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Galgentod

Galgentod

Titel: Galgentod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Schwab
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Recktenwald nie hier gewesen.
    Schnur setzte für seinen Bericht neu an, weil er unkonzentriert war. Doch auch dieser Versuch scheiterte, weshalb er das Band zurückspulte und wieder einen neuen Versuch unternahm.
    Was war nur mit ihm los?
    Müde und unmotiviert griff er nach dem Telefonhörer und wählte Kullmanns Handynummer. Es überraschte ihn schon nicht mehr, den Spruch »Der Teilnehmer ist vorübergehend nicht zu erreichen. Versuchen Sie es später noch einmal« zu hören.
    Wütend knallte er den Hörer zurück auf die Gabel.
    Diese Wut staute sich in ihm an, wollte ihn gar nicht mehr loslassen, bis er eine Idee hatte.
    Wie von der Tarantel gestochen erhob er sich von seinem Platz, verließ das Büro und das Gebäude. Auf dem Parkplatz steuerte er sein Privatfahrzeug an und fuhr los.
    Vor Kullmanns Haus geriet seine Entschlossenheit ins Wanken. War es richtig, einfach dort aufzutauchen? Aber nun war er schon so weit gegangen, nun wollte er nicht unverrichteter Dinge wieder zurück. Also stieg er die vielen Treppenstufen nach oben und klingelte.
    Martha öffnete. Sie lachte, als sie ihren Besucher sah, und bat ihn herein.
    In der Küche stellte Schnur sofort fest, dass Norbert Kullmann nicht zuhause war. Enttäuscht ließ er sich auf einen Stuhl am Tisch sinken, an dem Martha damit beschäftigt war, Gemüse zu schneiden.
    »Norbert ist wieder mal in Frankreich«, erklärte Martha überflüssigerweise.
    Schnur nickte.
    »Wo ist Lisa?«, fragte er.
    »Im Kindergarten. Ich habe die Betreuung jetzt ganz allein«, erklärte Martha stolz. »Und ich mache es gern.«
    »Deshalb das gesunde Essen«, stellte Schnur schmunzelnd fest.
    »Wie kann ich dir helfen?« Die kleine, rundliche Frau schaute Schnur aus großen, dunklen Augen an, denen nichts verborgen blieb. Er kannte Martha bestimmt schon genauso lange wie Kullmann. Sie hatte damals eine Kneipe ganz in der Nähe des ehemaligen Landeskriminalamtes geführt, in der sie gutes saarländisches Essen zu guten Preisen angeboten hatte. Damals hatten alle Kollegen mit Begeisterung dort ihre Mittagspausen verbracht, denn von Marthas Portionen wurden alle satt – auch der größte Vielfraß.
    Als Kullmann am Tag seiner Pensionierung bekannt gegeben hatte, dass er Martha heiraten würde, war die Überraschung gelungen. Aber der Schachzug war geschickt gewesen, dachte Schnur jedes Mal, wenn er Martha sah. Eine bessere Lebenspartnerin hätte Kullmann nicht finden können. Denn Martha war nicht nur eine gute Wirtin und Köchin. Sie war für Kullmann eine wunderbare Gefährtin, die ihn in allem unterstützte, was er tat. Auch seine Angewohnheit, trotz Pensionierung immer wieder Polizeiarbeiten zu verrichten, nahm sie geduldig in Kauf, obwohl es schon so manches Mal gefährlich für ihn geworden war.
    Genauso verhielt es sich jetzt.
    Kullmann hatte Anke nach Frankreich begleitet, ein Schritt, den Martha niemals in Frage gestellt hätte.
    Schnur dagegen schon, weshalb er sich in diesem Augenblick direkt schäbig vorkam. Sein Motiv, mit Kullmann zu sprechen, war schon so etwas wie ein Hilfeschrei, weil er mit seiner Arbeit nicht mehr weiterkam. Bisher war Kullmann immer da gewesen. Nie wurde darüber nachgedacht, dass es eigentlich ein Glücksfall für sie war, einen erfahrenen Mann wie Kullmann unter ihnen zu haben. Nie wäre jemand auf die Idee gekommen, dass der ehemalige Kriminalist auch mal eigene Wege gehen könnte.
    Bis jetzt.
    Nur mühsam gelang es Schnur, seine Bitte vorzutragen: »Ich muss unbedingt mit Norbert sprechen, weil ich in dem Fall, den wir zurzeit bearbeiten, nicht mehr weiter weiß.«
    Martha antwortete schmunzelnd: »Hast du ihn über Handy nicht erreichen können?«
    »Nein.«
    »Ich gebe dir eine Festnetznummer in Frankreich, wo ich ihn immer anrufe. Ich kann dir aber nicht versprechen, dass er gerade dort ist.«
    »Macht nichts.« Schnur spürte Hoffnung aufkeimen. »Einen Versuch ist es wert.«
    Martha wählte eine lange Nummer, dann überreichte sie ihm den Hörer.
    Es tutete lange durch.
    Schnurs Hoffnung sank.
    Plötzlich hörte er ein Rascheln. Dann ein Brummen, das er eindeutig als »Kullmann« zu erkennen glaubte.
    Schnur meldete sich zögerlich.
    Sofort klang die Stimme deutlicher. Er hatte tatsächlich Norbert Kullmann am Apparat. Schnur würde am liebsten einen Luftsprung machen vor Erleichterung.
    »Wie kann ich dir helfen, Jürgen?«, lautete schon gleich Kullmanns erste Frage.
    Schnur fühlte sich so ertappt, dass er am liebsten im Boden

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