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Galgentochter

Galgentochter

Titel: Galgentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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war das schlecht? Sie gaben Widerworte? Lag darin das Unheil?
    «Womit fesseln die Weiber den Geist des Mannes?», schrie der Priester. Er war aufgestanden, hatte sich vor das Mädchen gehockt. In seinen Mundwinkeln war weißer Schaum zu sehen.
    «Mit ihrer Punze, Weib. Mit ihrer Punze.»
    Der Atem des Mannes schlug ihr heiß ins Gesicht. Seine Augen loderten noch immer. Das Haar hing ihm wirr in die Stirn, von seinen Lippen spritzte Speichel.
    «Wie oft hast du deine Punze schon benutzt, um einen Mann um den Verstand zu bringen?», stieß er hervor.
    Das Mädchen blickte auf den Boden, überlegte angestrengt, was der Pfarrer meinen könnte, aber ihr fiel nichts ein.
    Da griff der Pfarrer nach ihrem Haar, riss daran, riss ihren Kopf hoch, sodass sie ihn ansehen musste. «Ich weiß es nicht», flüsterte sie.
    Da stieß der Pfarrer ihren Kopf auf den Boden. Sie kippte vornüber, ihr Rock verschob sich, entblößte ihren Hintern.
    «Ha!», schrie der Pfarrer. «Ha! Ich sage es doch. Verdorben bis ins Mark. Gar in meinem Haus zeigt sie ihr Punzlein.»
    Jetzt wusste das Mädchen, was er meinte, richtete sich auf, strich den Rock zurück.
    «Erzähl mir, wie du mit deiner Punze die Männer um den Verstand gebracht hast. Los, sprich, Weib, damit ich dir den Teufel austreiben kann.»
    Das Mädchen schluckte. Dann berichtete sie von ihrer Mutter. Tat es so, als hätte sie die Dinge getan und erlebt.Als sie davon sprach, wie der Ast in das Loch fuhr, flackerten die Augen des Pfarrers dunkel auf. Das Mädchen zögerte.
    «Weiter, sprich weiter!»
    Das Mädchen wusste nicht weiter. «Der Mann hat aufgestöhnt und geschrien», stammelte sie. «Dann hat er seinen Ast aus dem Loch gezogen.»
    «Wie sah er aus, der Ast?», wollte der Pfarrer wissen.
    Das Mädchen überlegte. Es war immer dunkel im Zimmer gewesen. «Kleiner», sagte sie. «Wie ein Wurm hat der Ast ausgesehen. In der Frau hat er sich verwandelt. Ja, so war es. Aus einem Ast ward ein Wurm.»
    Der Pfarrer hatte die Augen geschlossen, das Gesicht zu einer Grimasse verzogen. «Da steckt der Teufel im Weib. Nur er ist in der Lage zu verwandeln. Das ist der Beweis!» Er ließ sich auf einen Schemel sinken.
    Nach wenigen Augenblicken – dem Mädchen schien die Zeit endlos – stand er auf und hob die Peitsche.
    «Ich werde dich jetzt strafen», sprach er. «Hast selbst zugegeben, dass du mit dem Teufel im Bunde warst.»
    Das Mädchen schluckte. Der Pfarrer ging zum Tisch, nahm die Kerze aus dem Leuchter und drückte sie dem Mädchen in die Hand.
    «Leg dich über den Schemel», befahl er. «Leg dich so, dass du die Kerze in beiden Händen hältst. Ich werde dich strafen. Du aber sprichst dabei das Vaterunser.»
    Das Mädchen tat wie befohlen. Das heiße Wachs der Kerze rann über ihre Finger, aber sie verzog nur den Mund. Der Schemel drückte auf ihren Bauch, der Oberkörper hatte keinen Halt. Schon nach wenigen Augenblicken schmerzte ihr der Rücken.
    Der Pfarrer stand hinter ihr. Sie hörte, wie er die Peitsche schwang. Als der erste Schlag sie traf, schrie sie auf.
    «Das Vaterunser!», befahl der Pfarrer.
    «Vater unser», flüsterte das Mädchen und zuckte unter dem nächsten Schlag zusammen.
    «Der du bist im Himmel.» Wieder ein Schlag.
    «Geheiligt werde dein Name!» Jetzt stiegen ihr die Tränen in die Augen.
    «Dein Reich komme!», schrie sie und ließ die Tränen laufen.
    «Dein Wille geschehe!» Der nächste Schlag nahm ihr die Luft.
    «Wie im Himmel, so auf Erden!» Das Wachs der Kerze lief über ihre Hände, ihr Hintern brannte wie das Höllenfeuer, sodass die nächsten Worte waren wie ein Schrei.
    «Unser tägliches Brot gib uns heute!»
    Obwohl vom Schmerz halb ohnmächtig, hörte sie doch den Pfarrer hinter sich schnaufen. «Ja!», brüllte er bei jedem neuen Hieb.
    «Und vergib uns unsere Schuld!»
    «Ja!»
    «Wie auch wir vergeben unseren Schuldigern!»
    Der Dielenboden, auf den sie die ganze Zeit starrte, verschwamm vor ihren Augen. Sie spürte, wie die Haut auf ihrem Hintern bei jedem neuen Schlag ein wenig mehr aufplatzte, der Stoff ihres Kleides sich mit Blut vollsog.
    «Und führe uns nicht in Versuchung!»
    Der Schlag nahm ihr den Atem, malte die Welt vor ihren Augen schwarz. Sie ließ die Kerze fallen.
    «Sondern erlöse uns von dem Übel!»
    Sie konnte nur noch flüstern und stammeln, wusste kaum, was sie sagte.
    «Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit!»
    Die Worte kamen abgehackt, mal als Schrei, mal als raues

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