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Ganz oder gar nicht (German Edition)

Ganz oder gar nicht (German Edition)

Titel: Ganz oder gar nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Häusler , Lothar Matthäus
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einen Tag vorher, dass ich damit rechnen könne, auf dem Betzenberg zu spielen. Ich hätte ganz gut trainiert. Ein Mann, ein Wort, ich durfte von Beginn an ran. Meine Aufgabe war es, wie später dann häufiger, den gegnerischen Spielmacher auszuschalten, also quasi den Motor des Gegners abzustellen. In diesem Fall war das Hannes Bongartz. Ich habe nicht schlecht gespielt, Bongartz schon – und er schoss kein Tor. Doch ich dachte mir bei dem Ergebnis von 2:4, dass es das wohl gewesen wäre für mich. Aber danach war ich Stammspieler, sogar im UEFA-Pokal.
    Mein erstes Tor für Mönchengladbach gelang mir endlich am 16. Spieltag gegen Braunschweig. Ein indirekter Freistoß aus halblinker Position, 22 Meter Entfernung. Wir hatten genau diese Situation im Training einstudiert. Jupp Heynckes legte sehr viel Wert auf Standardsituationen und versuchte, meine Schussstärke aus der Distanz zu nutzen. Der Ball wurde quergepasst, und ich schoss in die Ecke, die die Mauer eigentlich hatte abdecken sollen. Das Ding ist unten links eingeschlagen, wir spielten 1:1.
    Ich gewann zwar an Routine und Selbstvertrauen und verdrängte gute Spieler wie Dietmar Danner oder Winfried Schäfer aus der Stammelf. Aber die Ligasaison 1979/80 verlief insgesamt durchwachsen, wir schlossen nur auf Platz 7 ab. Ganz anders zeigten wir uns in diesem legendären »Deutschen Jahr« des UEFA-Cups, in dem alle fünf Teams aus der Bundesrepublik ins Viertelfinale kamen. Wir schalteten Inter Mailand und St. Étienne aus, ich spielte gegen Giganten wie Beccalossi und Platini und konnte erstmals auch international auf mich aufmerksam machen. Bekanntlich kamen wir bis ins Finale, wo wir es mit Eintracht Frankfurt zu tun bekamen. Das Hinspiel in Mönchengladbach hatten wir 3:2 gewonnen, wobei das zweite Tor auf mein Konto ging. Beim Rückspiel in Frankfurt waren wir die bessere Mannschaft und hätten das Spiel frühzeitig klar für uns entscheiden müssen. Doch acht Minuten vor Schluss machte Einwechselspieler Fred Schaub das 1:0 für Frankfurt, und wir konnten nichts mehr dagegensetzen. Harald Nickel und Ewald Lienen hatten insgesamt zu viele Chancen vergeben und waren vor dem Tor zu eigensinnig gewesen – mein erster Kontakt mit großen Niederlagen.
    Dennoch: Finale, das war schon was. Und ich war Stammspieler geworden, hatte einige Tore geschossen und parallel Erfolge im Nationaltrikot gefeiert. Ich stieg von der Juniorennationalmannschaft erst in die B-, dann in die A-Nationalmannschaft auf und hatte plötzlich eine Europameisterschaft zu bestreiten. Innerhalb von zwölf Monaten! Es ist eigentlich die ganze Zeit nur nach oben gegangen. Vom Jugend-Amateurspieler aus Herzogenaurach zum Nationalspieler.
    Bei der EM 1980 in Italien hatte ich meinen ersten und einzigen Einsatz im zweiten Vorrundenspiel gegen die Holländer in Neapel. Klaus Allofs hatte uns mit 3:0 in Führung gebracht, als mich Jupp Derwall in der 73. Minute einwechselte. Ich führte mich ganz gut mit einer Offensivaktion ein und zwang den Torwart mit einem Weitschuss zu einer Parade. Irgendwann, ich glaube, es war die 79. Minute, verlor Uli Stielike den Ball auf Höhe der Mittellinie. Johnny Rep lief alleine auf unser Tor zu, doch schnell, wie ich war, holte ich ihn zwei Meter vor dem 16-Meter-Raum ein. Ich entschied mich ganz bewusst für eine Notbremse, die damals noch nicht mit Rot bestraft wurde. Ich grätschte Rep derart weg, dass er bis zum Elfmeterpunkt flog. Es staubte, er schrie. So ein Attentat konnte man sich damals erlauben, heute würde es sofort eine dunkelrote Karte geben. Der Schiedsrichter zeigte mir Gelb, ließ sich von der akrobatischen Flugeinlage täuschen und entschied auf Elfmeter.
    Meiner Meinung nach hatte ich alles richtig gemacht. Ich konnte Stielikes Fehler ausbügeln, indem ich dem Gegner klar vor dem Strafraum die Beine wegzog. Durch die fantasievolle Auslegung des Schiedsrichters wurde das Spiel allerdings noch einmal spannend. Ein 3:1 wäre ja in Ordnung gewesen, doch kurze Zeit später machten die Holländer das 3:2. Fünf Minuten lang mussten wir ums Weiterkommen zittern.
    Ich gehe davon aus, dass Jupp Derwall mir das Foul übel genommen hat. Im dritten Vorrundenspiel gegen die Türkei hat er alle Ersatzspieler spielen lassen, nur mich nicht. Beim Endspiel setzte er mich sogar auf die Tribüne. Er hat nie mit mir über diese Entscheidung gesprochen. Auch nach der EM war ich kein Thema mehr für die Nationalmannschaft, quälende 18 Monate lang.
    Das

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