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Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)

Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)

Titel: Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Ulrich Grimm
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geringer Dosis angestellt worden sind, darf es auch nur in geringen Mengen eingesetzt werden. Da müsste man neue Tests machen, mit größeren Mengen.«
    »Die Indianer in Paraguay hatten auch keine Tests.«
    Kienle: »Die hatten auch die Urwaldpflanze und keinen isolierten Süßstoff. Die Süßstoffe werden ja aus der Pflanze herausgeholt, mit einem sehr komplexen chemischen Verfahren gereinigt, und alles, was geschmacklich stört und farblich stört, wird rausgenommen, und am Ende bleibt ein weißes Pulver übrig.«
    »Die grüne Pflanze ist verschwunden.«
    Kienle: »Es gibt keine ernährungsphysiologisch wirksamen Bestandteile mehr, wenn das Herstellungsverfahren abgeschlossen ist. Es ist nichts anders als ein süß schmeckender Lebensmittelzusatzstoff, der zu 95 Prozent aus den Steviolglykosiden bestehen muss, den süß schmeckenden Substanzen aus der Pflanze.«
    »Und der Rest?«
    Kienle: »Die übrigen fünf Prozent sind andere Stoffe, die nach dem, was bisher publiziert ist, nicht bekannt sind.«
    Aus der Urwaldpflanze ist ein Süßstoff geworden, mit ganz neuen Wesenseigenschaften, in einem Prozess, der nicht gerade naturwüchsig abläuft. Es ist ein »komplexes chemisches Verfahren«, wie Kienle sagt, in dem das weiße Pulver entsteht, dabei sind viele Chemikalien im Spiel, die ihre Spuren hinterlassen können: Erst werden die Blätter getrocknet, dann eingeweicht und ausgelaugt (Mazeration). Der dadurch entstandene Rohsaft wird mittels einer sogenannten Fällungsreaktion gereinigt, mit größeren Mengen von Metallsalzen (zum Beispiel Aluminiumhydroxid). Bei einer Tonne Stevia-Blätter kommen bis zu 86 Kilo Aluminiumsalze zum Einsatz. Die Salze müssen natürlich, da giftig, wieder raus, mit sogenannten Ionenaustauscherharzen. Und damit es schön weiß wird, kommen sogenannte Absorberharze ins Spiel, die sozusagen die Farbe aufsaugen. Der letzte Schritt ist die Kristallisierung, in mehreren Schritten, mit Alkoholen wie Methanol und Ethanol.
    Die Prozedur hat nicht nur zur Folge, dass unbekannte Reststoffe eingearbeitet werden. Sie führt auch dazu, dass die gewonnenen weißen Kristalle nicht rein und süß schmecken, sondern ein bisschen metallisch, leicht bitter. Dann muss das Pulver weiter durch die Mühlen der Chemie. Der Holzmindener Aromenhersteller Symrise entwickelte schon ein chemisches »Maskierungssystem«, das »unangenehme Nebengeschmäcker« von Stevia kaschieren und »seine Süßkraft verstärken« soll. Tate & Lyle, der britische Zusatzstoff-Konzern, hat bei seinem neuen Stevia-Produkt Tasteva ® die bitteren Geschmacksnoten ebenfalls eliminiert. Und der französische Zuckerkonzern Tereos hat ein ganz neues Produkt geschaffen, das den unangenehmen Beigeschmack bei Stevia »maskieren« soll: »Actilight ® «, sogenannte Fructooligosaccharide. Den Testessern hat es offenbar gut geschmeckt. Bei jenen 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung allerdings, die an der Fruchtzuckeraufnahmestörung (Fruktosemalabsorption) leiden, könnte es für ein unangenehmes Rumoren im Verdauungstrakt sorgen, wenn sich die Bakterien über Actilight hermachen, die solche Sachen gern verputzen.
    Stevia, in seiner neuen Existenzform als süßer Hoffnungsträger für Big Food, ist angekommen in der industriellen Parallelwelt, in der die Früchte der Natur verändert und verwandelt werden, so lange, bis der menschliche Körper mit Irritation und Abwehr reagiert. Das weiße Pulver, in das die Chemiker die Stevia-Pflanze überführt haben, hat ganz andere Eigenschaften als die grüne Urwaldpflanze und ganz andere Wirkungen auf den menschlichen Körper. Es ist ein Zuckerersatzstoff, ein Süßstoff mit der E-Nummer 960. Und jetzt geht es ihm auch nicht besser als den anderen Süßstoffen mit den E-Nummern. Jetzt kommen wieder die üblichen Verdächtigungen auf.
    So wurde gegen Stevia schon 1991 in den USA ein Importverbot erlassen – wegen Krebsverdachts. Neue Studien brachten Entlastung. 1995 schließlich wurde es von der US-Lebensmittelbehörde Food and Drug Administration (FDA) als Nahrungsergänzungsmittel zugelassen – aber nicht als Süßstoff. Erst 2008 bekam der Süßstoff das Prädikat »GRAS«: »generally recognized as safe«, etwa: »im Allgemeinen als sicher angesehen«. Das gilt zwar als amtliches Attest, beruht allerdings eher auf einer Selbsteinstufung des Herstellers. Bei dieser Form der Verleihung des GRAS-Prädikats muss der Antragsteller nur ein Dossier zusammenstellen, mit dem er die Sicherheit des

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