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Ganz oder gar nicht (German Edition)

Ganz oder gar nicht (German Edition)

Titel: Ganz oder gar nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Häusler , Lothar Matthäus
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Elfmeter überredet hatte. So durfte ich es nicht machen. Stattdessen fragte ich: »Wer von euch will der Held von Serbien werden?« Alle Finger gingen hoch. Insgesamt brauchte es sieben Schützen, um die Sache für uns zu entscheiden. Die ersten drei Elfer der Engländer gingen daneben, später sogar ein vierter. Wir verschossen drei Mal. Endergebnis 4:3. Es hätte kaum dramatischer sein können. Ein kleines Fußballwunder. Partizan war damit der erste serbische Club, der an der Champions League teilnahm. Darauf hat das Land lange gewartet. Als wir am nächsten Morgen um fünf Uhr am Belgrader Flughafen ankamen, begrüßten uns 5000 Fans und begleiteten uns inklusive Kapelle bis zum Trainingsgelände. Es war wie bei einem Staatsempfang.
    Einen Menschen muss ich an dieser Stelle noch dringend erwähnen: den Nigerianer Taribo West. Ohne ihn, ohne seine Erfahrung, eine Abwehr zusammenzuhalten, hätten wir es in Newcastle niemals ins Elfmeterschießen geschafft. Taribo war der einzige Spieler, dessen Einkauf ich bei Partizan zu verantworten hatte. Ich drängte meinen Club förmlich dazu, ihn zu holen – für einen Spottpreis von 10000 Dollar. Taribo war ein Gigant, Nationalspieler seines Heimatlands, er hat Millionen verdient bei Inter Mailand und beim AC Mailand. Er war erst Ende zwanzig, aber bei vielen anderen Clubs einzig am medizinischen Check gescheitert. Nach jeder Belastung bekam er ein dickes Knie, keiner hat ihn gewollt. Das alles war mir egal, denn er war immerhin noch so einsetzbar, dass ich plante, ihn ausschließlich bei den internationalen Spielen aufzustellen, die jetzt auf Partizan zukommen würden. Er hat mein Vertrauen mit großartigen Leistungen, die an seine glorreiche Vergangenheit erinnerten, gerechtfertigt.
    Die Auslosung für die Champions League verfolgte ich von zu Hause aus. Insgeheim hoffte ich auf Bayern München. Aber Real Madrid, meine unerfüllte Liebe, war auch eine Hausnummer. Dazu wurden Olympique Marseille und der spätere Pokalsieger FC Porto in unsere Gruppe gelost. Leider waren wir noch zu unerfahren und vor dem Tor zu unentschlossen, um den entscheidenden Punch gegen die Großen zu landen. Es reichte zu drei Unentschieden. Wir begannen mit einem gerechten 1:1 gegen José Mourinhos Porto. Wir verloren in Madrid durch ein irreguläres Tor von Raúl. In Marseille bestimmten wir sechzig Minuten das Spiel, hätten 5:0 führen können und verloren nach einer Roten Karte noch mit 0:3 durch drei Tore von Didier Drogba. Dann kam Madrid mit seinen Superstars Zidane, Figo und Beckham nach Belgrad. Das Spiel des Jahrzehnts. Es hätten 350000 Karten verkauft werden können. Die glücklichen 30000 im Stadion sahen ein auf Augenhöhe ausgetragenes 0:0. Das klingt erst einmal passabel. Aber wenn man kurz vor Schluss aus fünf Metern das leere Tor nicht trifft, kann man als Trainer nicht zufrieden sein.
    In unserem schlechtesten Spiel verloren wir 1:2 in Porto, danach beendeten wir unsere Zeit in der Champions League mit einem 1:1 gegen Marseille. Äußerst knapp hatten wir den dritten Platz verpasst, der uns dazu berechtigt hätte, in der Europa League weiterzuspielen. Unser Hauptmakel war die miserable Chancenverwertung.
    Warum ging ein so erfolgreiches Unternehmen nach nur einem Jahr in die Brüche? Weil ich nach einem Jahr kündigte, obwohl mein Vertrag noch ein halbes Jahr gelaufen wäre. Monatelang hatte ich vergeblich auf meinen Lohn von vertraglich zugesicherten 650000 Dollar gewartet. Dazu muss man wissen, dass ich in Belgrad auf zwei Verträge meine Unterschrift gesetzt hatte. Den mittelmäßig dotierten Arbeitsvertrag hätte ich ohne den anderen Vertrag gar nicht unterschrieben. Der andere Vertrag sicherte mir Beteiligungen an den Spielerverkäufen zu, da ich der Meinung bin, dass ich als Trainer Spieler auch entdecke, entwickle, nach vorne bringe und damit für den Markt teurer mache. Ich begab mich also ins Risiko und verlor schon wieder. Partizan weigerte sich, das Geld aus den Verkäufen zu zahlen. Argumentiert wurde da nicht. Das war Osteuropa. Mir blieb nichts anderes übrig, als nach einer tollen und erfolgreichen Zeit zu sagen: »Dann kann ich nicht mehr mit euch zusammenarbeiten. Ich gehe.« Glücklicherweise lag mir bereits das nächste Jobangebot vor. Ich sollte meine Zelte in Budapest aufschlagen.

EHE 3.0
    Aus einem weiteren Grund konnte ich mich über das Angebot aus Ungarn freuen. Denn meine neue Liebe Marijana lebte in Budapest. Die Sache mit Marijana fing nach

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