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Ganz oder gar nicht (German Edition)

Ganz oder gar nicht (German Edition)

Titel: Ganz oder gar nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Häusler , Lothar Matthäus
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Mein Leben ist nicht ruhig. Nach dieser Ruhe sehne ich mich.
    Ein Typ fürs Schweigekloster wäre ich nicht, und einen Pilgerweg wie Hape Kerkeling könnte ich auch nicht gehen. Ich kann Ruhe und Besinnung dort finden, wo ich sie finden will, und nicht, wo Kerkeling sie gefunden hat. Ich schaue lieber auf den Malediven auf das Farbenspiel des Meeres bei Sonnenuntergang und genieße die Natur. Wo Natur ist, kann ich überall Ruhe finden, am Wasser, in den Bergen, ich liebe die vier Jahreszeiten, ich liebe es, im Herbst durch den Wald zu gehen und mir die bunten Blätter der Bäume anzusehen. Das alles entschleunigt mich und meine Gedanken. Beim Skifahren genieße ich den frostigen kalten Wind, am liebsten außerhalb der Hochsaison, und schaue mir stundenlang schneebedeckte Berge an. Das ist für mich nicht nur Ruhe, es ist für mich geistige Beschäftigung.

WELCH EIN JAMMER!
    Ich musste Netanya aus wirtschaftlichen Gründen verlassen. Daniel Jammer, der schwerreiche Rohstoffhändler und Eigentümer des Vereins, war nicht mehr bereit, den Verein, den er sich aus Langeweile zum Hobby gemacht hatte, zu unterstützen. Dabei hatte er mir große Versprechungen gemacht: neues Stadion, neue Spieler. Mit einer Ausnahme ist nichts passiert. Ich konnte den Verteidiger Bevan Fransmann für 300000 Dollar aus Südafrika verpflichten. Er brachte dem Verein nach einem Jahr sogar einen Verkaufsgewinn von 500000 Dollar. Doch Jammer, der sich auf einmal große Sorgen um sein Geld machte, fragte mich, ob ich damit einverstanden sei, den Vertrag in beiderseitigem Einvernehmen aufzulösen, damit er keine Abfindung zahlen müsse. Da wenige Wochen vorher etwas vorgefallen war, was ich noch nie in meinem Fußballerleben erlebt hatte, war ich froh, von diesem Eigentümer wegzukommen.
    Schockiert hat mich ein Vorfall sechs, sieben Spieltage vor Saisonende. Jammer kam in meine Trainerkabine und fragte, ob er vor dem Training mit der Mannschaft sprechen könne. Ich lachte: »Daniel, das ist deine Mannschaft. Du brauchst mich nicht zu fragen. Natürlich.« Er fragte mich noch, ob ich auch dabei sein wollte, was ich bejahte. Da saßen sie also, all die Spieler, und sie waren angespannt, weil es nicht jede Woche vorkam, dass der Eigentümer vorbeischaute.
    Jammer hat es in drei Minuten geschafft, das kaputt zu machen, was wir uns in acht Monaten aufgebaut hatten. Wir waren Tabellenzweiter mit nur einem Punkt hinter dem Spitzenreiter und hätten noch ein Heimspiel gegen den Ersten gehabt. Außerdem standen wir im Halbfinale des Pokals. Jammer aber machte die Mannschaft so zur Minna, er fluchte und stieß Drohungen aus, dass er im nächsten Jahr keinen einzigen Dollar oder Schekel mehr in das Team investieren würde. Er bezeichnete meine Spieler als Scharlatane, die seiner Familie das Geld aus der Tasche zögen. »Alle Verträge gelten ab der nächsten Saison nicht mehr!«, schrie er. »Ihr könnt euch alle einen neuen Verein suchen.« Ich stand völlig schockiert daneben und dachte, dass der Mann Marihuana geraucht oder einige Linien Koks gezogen haben musste.
    Was war passiert? Es grassierte die Finanzkrise, und er hatte offenbar einiges Geld, mit dem er spekuliert hatte, verloren. Möglicherweise wurde auch Druck auf ihn ausgeübt durch die russische Familie seiner Frau, denn von dort kam sein Reichtum.
    Die Konsequenz: Wir verloren auch. Die nächsten drei Spiele. So willensstark der Israeli ist, wenn es um Religion und Krieg geht, so stolz er mit seinem Maschinengewehr im Kino sitzt, so schwach ist er auf dem Fußballplatz, wenn irgendein irritierendes Nebengeräusch zu vernehmen ist. Dann zerbricht er. Ich habe die Mannschaft nach der Ansprache mental nicht mehr hinbekommen.

LEAVING LAS VEGAS
    Die Zeit in Israel verbrachte ich gemeinsam mit Liliana. Ich hatte sie beim Oktoberfest kennengelernt. Der Zufall wollte, dass ich sie abholen musste. Ich saß mit einem Freund im Taxi, als mich ein anderer Freund anrief und bat, noch jemanden vor seiner Wohnung aufzulesen. Wir trafen auf eine junge Frau, Typ Model mit langen dunklen Haaren. Wir schunkelten im Hippodrom, unterhielten uns blendend und landeten am Ende in derselben Disco, in der ich zwölf Jahre zuvor mit Maren gewesen war. Wir genehmigten uns einen an der Bar, tanzten alleine auf der völlig leeren Tanzfläche. Nach langer Zeit habe ich mich wieder frei gefühlt.
    Ein paar Wochen später war ich zu einer Veranstaltung in München eingeladen und fragte Liliana, ob sie nicht Lust habe

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