Ganz oder gar nicht (German Edition)
nachgesehen. Ich habe in meinen Ehen immer wieder versucht, irgendwelche Wege zu finden, Brücken zu bauen, Kompromisse zu machen. Leider ist jede Brücke zum Einsturz gekommen.
Die Information über das Foto erhielt ich am Flughafen von Nizza. Ich wollte Liliana abholen, weil es an dem Abend keine Flüge mehr für sie nach Paris gegeben hätte. So fuhr ich ihr mit dem Auto entgegen, was ihr gar nicht recht war. Wieso eigentlich Paris? Wir waren gerade dabei, uns dort ein paar Wohnungen anzuschauen. Ich war in Jobverhandlungen mit dem Fußballverband Kameruns, und da hätte ich aus Paris einfachere Wege gehabt, um zu meinem Arbeitsplatz nach Jaunde zu fliegen.
Unmittelbar nach Lilianas Landung führte ich ein kurzes Telefonat mit ihr, in dem ich sie schon auf das Foto ansprach. Liliana verließ den Flughafen durch einen Seitenausgang, und als sie zu mir ins Auto stieg, war sie wohl überrascht, dass ich nicht ausflippte, sondern völlig ruhig reagierte. Ich sagte: »Hör zu, wir können über alles reden. Entschuldige dich bei mir und kläre das in der Öffentlichkeit. Dann haben wir eine Chance.« Möglicherweise sah sich Liliana dadurch unter Druck gesetzt und unternahm nichts. Ich machte daraufhin den Fehler, von mir aus an die Medien zu gehen, sie hatte mir ja öffentlich Hörner aufgesetzt. Aber das hätte ich nicht tun sollen. Danach ging es hin und her, es war eine peinliche Geschichte. Die Streitigkeiten haben beiden geschadet. Und vielleicht war es für viele unverständlich, dass ich Liliana immer wieder schützte. Aber ich habe versucht, einen jungen Menschen zu verstehen. Genauso wie ich als Trainer meine Spieler verstehen muss, wenn sie mal wieder zu spät zum Training erscheinen oder einen Fehler machen.
Danach hat man ein halbes Jahr gehofft und geglaubt, hat zwei Scheidungstermine verfallen lassen, weil man noch einmal weich wurde. Aber der ersehnte Wendepunkt kam nicht. »Wenn du dein Leben leben willst wie eine 23-Jährige, dann lass uns kurz und schnell eine Scheidung durchziehen«, sagte ich. »Dann hat es eben nicht funktioniert, und ich bin dir nicht böse.« Wir hatten vielleicht am Anfang Schmetterlinge im Bauch gehabt, aber so konnte es nun mal nicht weitergehen, das wurde immer klarer. Sie wollte das Leben auf ihre Art genießen, Party machen, konsumieren, auf Modenschauen gehen. Aber das war und ist nicht meine Definition von »genießen«.
Ich bot ihr den goldenen Löffel, dann wollte sie einen zweiten, hatte sie den zweiten, wollte sie einen dritten. Immer ein bisschen mehr. Und als es nicht mehr weiterging, uferte es aus in Streit. Möglicherweise bin ich aber auch selbst mit schuld daran, vielleicht hätte ich sie nicht zu sehr verwöhnen sollen. Plötzlich sah eine Frau, die sich früher die Nase am Schaufenster platt gedrückt hat, die Shops von Gucci oder Dolce & Gabbana von innen und konnte sich sogar noch die Dinge kaufen, die ihr gefielen. Plötzlich machte es sich eine Frau, die früher nur im Ferienflieger gesessen hat, in der First Class bequem. Plötzlich hatte eine Frau, die früher drei Paar Schuhe im Wechsel trug, einen ganzen Wandschrank voll. Und als ich irgendwann ansprach, dass andere für diese oder jene Anschaffung viele Monate arbeiten müssten, wurde ich plötzlich geizig genannt. Ich habe meinen Beitrag dazu geliefert, dass das Maß verloren ging. Liliana hat nicht mehr einzuschätzen gewusst, in welcher Welt sie lebt.
Und das, wo mir doch die gesamte Familie ans Herz gewachsen war. Obwohl Lilianas Mutter mehrere Jahrzehnte nicht gearbeitet hatte und mit Mitte fünfzig in einem Alter war, in dem es schwierig wird, einen Job zu finden, redete ich mit einem Freund und fragte ihn, ob er sie nicht in seinem Geschäft einstellen könnte. Bis heute ist Lilianas Mutter trotz der Scheidung und des üblen Nachtretens gegen mich immer noch dort angestellt. Meine Form von Fairplay ist, nichts dagegen zu unternehmen. Meine Hilfe kam von Herzen. Genauso wie meine Bemühungen um Ferienjobs für Lilianas Bruder; genauso wie meine Versuche, für Lilianas Vater, der in Lettland Eishockey-Nationalspieler gewesen ist, eine Beschäftigung im deutschen und ungarischen Eishockey-Geschäft zu finden.
Der dritte Scheidungstermin sollte es dann sein. Nun wollte auch Liliana eine schnelle und einvernehmliche Scheidung. Einvernehmlich heißt, dass du dich eigentlich überall scheiden lassen kannst, auch wenn du in dem Land der Scheidung keinen festen Wohnsitz hast. Also rief ich meine
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