Galgenfrist fuer einen Toten - Der 1 DOUGLAS BRODIE Thriller
Besprechungen.«
»Kennen Sie diesen Allardyce? Ich meine, haben Sie ihn vor dem heutigen Tag schon einmal gesehen?«
»Nein, eigentlich nie.«
»Woher wissen Sie dann, dass es Allardyce war?«
Die Empfangsdame sah mich mitleidig an, als wäre ich ein Schwachkopf, und mischte sich in unser Gespräch ein. »Das war der Name, den er uns nannte.«
»Also haben Sie keinen Beweis dafür, dass es wirklich der Oberrichter war?«
Der Portier und die Empfangsdame tauschten einen peinlich berührten Blick aus. Schließlich ergriff der Portier wieder das Wort. »Geht’s ihr jetzt wieder besser, Sir?«
»Wie bitte? Was meinen Sie mit besser? «
»Anscheinend ging es der Anwältin nicht so gut, als sie hier war. Nicht lange, nachdem ich sie zu Zimmer 301 gebracht hatte, vielleicht 20 Minuten später, fuhr sie mit dem Fahrstuhl wieder nach unten. Der Diener von Oberrichter Allardyce hat sie gestützt und nach draußen geführt. Ich hab ihr noch angeboten, ein Taxi zu rufen, Sir.«
»Wann war das?«
»Gegen Mittag, Sir.«
»Ist Allardyce auch dabei gewesen?«
»Nein, Sir, er ist auf seinem Zimmer geblieben.«
»Und ist der Diener zurückgekommen?«
»Nicht dass ich wüsste, Sir. Hat gesagt, er werde sich um die Dame kümmern, sie bräuchten kein Taxi. Er wollte sie selbst nach Hause bringen. Ist dann mit dem Wagen losgefahren.«
»Was war das für ein Wagen?«
»Ich nehme an, der vom Oberrichter. Ein Austin, glaube ich.«
»Hat er die ganze Zeit vor dem Hotel geparkt?«
»Zumindest schon eine ganze Weile, soweit ich mich erinnere.«
»Und Sie haben zugelassen, dass ein Fremder mit einer Frau, der es schlecht geht, in einem fremden Wagen davonfährt?«
Er nickte mit ängstlicher Miene. Ausgerechnet so kurz vor der Rente sah Stan großen Ärger auf sich zukommen.
»Hat dieser Diener Ihnen seinen Namen genannt?«
Die Empfangsdame wirkte inzwischen genauso verzweifelt wie Stan. »Nein, Sir, leider nicht.«
»Aber ich würde ihn jederzeit wiedererkennen«, versicherte Stan eilig.
»Wie das?«
»Wegen seines roten Schnauzers. Sah aus, als hätte er einer Katze das Fell abgezogen.«
Die Worte stachen mir ins Herz, als hätte Slattery höchstpersönlich ein Messer hineingerammt.
38
»Zimmer 301, sagten Sie? Haben Sie einen Generalschlüssel?«, wollte ich von der Empfangsdame wissen.
»Ja, Sir.«
»Holen Sie Ihren Vorgesetzten.«
Gleich darauf fuhren der Hotelmanager, ein aalglatter Engländer, vermutlich strafversetzt nach Schottland, und ich mit dem Aufzug in die dritte Etage. An der Türklinke begrüßte uns ein Bitte nicht stören!- Schild.
»Schließen Sie auf!«, forderte ich den Engländer auf.
»Wir können doch nicht einfach in ein Zimmer hineinplatzen, wenn der Gast vorher zum Ausdruck bringt, dass er nicht gestört werden möchte, Sir. Noch dazu, wenn es sich um einen Richter handelt.«
»Aus Ihrem Hotel ist eine Frau entführt worden«, gab ich mit zusammengebissenen Zähnen zurück. »Sie schwebt in Lebensgefahr. Öffnen Sie die Tür, sonst trete ich sie ein!«
Er hantierte mit den Schlüsseln herum und klopfte dabei mehrfach höflich an. Als er merkte, dass ich kurz vor der Explosion stand und im Kopf mehrere Szenarien durchspielte, um die Tür aus den Angeln zu heben, schloss er endlich auf. Ich stürmte in den Salon, der völlig unberührt wirkte. Aber im Flur roch es seltsam. Mein Blick fiel auf ein weißes Taschentuch an der Eingangstür, das ich aufhob und mir vor die Nase hielt. Der ätzende Gestank griff meine Schleimhäute an und machte mich benommen. Er erinnerte mich an Zahnarztstühle und Krankenhäuser. Chloroform. Auf dem Fußboden, halb unter eine Kommode gerutscht, lag eine Akte. Sams Akte. Ich bückte mich danach.
Gleich darauf drang von der offenen Tür zum Schlafzimmer ein Keuchen herüber. Was der Engländer in dem Raum entdeckt hatte, schien ihn aus der Fassung zu bringen. Ich schob ihn ungeduldig zur Seite.
Auf dem Fußboden lag ein Mann mit aufgedunsenem, bläulich angelaufenem Gesicht auf dem Rücken. Um seinen Hals war eine Schnur geschlungen, im Gegensatz zum bedauernswerten Pater hatte man ihm allerdings die Würde seiner Kleidung gelassen. Falls es sich um Oberrichter Craig Allardyce handelte, dann hatte er auf die harte Tour herausgefunden, wie es sich anfühlte, wenn eines seiner Todesurteile vollstreckt wurde.
Ich ließ das in Chloroform getauchte Taschentuch zu Boden fallen, nahm Sams Akte jedoch an mich. Der Manager konzentrierte sich unterdessen auf die
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