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Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition)

Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition)

Titel: Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerouac
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Saiten auf alle möglichen Arten zupfte, eigentlich mit den Fingerspitzen trommelte, strumm strumm strumm, und sang das Lied vom Midnight Ghost-Güterzug. «Das handelt vom Midnight Ghost in Kalifornien, aber weißt du, woran ich dabei denken muss, Smith? An heißen, sehr heißen Bambus, der da draußen bis zu vierzig Fuß hoch wird und sich in der Brise und der Hitze sausend hin und her dreht, und ein paar Mönche machen irgendwo Krach auf ihren Flöten, und wenn sie Sutras vortragen mit dem stetigen Trommelbeat eines Kwakiutl-Tanzes und Riffs auf den Glocken und Stöcken, dann hört sich das an wie eine große prähistorische Coyotebeschwörung … Dinge, die in euch verrückten Typen tief eingegraben sind, gehen auf die Zeiten zurück, als Männer Bären heirateten und mit dem Büffel sprachen, mein Gott. Gib mir noch was zu trinken. Passt immer auf, Leute, dass eure Socken gestopft und eure Stiefel gefettet sind!»
    Aber als ob das nicht genügte, sagt Coughlin ganz ruhig im Schneidersitz: «Spitzt eure Bleistifte, zieht euch die Schlipse glatt, putzt eure Schuhe und knöpft euch die Hosenschlitze zu, putzt die Zähne, kämmt die Haare, fegt den Boden, esst Blaubeertorte, macht die Augen auf …»
    «Esst Blaubeertorte ist gut», sagt Alvah und spielt ernst mit seiner Lippe.
    «Und wenn man dann noch bedenkt, dass ich mich die ganze Zeit unwahrscheinlich angestrengt habe, aber der Rhododendronbaum ist nur halb aufgeklärt, und Ameisen und Bienen sind Kommunisten, und Straßenbahnen langweilen sich zu Tode.»
    «Und kleine japanische Jungen im Vorortzug singen Inky Dinky Parly Voo!», schreie ich.
    «Und die Berge leben in völliger Unwissenheit, darum gebe ich es nicht auf, zieh dir die Schuhe aus und steck sie dir in die Tasche. Nun habe ich alle deine Fragen beantwortet, zu dumm, gib mir was zu trinken, mauvais sujet.»
    «Bleib nicht dein ganzes Leben lang grün hinter den Ohren», sagt Coughlin. «Stell dich auf die Beine, du Trottel. Verstehst du, was ich meine? Mein Löwe ist satt, ich schlafe an seiner Seite.»
    «Oh», sagt Alvah, «wenn ich dies alles doch nur aufschreiben könnte!» Und ich war verwundert, ziemlich verwundert über die schnellen, wunderbaren Pfeile, die yak yak yak in mein schlafendes Gehirn eindrangen. Dann konnten wir nicht mehr gerade gehen und wurden alle betrunken. Es war eine irre Nacht. Es hörte damit auf, dass Coughlin und ich miteinander rangen und Löcher in die Wand machten und beinahe die kleine Hütte abrissen. Alvah war am nächsten Tag ziemlich wütend. Bei dem Ringkampf brach ich dem armen Coughlin praktisch ein Bein; mir selbst bohrte sich ein übler Holzsplitter zwei Zentimeter tief in die Haut, und er kam erst fast ein Jahr später wieder raus. Inzwischen erschien Morley wie ein Geist in der Tür, er trug zwei Liter Joghurt und wollte wissen, ob wir was abhaben wollten. Japhy ging gegen zwei Uhr morgens und sagte, er würde wiederkommen und mich am Vormittag abholen zu unserem großen Tag, an dem ich mit vollem Gepäck ausgerüstet werden sollte. Alles war bestens bei den Zen-Besessenen, der Krankenwagen mit den Zwangsjacken zu weit weg, um uns zu hören. Aber es war eine Art Weisheit in alledem, wie dir klar wird, wenn du einmal in der Nacht eine Vorstadtstraße entlanggehst und links und rechts Häuser, eins nach dem anderen, in jedem das Licht der Wohnzimmerlampe, goldleuchtend, und darin das kleine blaue Viereck des Fernsehens, jede lebende Familie konzentriert ihre Aufmerksamkeit auf das Programm, wahrscheinlich alle auf dasselbe; keiner spricht; Schweigen in den Höfen; Hunde bellen dich an, weil du auf Menschenfüßen vorbeikommst statt auf Reifen. Du wirst verstehen, was ich meine, denn allmählich hat es doch den Anschein, als ob alle Menschen auf der Welt bald das Gleiche denken werden, und die Zen-Besessenen sind dann schon längst zu Staub geworden mit einem Lachen auf ihren Staublippen. Nur eins lasse ich den Leuten, die fernsehen, den Millionen und Abermillionen Rittern des Einen Auges: Sie tun niemandem etwas, wenn sie vor dem Auge sitzen. Aber Japhy tat auch niemandem etwas … Ich sehe ihn in zukünftigen Jahren mit vollem Rucksack dahinstiefeln, auf Vorortstraßen, vorbei an den blauen Fernsehfenstern der Heimstätten, allein, seine Gedanken die einzigen, die nicht elektrisch mit dem Großen Meister Schalthebel verbunden sind. Was mich betrifft, so lag die Antwort auf all diese Fragen vielleicht in meinem kleinen Buddy-Buddha-Gedicht, das so

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