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Ganz oder gar nicht (German Edition)

Ganz oder gar nicht (German Edition)

Titel: Ganz oder gar nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Häusler , Lothar Matthäus
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programmierte mich auf Heilung.

GEHEIMAKTION MÜNCHEN
    Während dieser Tortur besuchten mich eigentlich nur zwei Personen. Giovanni Trapattoni, der Mann, der mich nach Mailand geholt hatte und jetzt Trainer von Juventus Turin war. Ich gab ihm die Videokassette von meiner Operation mit. Er hat sie immer noch. Man sollte einfach keine Filme verleihen, kriegt man in den seltensten Fällen wieder.
    Und es kam ein alter Freund von Franz Beckenbauer nach Mailand, der auch mir ans Herz gewachsen war: Rudi Houdek, Fleischfabrikant aus Starnberg und bis zu seinem Tode Mitglied des Verwaltungsbeirats des FC Bayern München. Er war sehr interessiert an meiner Reha, und ich erzählte ihm von meinen Fortschritten.
    Und nicht nur davon: Auch mein abgekühltes Verhältnis zu Inter Mailand war Thema. Da ich die uninteressierten Verantwortlichen meines Vereins absichtlich nicht ständig informierte, waren sie wohl der Meinung, dass ich entweder Invalide werden oder vielleicht erst ein Jahr darauf wieder zur Verfügung stehen würde. So war es Houdek, der Franz Beckenbauer dafür sensibilisierte, mit Uli Hoeneß über die Möglichkeit einer Rückkehr nach München zu sprechen. Wir wurden uns einig, auch der Trainer Erich Ribbeck war einverstanden, doch herauskommen durfte die Absprache noch nicht. Die Italiener sollten ruhig glauben, dass ich noch längere Zeit brauchen würde. Das war auch einer der Gründe, warum ich mich einsam im Wald fit gemacht hatte und nicht bei irgendeinem Verein. Meine Fortschritte wären zu offensichtlich gewesen.
    Die Bayern fragten dann dezent und unauffällig an, und ich sprach mit Präsident Pellegrini erneut über einen Wechsel. Wieder reagierte er ablehnend, aber beileibe nicht so ablehnend wie im Falle von Real Madrid. Es kam zu einem Treffen zwischen den Clubchefs und mir in der Villa Pellegrini. Mit Hängen und Würgen bekamen wir es hin, dass der Deal an diesem Abend geschlossen wurde. Die Ablösesumme belief sich nicht mehr auf 18 Millionen Mark. In der Annahme, einen halben Krüppel zu verkaufen, waren es nur noch rund vier Millionen. Und da ich ja auch dem FC Bayern nicht garantieren konnte, dass es tatsächlich wieder mit mir klappen würde, vereinbarten wir, dass ich ihnen einen Teil meiner damals sehr hohen Invaliditätsversicherung überlassen würde.
    Der Wechsel schien perfekt. Ich war nicht mehr Pellegrinis Picasso, ich war nur noch seine Micky Maus. Doch plötzlich fiel dem Präsidenten etwas für ihn nicht Unerhebliches ein. Er wollte sich dagegen absichern, dass ich den FC Bayern als Zwischenstation benutzen würde und nach ein paar Monaten bei einem anderen italienischen Konkurrenzverein einen Vertrag unterschreibe – italienische Blockadepolitik. Erinnerungen an den schwarzen Koffer kamen hoch. Letztlich war es die pure Angst, die Pellegrini zu der Intervention veranlasste. Mich in seiner Fantasie für einen anderen italienischen Verein erfolgreich spielen und Pokale gewinnen zu sehen und damit die eigenen Fans gegen sich zu haben, das war die absolute Horrorvorstellung für ihn. »Für den Fall, dass du den Vertrag mit dem FC Bayern vorzeitig beenden solltest, um zu einem anderen italienischen Verein zu wechseln, möchte ich als Sicherheit eine Bankgarantie über sieben Millionen Mark«, sagte Pellegrini. Sieben Millionen? Die Bayern waren überrascht, ich war überrascht. Wo sollten wir abends um acht diese Sicherheit herkriegen? Alle Banken hatten geschlossen. Wir wollten das doch heute alles noch über die Bühne bringen. Nach langen, langen Gesprächen ließ sich Pellegrini auf Rummenigges, Beckenbauers und mein Wort ein. Wir machten ihm klar, dass der FC Bayern ein seriöser Club sei, der seine Spieler strategisch kauft und sie nicht nach einem halben Jahr wieder ziehen lässt. Um zehn Uhr abends gaben wir uns die Hand, und alles war erledigt.
    Noch in derselben Nacht fuhr ich zurück nach Crans Montana, packte meine Sachen und machte mich am nächsten Morgen um sechs mit dem Auto auf den Weg nach München. Um zwölf Uhr sollte es im Olympiastadion eine riesige Pressekonferenz geben, am Nachmittag das erste Training mit der Mannschaft – und nach zehn Tagen das erste Meisterschaftsspiel gegen Wattenscheid. Nach vier Monaten und 18 Tagen war ich wieder im Einsatz.
    Die italienischen Gazetten waren voll von dem Wechsel. Einige Kommentatoren fühlten sich getäuscht. Die Presse schrieb, ich habe ein Spielchen gespielt. Aber hatte sich der Verein nicht null Komma null um

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