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Galgentochter

Galgentochter

Titel: Galgentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Geldwechslerin zusammen.» Dann verließ er die Schlafstube und ging in sein Arbeitszimmer, um die Akten in einer ledernen Mappe zu verstauen.
    Hella folgte ihm, lehnte im Türrahmen. «Was ist nun? Nimmst du uns mit?»
    Der Richter richtete sich zu voller Größe auf, bog die Schultern nach hinten und reckte das Kinn. «Ich mache mich lächerlich, wenn ich dem Leichenbeschauer mitteile, dass meine Frau und meine Schwiegermutter mitkommen möchten.»
    Hella lächelte fein. «Wir machen es so, Heinz. Du fragst den Leichenbeschauer. Und wenn er einverstanden ist, nimmst du uns mit. Wenn nicht, so bleiben wir, wo wir sind.»
    «Versprichst du das, Hella? Versprichst du, dass ihr uns nicht heimlich folgt und wie die Schachtelkasper plötzlich vor dem Scharfrichterhaus auftaucht?»
    Hella lachte nun laut über Heinz Blettners ängstliche Miene. «Du musst keine Angst haben, Heinz. Ich will dich ganz bestimmt nicht lächerlich machen. Aber helfen möchte ich dir, wo ich nur kann. Du weißt ja, Frauen   …»
    «…   sehen Dinge, die den Männern verborgen bleiben.»
    Hella kicherte. «Umgekehrt gilt dies natürlich auch.»
    «So? Tatsächlich?»
    «Ja. Wenn ein Mann schmutzige Fingernägel hat, weißt du sicher eher als ich, ob der Dreck von Erdarbeiten oder von dunklem Öl stammt.»
    «Und ob ich das weiß!»
    «Siehst du: Wenn Männer und Frauen zusammenarbeiten, erzielen sie die besten Ergebnisse.»
    Jetzt zog Heinz erneut die Augenbrauen zusammen.«Wahrhaftig, du bist zu oft mit diesem rothaarigen Geldwechslerweib zusammen.» Er hob den Zeigefinger. «Dieses Weib hat uns Gott, der Herr, geschickt, damit wir stets an den Teufel denken! Und deine Mutter, meine Liebe, ist nicht viel besser. Hat sie doch neulich sogar behauptet, der Mann sei für die Frau geschaffen und die Frau für den Mann. Pater Nau wäre beinahe ein Bissen im Halse stecken geblieben!»
    Hella lachte lauthals los, umarmte ihren Mann und küsste ihn mehrmals auf beide Wangen. Dann sprach sie: «Ich laufe jetzt zu Gustelies. Wir treffen uns vor dem Haus des Scharfrichters.»
    Richter Blettner seufzte noch einmal, dann fügte er sich in sein Schicksal.
     
    Eine Weile später warteten Hella und ihre Mutter vor dem Scharfrichterhaus auf den Richter und den Leichenbeschauer. Hella betrachtete die ärmlichen Katen, die nackten Kinder, die davor im Dreck spielten. Unrat lag überall. Nachtgeschirre wurden achtlos neben den Katen geleert, räudige Hunde strichen durch die Gegend, magere Katzen flohen vor fetten Ratten. Hella schüttelte sich. «Der Herr möge mich davor bewahren, jemals hier leben zu müssen.»
    «Die Leute haben ihr Los nicht gewählt. Wäre das möglich, gäbe es in diesem Land nur Könige, Erzbischöfe und Kurfürsten. Wer arm geboren ist, bleibt sein Leben lang arm.»
    «Ja», sagte Hella und wandte den Blick nach dem Stadttor. «Sie kommen.»
    Der Leichenbeschauer strahlte über das ganze Gesicht, als er Gustelies erblickte. «Ich freue mich sehr, Euch einmal wiederzusehen.»
    «Ach?», fragte der Richter. «Ihr kennt euch?»
    Gustelies wurde ein wenig rot, der Leichenbeschauer aber erwiderte: «Und ob wir uns kennen. Schließlich war ihr verstorbener Mann Richter. Sie ist nicht das erste Mal bei einer Leichenschau dabei. Und die werte Frau Tochter ebenfalls nicht. Frauen sehen mehr als Männer, das sagte sie immer und brachte so manchen Hinweis, den wir übersehen hatten.»
    Der Richter verdrehte die Augen und drohte seiner Frau hinter dem Rücken der anderen mit dem Zeigefinger. Dann klatschte er in die Hände. «Dann los!»
    Der Scharfrichter brachte den Schlüssel für den Nebenbau, dazu zwei Fackeln und mehrere Leuchter mit Talglichtern.
    «Kannst du die Bretter von den Fenstern entfernen? Wir brauchen mehr Licht als das der Kerzen», sagte der Leichenbeschauer. Der Scharfrichter zog eine saure Miene.
    Gustelies drängte sich vor. «Das ist viel Arbeit. Die Bretter müssen abgenommen und danach wieder vernagelt werden. So manches wird dabei zu Bruch gehen, die in Öl getränkten Tücher werden reißen. Der Henker hat Arbeit und die Kosten obendrein. Lass die Henkersfrau lieber die Wäscheleine über den Hof ziehen und Bettlaken daranhängen.»
    «Was redest du da?», fragte Heinz Blettner. «Wir sind nicht hier, um dem Henker beim Waschtag zu helfen.» Sein Gesicht zeigte deutlich, dass er es längst bitter bereut hatte, Frau und Schwiegermutter mitgebracht zu haben.
    «Lass die Henkersfrau Bettlaken aufhängen», wiederholte

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