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Gargantua Und Pantagruel

Gargantua Und Pantagruel

Titel: Gargantua Und Pantagruel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francois Rabelais
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einen kleinen Flecken (der Name ist mir entfallen), wo ich mir's noch besser gehen ließ und mir sogar ein Zehrgeld verdiente. Und wißt Ihr wie? Mit Schlafen! Denn dort dingt man die Leute zum Schlafen tagweis'; man verdient den Tag fünf, auch wohl sechs Dukaten damit; die, welche aber recht laut schnarchen können, stehen sich bis sieben und achtehalben. Hier erzählte ich's den Ratsherrn, wie ich im Tal geplündert worden sei; die stimmten mir bei und sagten, dies Volk da hinten sei ein böses Gesindel und von Natur erzräuberisch. Daraus sah ich nun klar: wie wir das Land bei uns zu Haus in vor und hinter den Bergen teilen, so heißt's dort: vor und hinter den Zähnen; vorn ist aber weit besseres Leben, und auch eine weit gesündere Luft. Da noch keiner dies Land beschrieben hatte, in dem doch mehr als fünfundzwanzig bewohnte Königreiche liegen, die Wüsten und ein breiter Meerstrich nicht mitgerechnet, habe ich ein großes Buch darüber verfaßt, ›Der Maulinger Geschichte‹ betitelt; denn so hab' ich sie getauft, weil sie im Maul meines Herrn und Meisters Pantagruel wohnen. Endlich wollt' ich auch wieder heim; da stieg ich an seinem Bart hinab und schwang mich ihm auf die Schultern, von wo ich weiter zu Tal abglitt und vor ihm platt auf die Erd hinfiel. Als er mich sah, frug er mich: »Ei mein Alcofribas, woher kommst du?« – »Aus Euerm Maul, Herr«, antwortete ich. – »Und wie lang«, sprach er, »warst du darinnen?« – »Seit Ihr«, sprach ich, »den Feldzug in Halmyrodien unternahmt.« – »Das ist schon über sechs Monat her«, sagte er; »und wovon lebtest du, was aßest du, was trankst du?« – »Herr«, sagte ich, »dasselbe, von dem Ihr lebt, und von den leckern Schleckereien, die durch Euern Schlund passierten, erhub ich mir den Zoll.« – »Wohl«, sprach er, »doch wohin schissest du?« – »In Euern Hals, Herr.« – »Ha ha ha! Du bist fürwahr ein artiger Knabe! Wir haben jetzt mit Gottes Hilf das ganze Dipsodierland bezwungen; ich schenk' dir die Burgvogtei Salmigundien.« – »Vergelt's Euch Gott, Herr!« sprach ich zu ihm, »Ihr tut mir weit mehr Liebs und Guts, als ich um Euch verdienet habe.«

Drittes Buch
Erstes Kapitel
Wie Pantagruel eine Utopische Kolonie in Dipsodien einführte und den verschwenderischen Panurg zum Burgvogt machte
    Nachdem Pantagruel ganz Dipsodien erobert hatte, führte er in das Land eine Utopische Kolonie von 9 076 043 010 Männern, ohne die Weiber und kleinen Kindlein; Handwerksleut aus allen Zünften, Professoren aller ersinnlichen freien Künste, um dies Land, das sonst nicht sehr bewohnt und meist verödet war, zu restaurieren, zu bevölkern und wiederum in Blüte zu bringen.
    Hiebei bemerket nun, ihr Zecher, daß es der rechte Weg nicht ist, ein neu erobert Land in Pflicht und Gehorsam zu erhalten, wenn man, wie tyrannische Geister zu ihrem Schimpf und Schaden irrig vermeint haben, die Völker kränkt, plackt, schindet, martert, druckt, beraubt und sie mit eisernen Ruten züchtigt. Sondern man muß sie wie ein neugeboren Kindlein wiegen, säugen, ihnen schöntun; wie einen neugepflanzten Baum sie schützen, schirmen und vor allem Windbruch, Unbill und Wetterschaden hüten. Wie einen Menschen, der von schwerer langwieriger Krankheit wiederum sich zur Genesung erholen will, muß man sie warten, schonen und stärken; bis sie in ihren Herzen selbst der Meinung werden, daß sie von allen Königen und Fürsten der Welt keinen so ungern zu ihrem Feinde, keinen lieber zum Freund haben möchten.
    Als Pantagruel nach diesem Rezept die ganze Dipsodische Landesverwaltung in Ordnung gebracht hatte, verlieh er an Panurg die Burgvogtei von Salmigundien, die jährlich 6 089 006 089 Goldgulden fix eintrug ohne die Einkünfte aus der Schnecken- und Maikäferzucht. Da hielt nun der neue Herr Burgvogt so wohl und ratsam Haus damit, daß er in noch nicht vierzehn Tagen alle Einkünfte der Vogtei auf drei Jahr verputzt hatte. Nicht etwa, wie ihr vielleicht denkt, mit Klösterstiften, Tempelbauen, Gründung von Schulen oder Spitälern, oder daß er seinen Speck sonst vor die Hunde geworfen hätte, sondern mit tausenderlei kleinen ergötzlichen Saufereien und Festlichkeiten, wo offene Tafel für jedermann gehalten wurde, insbesonders für gute Kameraden, junge Mädel und schmucke Dirnlein. Er schlug Holz, verbrannte die großen Stämme, damit er die Asche verkaufen könne, nahm Geld zum voraus auf, kaufte teuer, schlug wohlfeil los und aß sein Korn auf dem Halm.

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