wahr!«, stieß er bitter hervor. Es war eine Anklage, keine Frage. Er warf einen Seitenblick auf Scuff, nur um ihn dann zu ignorieren. »Wenn Sie meinen, dass ich Sie rette oder entschuldige, vergeuden Sie nur Ihre Zeit.«
    Scuff stieß einen Wutschrei aus, den er sogleich wieder unterdrückte. Er hatte Angst, Monk würde ihn wegschicken und er könne sich dann nicht mehr nützlich machen. So stand er in seinen merkwürdigen Stiefeln da, das Gewicht unablässig von einem Fuß auf den anderen verlagernd, und funkelte den Arzt an.
    Monk bezähmte

Weitere Kostenlose Bücher