Ganz oder gar nicht (German Edition)
mal in London besuchen wolle? So kam die Geschichte ins Laufen. Maren machte gerade ihren Schulabschluss auf einem Internat außerhalb von London. Nach einem Freitagabendspiel und dem Auslaufen am Samstagmorgen setzte ich mich in einen Flieger nach England. Es war der Beginn eines romantischen Wochenendes.
Trotz ihrer jungen Jahre strahlte Maren schon viel Lebenserfahrung aus. Sie konnte gut zuhören, wir harmonierten, hatten Spaß miteinander, nie ging der Gesprächsstoff aus. Sie war ein Mädchen, das mit beiden Füßen auf dem Boden stand und nicht in der Gefahr schwebte, sich von den Verführungen des Rampenlichts verleiten zu lassen. Ich hätte anfangs nie gedacht, dass wir uns so nahe kommen würden.
Sehr schnell merkten wir, dass zwischen uns etwas passiert sein musste. Unsere Begegnungen wurden regelmäßiger. Trafen wir uns in London, waren wir frei. Trafen wir uns in München, standen wir unter Druck. Wir gingen kaum aus und wenn, dann nur in der Gruppe. Maren hatte Angst, dass ihre Eltern von unserer Beziehung erfuhren. Ich hatte auch ein ungutes Gefühl, aber wäre von Anfang an offen mit der Beziehung umgegangen. Ich hatte ja nicht nur das Vertrauensverhältnis zu ihrem Vater, sondern pflegte über viele Jahre ein freundschaftliches Verhältnis zur ganzen Familie. Die Müller-Wohlfahrts hatten sogar 1992 meine Hochzeit mit Lolita mitgefeiert.
Das war ein echtes Versteckspiel mit Maren, lange zog sich die Sache undercover hin. Die meisten Spieler vom FC Bayern wussten jedoch von dieser Beziehung. Einige zogen Doc Müller-Wohlfahrt damit auf, dass der Lothar ja wohl bald sein Schwiegersohn sein würde. Er hat es ihnen nicht geglaubt. Irgendwann rief er mich dann mal an und fragte: »Lothar, was ist da los?« »Da ist nichts«, sagte ich. »Lass die Leute doch flachsen.« Danach rief ich Maren an und gab ihr zu verstehen, dass ich die Geheimhaltung mit meiner Freundschaft zu ihrem Vater nicht länger vereinbaren könne. »Du musst mit deinen Eltern reden«, bat ich sie, was sie noch am selben Tag tat. Natürlich war der Vater, der alles für seine geliebte Tochter getan und gegeben hätte, nicht begeistert. Ich, Spieler beim FC Bayern, er, Arzt. Da weiß man viel voneinander, sehr viel. Diese offene Atmosphäre zwischen uns ging völlig verloren. Müller-Wohlfahrt zog sich zurück und legte sein Veto ein gegen die Beziehung seiner Tochter.
Maren kam dann von London nach München, wohnte halb bei ihren Eltern, halb bei mir. Gemeinsam gingen wir dann nach New York. Sie, um an der Lee-Strasberg-Schule Schauspiel zu studieren, ich, um meine Karriere bei den New York Metro Stars zu beenden. Nach meinem kurzen Gastspiel in Amerika und der Rückkehr nach Europa hielt unsere Beziehung noch ein Jahr. Wir sahen uns weniger. Maren wurde von ihren Eltern gepusht, noch einmal nach New York zu gehen und zwei weitere Semester dranzuhängen, während ich Trainer in Wien wurde. Ich half ihr noch, eine neue Wohnung in Manhattan zu finden. Als am 11. September das World Trade Center zusammenstürzte, war ich außer mir vor Sorge. Sie wohnte ja in der 14. Straße, recht nah am Unglücksort.
Aber unsere Bindung wurde wieder loser. Sie endete so, wie sie angefangen hatte: abseits des Blickfelds ihrer Eltern, denen unsere Liaison nach wie vor nicht recht war. Als wir uns zwei, drei Monate nicht mehr sahen, war klar, dass das nicht mehr funktionieren konnte. Heute ist Maren Mutter von drei Kindern. Sie lernte auf der Lee-Strasberg-Schule einen Italiener kennen, mit ihm ging sie recht schnell zurück nach Europa. Ich freue mich wirklich für sie. Wenn es jemand verdient hat, richtig glücklich zu sein, dann sie. Sie ist grundanständig.
LUCKY IN NEW YORK CITY
Die wohl schönste Zeit hatten Maren und ich in New York. Für den Rückblick auf meine amerikanischen Jahre springe ich erst einmal in die Saison 1998/99. Ich erlebte noch einmal einen sportlichen Höhenflug und bin in Deutschland zum Fußballer des Jahres gewählt worden. Bayern-Trainer war damals Ottmar Hitzfeld. Er fand die richtige Mischung im Team und brachte das Kunststück fertig, Superstars in produktiver Weise zusammenzubringen: Effenberg, Scholl, Kahn, Elber, Basler, Matthäus. Mit einem Vorsprung von 15 Punkten wurden wir Deutscher Meister.
Ich selbst war körperlich topfit, aber müde im Kopf. Ich hatte das Gefühl, als aktiver Spieler noch etwas anderes erleben zu müssen. Nun stand die Zusage von Franz Beckenbauer, dass ich den Verein verlassen
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