Garnet Lacey 05 - Das bisschen Flitterwochen
mir. Mit einem niedergeschlagenen und auch ein wenig verlegenen Seufzen ließ er den Arm sinken. »Also gut«, sagte er, während er kaum merklich rot wurde. »Rufen Sie, wenn Sie mich brauchen!«
»Das wird schon gut gehen.« Ich klopfte ihm auf die Schulter. Er hatte damit nichts von seiner Männlichkeit eingebüßt. Vielmehr hatte er bewiesen, dass er Vernunft walten ließ.
Langsam ging ich auf Sebastian zu, was mir so vorkam, als näherte ich mich zentimeterweise einem wilden Wolf. Ich streckte die Hände aus, als könnte ich so irgendwelche plötzlichen Bewegungen von seiner Seite abwehren. »Alles in Ordnung, Sebastian«, redete ich leise auf ihn ein, um ihm zu verstehen zu geben, dass das Essen serviert worden war. »Ich bin jetzt hier.«
Als wir keinen halben Meter mehr voneinander entfernt waren, stieß er ein kehliges Knurren aus. Die schwarzen Pupillen reflektierten das Licht, seine Lippen verzogen sich zu einem unheilvollen Grinsen. Zweifellos hatte er mit dieser Geste versucht, die wachsende Anspannung zwischen uns zu mildern, doch das Halbdunkel der Schatten verkehrte seine unschuldige Absicht ins Gegenteil.
Ich hielt an, dann kniete ich mich langsam hin.
»Ich halte das für keine gute Idee«, erklärte Dominguez auf einmal und kam näher. »Ich bringe Sie hier raus, Garnet.«
Sebastians Augen verfolgten eifersüchtig jede Bewegung des FBI-Manns. »Meins«, flüsterte er und machte völlig abrupt einen Satz auf mich zu.
Zum Glück war ich darauf gefasst gewesen, doch trotz seines Hungers und seiner Verzweiflung ließ Sebastian eine rührende Sorge um mich erkennen, als er die Hände um
meinen Kopf legte, um den Aufprall auf dem Zellenboden abzuschwächen.
Einen Moment lang hoffte ich noch, dass sich etwas Menschliches hinter dem Gesicht eines Tieres befand.
Doch dann biss er mir rücksichtslos in den Hals.
DER MOND
A STROLOGISCHE Ü BEREINSTIMMUNG : F ISCHE
All diese Filme, in denen Vampire Leute in den Hals beißen, ignorieren eine wichtige Tatsache. Wenn man jemandem in die Schlagader beißt, dann tritt das Blut mit solchem Druck aus, dass der Vampir das meiste davon gar nicht schnell genug trinken kann. Wenn man seine Mahlzeit genießen will, erfüllt eine schön fleischige Schulter diesen Zweck viel besser. Und sonst noch? Ja, dieses Ammenmärchen, dass man als Gebissener nur zwei winzige Einstichstellen zurückbehält, ist auch völliger Blödsinn. Selbst wenn Sebastian ganz behutsam vorging, blieb auf meinem Körper immer ein kompletter Gebissabdruck zurück.
Ich unterdrückte den Schrei, der mir auf der Zunge lag. Mittlerweile hatte ich so viel Übung darin, den Schmerz zu ertragen, dass es fast zu einem lustvollen Erlebnis wurde. Das hier war eine Spur mehr als das, was ich gewöhnt war, dennoch versuchte ich nach Kräften, ruhig und gleichmäßig zu atmen.
Meine Göttinnen zu bändigen, war allerdings ein ganz anderes Thema.
Als Reaktion auf den sengenden Schmerz konnte ich das wütende Zischen der Schlangen auf dem Medusenhaupt hören, der sich auf Athenas Schild befand. Eisige Kälte strömte in meine Muskeln, die so schwer wie Stein wurden. Meine Vermutung war, dass Athena zu meinem Schutz die Macht ihrer Ägis gegen mich gerichtet hatte. So wie jeder, der die Medusa ansah, verwandelte auch ich mich allmählich in Stein.
Sebastian, der davon nichts mitbekam, schleckte weiter wie eine wilde Bestie mein Blut auf.
Irgendwo hinter dem Schleier, der sich um mich gelegt hatte, hörte ich Proteste der wachhabenden Polizisten, denen Dominguez mit energischem Tonfall widersprach. Worte wie
»Überwachungskamera« und »Vertrauensbruch« drangen zu mir durch.
Ich konnte auf die Situation nicht mit Beunruhigung reagieren. Alles rückte von mir ab, als sich eine unbestimmbare Schwere auf mich legte. Mein langsamer werdender Blutstrom schien Sebastian nur noch wilder zu machen, und mir wurde klar, dass Athena mir mit ihrer Aktion überhaupt nicht half.
Verstand sie nicht, dass ich das hier wollte? Hätte es mich nicht umgebracht, wäre ich sogar mit Freuden bereit gewesen, Sebastian jeden Tropfen meines Blutes zu geben.
Zwar hörte ich die Worte nicht so, als hätte sie jemand ausgesprochen, dennoch lautete Athenas Antwort, dass eine Frau niemals so viel für einen Mann opfern sollte.
Meine Arme wurden schlaff. Zugegeben, ich konnte Athenas Einstellung nachvollziehen, aber ich hatte jetzt nicht die Zeit, um mit einer Göttin über unterschiedliche Ausprägungen des Feminismus zu
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