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Galgentochter

Galgentochter

Titel: Galgentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Gewandschneider kennen?»
    «Der Henker», entfuhr es dem Richter. «Der Steuereintreiber. Der Medicus. Die Kräuterfrau. Der Abortreiniger. Marktleute.»
    Hella nickte. «Zwei der Toten kamen aus der Vorstadt. Wir sollten also unser Augenmerk auf die Vorstadt richten. Meine zweite Frage lautet: Aus welchem Grund hat der Mörder seine Opfer zu Tode gebracht? Die dritte: Wie hat er es gemacht? Die vierte: Zu welcher Tageszeit? Die fünfte: An welchem Ort? Und die sechste: Auf welchem Wege transportierte der Mörder die Leichen auf den Galgenberg?»
    Der Richter schrieb so schnell, dass die Feder über das Papier kratzte. Er ließ sich die letzte Frage noch einmal wiederholen, dann ließ er die Feder sinken, verschloss das Tintenfass und lehnte sich ebenfalls zurück.
    «Du hast dir dieselben Fragen gestellt, die ich mir auch gestellt habe», sagte er nachdenklich. «Aber all diese Fragen bringen uns keinen Schritt weiter.»
    Hella hatte sich wieder nach vorn gebeugt und die Hand ins Kinn gestützt. Sie sah in die Kerzenflamme. «Es gehört eine Menge Hass dazu, jemanden unter einen Galgen zu legen und über ihm einen Hund aufzuknüpfen.» Kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen, blickte sie hoch. «Hat schon jemand den Abdecker gefragt, wer bei ihm in der letzten Zeit tote Hunde gekauft hat?»
    Der Richter schüttelte den Kopf. «Bisher waren wir ja davon ausgegangen, dass es sich um einen Selbstmord undeinen halben handelt. Es gab keinen Grund, den Abdecker zu befragen. Und auch jetzt glaube ich nicht, dass er uns weiterhelfen kann. Der Mörder ist klug. Dumm aber wäre er, hätte er die Hunde beim Abdecker erworben. Er wird sie von der Straße gefangen haben. Was denn sonst?»
    «Hmm», machte Hella, dann stand sie auf. «Ich bin sehr müde, Heinz. Lass uns ins Bett gehen.»
    Sie löschte die Kerze, dann begaben sich Mann und Frau ins Schlafgemach. Für einen Augenblick kam Hella ihr Kinderwunsch in den Sinn, aber dann entschied sie, dass die Schwangerschaft ruhig noch einen Tag warten könne. Sie war zu müde.
    Doch als sie dann neben Heinz im Bett lag, fand sie keinen Schlaf.
    «Musikanten», sagte sie. «Fahrendes Volk. Gaukler, Schauspieler.»
    «Was ist mit Musikanten?», fragte Heinz schläfrig.
    «Sie sind es, die alle drei Toten gekannt haben könnten.»

Kapitel 20
    «Wir müssen uns beeilen», sagte die Hebamme. «Setz einen Kessel mit Wasser auf. Wenn es kocht, gib das Bilsenkraut hinein und lass die Brühe so lange sieden, bis sich das Kraut bräunlich verfärbt.»
    Das Mädchen tat, wie es die Hebamme geheißen hatte.
    Als die ersten Dämpfe aus dem Kessel aufstiegen, band die Hebamme dem Mädchen ein Tuch vor Mund und Nase. «Bleib so weit weg, wie es nur geht. Schon die Dämpfe können dich in einen Rauschzustand bringen. Öffne die Fenster, mach auch die Tür auf. Es schadet nichts, wenn es Durchzug gibt.»
    Die Hebamme ließ sich seufzend auf der Küchenbank nieder, legte die Beine auf einen Schemel und stöhnte genüsslich auf. Nach einer Weile sagte sie: «Jetzt nimm den Kessel vom Feuer. Warte, bis die Mischung abgekühlt ist, dann seihe die Flüssigkeit durch ein Tuch.»
    Das Mädchen folgte den Anweisungen. Einen Teil der durchgeseihten Bilsenkrautmischung füllte sie in einen Krug, den sie mit einem Wachsstopfen verschloss. Den anderen Teil nahm die Hebamme mit hinunter in den Keller. «Ich werde einen Auszug mit Branntwein daraus herstellen», erwiderte sie.
    Das Mädchen wollte mit, doch die Hebamme hielt es zurück. «Du hast für heute genug gelernt. Räume die Kücheauf und bereite das Abendmahl vor. Wir sollten mit dem Essen fertig sein, bevor der Städter kommt.»
    Das Mädchen räumte ordentlich jeglichen Hinweis auf das Bilsenkraut fort und fegte die Küche. Danach putzte sie junge Möhren und kochte aus Bauchspeck, Zwiebeln, Sellerie, Petersilie, Pastinaken und Möhren einen guten Eintopf.
    Sie hörte, wie die Hebamme schwerfällig die Kellertreppe heraufkam. Im gleichen Augenblick hämmerte jemand gegen die Tür.
    Das Mädchen lief, um zu öffnen. Ein Junge, etwas jünger als sie, stand keuchend und mit hochrotem Gesicht vor ihr. «Wo ist die Hebamme?», fragte er.
    Das Mädchen wies mit der Hand zur Küche. Der Junge stürzte voraus. «Meine Mutter. Es geht los. Ihr müsst kommen. Sie sagt, das Kind liege falsch. Sie hat Angst. Schnell, Ihr müsst Euch eilen.»
    «Ganz ruhig, mein Junge», seufzte die Hebamme und warf einen Blick nach dem Kessel, aus dem der Eintopf herrlich

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