Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition)
wobei ich nichts erreiche und dadurch lerne … lerne, dass mein Körper und alles müde und krank und schlapp wird, und auf die Art alles über Hakuyu erfahren.»
«Wer ist Hakuyu?»
«Sein Name bedeutete ‹Weiße Finsternis›, sein Name bedeutete ‹Der in den Hügeln hinter dem Nördlichen Weißen Wasser lebte›, wo ich hinwandern will, mein Gott, das muss voll von steilen, waldigen Schluchten und Bambustälern und kleinen Klippen sein.»
«Ich komme mit!» (ich).
«Ich will von Hakuin lesen, der seinen Alten besuchte, der in einer Höhle lebte, zusammen mit Tieren schlief und Kastanien aß, und der Alte sagte ihm, er sollte aufhören zu meditieren und stattdessen lernen, wie man einschläft und aufwacht, sagte, wenn man einschläft, soll man die Beine zusammenlegen und tief atmen und dann seine Gedanken auf eine Stelle zweieinhalb Zentimeter unterhalb des Bauchnabels konzentrieren, bis man fühlt, wie sich da die Kraft ballt, und dann von den Hacken bis oben hin durchatmen, Konzentration sein und sich sagen, dass eben dies Zentrum da Amidas Reines Land ist, das Zentrum des Geistes, und wenn man aufwacht, soll man zuerst bewusst atmen und sich ein bisschen strecken und im Übrigen dieselben Gedanken denken, siehst du.»
«Das gefällt mir, verstehst du», sagt Alvah, «wenn etwas mit so greifbaren und konkreten Hinweisen versehen ist. Was noch?»
«Im Übrigen, sagte er, spar dir die Mühe, über irgendwas nachzudenken, iss gut, nicht zu viel, und schlaf gut, und der alte Hakuyu sagte, er hätte damals schon seine dreihundert Jahre auf dem Buckel, und meinte, er würde es noch fünfhundert Jahre machen, mein Gott, das bringt mich auf den Gedanken, er muss immer noch da oben sein, wenn es ihn überhaupt gibt.»
«Oder der Hirte hat seinen Hund getreten!», wirft Coughlin ein.
«Ich wette, ich kann die Höhle in Japan finden.»
«Man kann in dieser Welt nicht leben, aber man kann nirgendwo hin», lacht Coughlin.
«Was heißt das?», frage ich.
«Das heißt, der Stuhl, auf dem ich sitze, ist ein Löwenthron, und der Löwe schreitet, er brüllt.»
«Was sagt er?»
«Sagt: Rahulal Rahula! Antlitz der Herrlichkeit! Das All zerkaut und verschluckt!»
«Ach Quatsch», brülle ich.
«Ich gehe in ein paar Wochen nach Marin County», sagte Japhy, «hundert Mal um Tamalpais rumwandern und die Atmosphäre reinigen helfen und die Geister dort an den Klang der Sutra gewöhnen. Was meinst du, Alvah?»
«Ich meine, das ist alles eine schöne Halluzination, aber irgendwie steh ich drauf.»
«Alvah, dein Fehler ist, dass du nachts nicht genug Zazen-Übungen machst, besonders wenn es draußen kalt ist, das ist am besten, außerdem müsstest du dich verheiraten und exotische Babys haben und Manuskripte, handgewebte Decken und Muttermilch auf deinem glücklichen, mit schäbigen Matten ausgelegten Fußboden, so wie dieser hier. Besorg dir ein Häuschen nicht zu weit aus der Stadt, lebe billig, mach mal ab und zu in den Bars einen los, schreib und treib dich in den Bergen rum und lerne Bretter zurechtzusägen und mit Großmüttern zu sprechen, du alter Idiot, hol ihnen Holz, klatsch in die Hände, wenn du einen Altar siehst, nimm übernatürliche Gunstbezeigungen entgegen, nimm Unterricht im Blumenbinden und züchte Chrysanthemen vor der Tür und verheirate dich um Gottes willen, nimm dir ein freundliches, aufgewecktes, empfindsames Mädchen, das menschlich in Ordnung ist und das auf Martinis jeden Abend und die ganze stumpfsinnige, weiße Apparatur in der Küche scheißt.»
«Oh», sagt Alvah und richtet sich freudig auf, «und was noch?»
«Denk an Mauersegler und Nachteulen, die die Felder bevölkern. Weißt du, Ray, seit gestern habe ich wieder eine Strophe von Han Shan übersetzt, hör zu:
‹Kalter Berg ist ein Haus, ohne Balken oder Wände, die sechs Türen links und rechts sind offen, die Halle ist der blaue Himmel, die Zimmer sind öde und leer, die Ostwand stößt an die Westwand, in der Mitte gar nichts. Kein Schuldner stört mich, in der Kälte lege ich ein kleines Feuer an, wenn ich Hunger habe, koche ich etwas Grünzeug, ich kann den Kulak mit seiner großen Scheune und Weide nicht gebrauchen … er baut sich nur selbst ein Gefängnis, einmal drin, kann er nicht wieder raus, denk daran, es könnte dir auch so gehen.›»
Dann nahm Japhy seine Gitarre in die Hand und sang einfach los; ein Lied nach dem anderen. Schließlich nahm ich die Gitarre und erfand ein Lied aus dem Stegreif, wobei ich die
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