Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)
Während der ursprüngliche Mais, der Ur-Mais der Indios, bei 35 liegt, der normale zeitgenössische Mais bei 65, haben die industriell hergestellten Cornflakes stolze 85 Index-Punkte.
Die Supermarktnahrung enthält dazu noch völlig neue Designerstoffe, die den Blutzucker in die Höhe jagen, mit denen aber kein Kunde rechnet. Zum Beispiel die sogenannte modifizierte Stärke. Diese hat einen Index-Wert von 95 und findet sich etwa in Aletes Jogolino Erdbeere und auch in Hipps Müsli Hippness crisp, in Weight-Watchers’ Fruchtjoghurt und einem Du-darfst-Produkt namens Cremig fein kochen mit Finesse (7 % Fett). Oder Maltodextrin, auch so ein Designerprodukt: glykämischer Index 105, enthalten in Maggi fix & frisch Nudel-Schinken Gratin, in Nestlé Alete Kleinkindmilch, in Milupino-Kindermilch von Milupa, und in zuckerreduziertem Nesquik ist es mit 42,5 Prozent sogar die Hauptzutat. Bei natürlicher Nahrung ist ein solcher Wert völlig unerreichbar. Noch höher liegt das weitverbreitete industrielle Süßungsmittel aus verwandeltem Mais, das als Maissirup, Glukosesirup, Glukose-Fruktose-Sirup, Fruktose-Glukose-Sirup oder, in amerikanischen Softdrinks, als High Fructose Corn Sirup (HFCS) bezeichnet wird. Glykämischer Index: 115.
Am besten wäre es also, die Menschen würden solche Nahrungsmittel mit hohem Glyx-Wert meiden und nur noch solche zu sich nehmen, die den Blutzucker nicht in die Höhe treiben. Und wenn die Regierungen dieser Welt jetzt gemeinsam den Kampf aufnehmen möchten gegen die großen Krankheiten des 21. Jahrhunderts, dann wäre es gut, wenn sie große Kampagnen starteten und den Bürgern mitteilten, wie sie ihren Blutzuckerspiegel unter Kontrolle halten können und was dieser glykämische Index dazu beitragen kann.
Doch genau um dem vorzubeugen, war die Task Force von Kellogg, Coca-Cola (Index-Wert bis zu 100) und anderen schon aktiv. Die Sondereinsatztruppe nahm sofort den Kampf auf. Natürlich nicht gegen die Blutzuckerbomben ihrer Mitglieder. Auch nicht zu Abrüstungsgesprächen, um die Blutzuckerexplosion zu stoppen. Oder gar zur Aufklärung der Bevölkerung über die Gefahren, die von solchen Nahrungsmitteln ausgehen. Die ILSI-Truppe unter dem Kellogg-Chef warf erst einmal wissenschaftliche Blendgranaten, hat ihre Professoren losgelassen, Kongresse und Symposien beschickt, Papiere verfasst, mit denen sich dann auch die Behörden beschäftigen mussten, wenn es um Ernährungsempfehlungen geht.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zum Beispiel, die höchste staatliche Stelle in Deutschland, wenn es um Nahrungsrisiken geht, musste sich mit den ILSI-Feuerzauber beschäftigen, all die Task-Force-Papiere lesen und kam hinterher zu dem Schluss, es sei sehr schwer mit Empfehlungen zum glykämischen Index. Denn es lasse sich leider »nicht abschließend beurteilen«, ob Nahrungsmittel mit niedrigem glykämischem Index wirklich von Vorteil wären, »da die beobachteten Effekte« auch »von Ballaststoffen ausgelöst werden«. So gibt es jetzt leider einstweilen keine offizielle Empfehlung. Schade eigentlich. Und doch schön für die Industrie-Task-Force. Die Blendgranaten haben gewirkt.
Denn es ist eine völlig unsinnige Alternative, die sie da aufgebaut haben. Nahrung mit niedrigem Index oder Ballaststoffe – das ist kein Gegensatz, sondern gehört zusammen – in der natürlichen Nahrung. Die Ballaststoffe sind sozusagen das »Gegengift«, sie bremsen den Blutzuckeranstieg, sagt Professor Lustig, der international prominenteste Zuckerkritiker: »Wir haben sehr spezifische Daten, die zeigen: Wenn man Zucker zusammen mit Ballaststoffen einnimmt, dann ist das nicht schädlich.« Deshalb plädiert Lustig für die natürliche Nahrung: »Wenn Sie Obst essen, dann nehmen Sie den Fruchtzucker immer zusammen mit pflanzlichen Fasern auf. Diese Ballaststoffe sorgen dafür, dass nicht so viel Zucker verstoffwechselt wird und ins Blut übergeht.« Im Apfel, in der Brombeere, der Kiwi gibt es immer gleichzeitig die Fasern, die Ballaststoffe, die den Blutzuckeranstieg bremsen.
Natürliche Nahrung hat einen vergleichsweise niedrigen glykämischen Index. Und Nahrung mit niedrigem Index ist gesünder: Nach einer Untersuchung der unabhängigen Cochrane-Collaboration führt sie zu einer »signifikanten« Senkung des Blutzuckerspiegels. Auch die American Diabetes Association kam daher zu dem Schluss, dass der glykämische Index »zusätzlichen Nutzen« für die Kontrolle des Blutzuckerspiegels habe. Auch
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