Gammler, Zen und hohe Berge (German Edition)
Schlafsack und schlief gut, abgesehen davon, dass ich mich wegen der Bambusschösslinge unter den Blättern die ganze Nacht lang umdrehen musste. ‹Lieber in einem unbequemen Bett frei schlafen als in einem bequemen Bett unfrei.› Ich erfand aus dem Stegreif alle möglichen Sprüche. Ich hatte mit meiner neuen Ausrüstung ein neues Leben angefangen: ein richtiggehender Don Quichotte der Sanftmut. Am Morgen war ich heiter gestimmt und meditierte als Erstes und dachte mir ein kleines Gedicht aus:
«Ich segne euch, alle lebenden Dinge, ich segne euch in der endlosen Vergangenheit, ich segne euch in der endlosen Gegenwart, ich segne euch in der endlosen Zukunft, Amen.»
Nach diesem kleinen Gebet war ich in glänzender Stimmung. Ich packte meine Sachen zusammen und zog los in Richtung auf den Sturzbach, der von einem Felsen auf der anderen Seite der Landstraße herabkam; köstliches Quellwasser, mein Gesicht darin zu baden und meine Zähne zu putzen und zu trinken. Dann war ich fertig zur Trampfahrt über fast fünftausend Kilometer nach Rocky Mount, North Carolina, wo meine Mutter wartete und wahrscheinlich in ihrer lieben, kümmerlichen Küche den Abwasch machte.
18. Kapitel
Der populärste Schlager zu der Zeit war das von Roy Hamilton gesungene ‹Everybody’s Got a Home but Me›. Das sang ich in einem fort, als ich jetzt vergnügt loszog. Auf der anderen Seite von Riverside wurde ich sofort von einem jungen Paar bis zu einem Flugplatz acht Kilometer außerhalb der Stadt mitgenommen, und von da ab fuhr mich ein stiller Mann fast bis nach Beaumont, California, setzte mich aber noch acht Kilometer davor auf einer Schnellstraße mit doppelter Fahrbahn ab, wo höchstwahrscheinlich niemand anhalten würde, also wanderte ich weiter in die Stadt bei herrlicher, frischer Luft. In Beaumont aß ich heiße Würstchen, Frikadellen und eine Tüte Chips, und dazu trank ich ein großes Glas Erdbeer-Milk-Shake, alles zwischen kichernden Schulkindern. Dann, auf der anderen Stadtseite, nahm mich ein Mexikaner mit, der Jaimy hieß und sagte, er sei der Sohn des Gouverneurs von Baja-California, Mexiko, was ich nicht glaubte, und der ein Weinsäufer war und mich Wein für ihn kaufen ließ, den er doch nur durchs Fenster wieder ausspuckte, während er fuhr, ein schlapper, trauriger, hilfloser junger Mann, sehr traurige Augen, sehr nett, ein bisschen übergeschnappt. Er fuhr direkt bis Mexicali, etwas aus meiner Route, aber es ging noch und war weit genug für mich in Richtung Arizona.
In Calexico war Weihnachtseinkaufszeit auf der Main Street mit unglaublich vollkommenen, verwundert dreinblickenden mexikanischen Schönheiten, eine immer besser als die andere, sodass die Erinnerung an die ersten sich schon fast verflüchtigt hatte, als sie dann noch einmal vorbeiflanierten; ich stand da und guckte hierhin und dorthin, aß einen Eisbecher und wartete auf Jaimy, der sagte, er müsse noch was erledigen und würde mich wieder abholen und persönlich nach Mexicali, Mexiko, mitnehmen, damit ich seine Freunde kennenlernte. Mein Plan war, in Mexiko schön billig zu Abend zu essen und dann gleich weiterzutrampen. Jaimy ließ sich natürlich nicht blicken. Ich ging allein über die Grenze und bog gleich an der Schranke scharf nach rechts ab, um die Straßenhändler zu vermeiden, und ging mir sofort im Bauschutt das Wasser abschlagen, aber ein verrückter mexikanischer Wächter mit einer amtlichen Uniform hielt das für einen groben Verstoß und sagte irgendwas, und als ich sagte, ich wüsste von nichts (No se), sagte er: «No sabes Police? » – Frechheit, die Cops zu rufen, weil ich auf seinen dreckigen Boden gepiet hatte. Aber ich merkte hinterher und war traurig darüber, dass ich die Stelle bewässert hatte, wo er nachts saß und sich ein kleines Feuer anmachte, weil da Holzkohlen aufgestapelt waren; so ging ich auf der schlammigen Straße weiter, kleinlaut und ehrlich bekümmert, mit dem großen Gepäck auf dem Rücken, während er mir mit Leichenbittermiene nachstarrte.
Ich kam an einen Hügel und sah weite, ebene, verschlammte Flussbetten, überall üble Gerüche und Pfützen und fürchterliche Wege, wo Frauen und Esel in der Dämmerung umherstrichen, ein alter chinesisch-mexikanischer Bettler fiel mir auf, und wir blieben stehen, um ein paar Worte zu wechseln. Als ich ihm sagte, ich würde vielleicht in dieser Ebene dormiendo , schlafen gehen (in Wirklichkeit dachte ich an etwas jenseits der Ebene, im Vorgebirge), war er entsetzt
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