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Garten des Lebens

Garten des Lebens

Titel: Garten des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Macomber
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wehmütig.
    Susannah wollte ihrer Mutter nicht die Illusion rauben, aber Chrissie verdankte ihre hellblonde Haarfarbe einem sündhaft teuren Friseur.
    “Als Joes Mutter Chrissie nach der Geburt zum ersten Mal sah, sagte sie, sie wäre ihrer Tante Louise wie aus dem Gesicht geschnitten”, entgegnete Susannah. Joe hatte die Augen verdreht, aber gerade in der letzten Zeit fand Susannah, dass Chrissie sehr nach der Familie ihres Vaters kam.
    “Ist sie immer noch in der Schule?”
    “Nein, Mom, Chrissie ist auf dem Weg nach Hause. Joe wird sie am Flughafen abholen.”
    “O ja, das hast du schon erzählt, nicht wahr? Manchmal vergesse ich solche Dinge.”
    “Das ist schon in Ordnung, Mom. Wir alle vergessen ab und zu etwas.” Mit einem aufmunternden Lächeln streichelte sie die Hand ihrer Mutter und stand dann auf. “Ich hole mal meine Sachen herein.”
    “Diesmal bleibst du doch länger als ein oder zwei Tage, nicht wahr?”
    “Ja, Mom, ich bleibe länger.”
    Ein Lächeln brachte die müden Augen ihrer Mutter zum Leuchten. “Gut. Ich habe gehofft, dass du bleiben würdest. Ich fühle mich so verloren ohne deinen Vater. Und jetzt hat Martha mich auch noch verlassen!” Sie schob eine Hand in ihre Schürzentasche und zog ein Taschentuch hervor, um die Tränen abzuwischen, die plötzlich in ihren Augen standen.
    Martha war gegangen! Susannah seufzte lautlos, während sie zum Auto ging. Sie hatte einen großen Koffer mitgenommen. Da sie ein paar Wochen in der Stadt sein würde, hatte sie mehr eingepackt, als sie normalerweise mitnahm.
    Susannah trug das Gepäck durch den Flur in ihr altes Kinderzimmer. Auch hier hatte sich seit ihrem Auszug nichts verändert. Ihr Schreibtisch stand noch immer an der gleichen Stelle und der Stuhl ebenso. Die schweren blauen Vorhänge waren ebenfalls noch dieselben. Sie waren mittlerweile etwas ausgeblichen, genauso wie der leichte blaue Wollteppich. Sie konnte nicht verstehen, warum ihre Eltern das Haus nie renoviert hatten. Am Geld konnte es auf jeden Fall nicht gelegen haben. Es schien, als steckten sie seit dreißig Jahren in einer Art Zeitschleife fest.
    “Ich habe letzte Woche eine Freundin von dir getroffen”, erzählte ihre Mutter, die in der Tür zum Kinderzimmer erschienen war und Susannah nun beim Auspacken zusah.
    “Wen denn?” Susannah hatte nicht viele Freunde in der Stadt. Sie war beim zehnjährigen Klassentreffen gewesen, hatte sich aber unwohl und irgendwie fehl am Platze gefühlt. Damals war sie gerade drei Jahre mit Joe verheiratet gewesen. Die beiden hatten den ganzen Abend nebeneinandergestanden und waren kaum mit anderen ins Gespräch gekommen. Danach war Susannah nie wieder zu einem Klassentreffen gegangen. Sie kannte diese Menschen einfach nicht mehr. Und weil sie im letzten Jahr der Highschool in Frankreich gewesen war, hatte sie nicht einmal den Abschluss mit ihnen zusammen gemacht – jedenfalls nicht offiziell.
    “Einen Moment”, sagte ihre Mutter, schloss die Augen und runzelte die Stirn. “Carolyn!”, sagte sie triumphierend. “Du erinnerst dich an Carolyn. Carolyn Bronson.” Ihre Mutter hielt inne. “Sie hat gesagt, du solltest sie bald mal anrufen.”
    “Carolyn Bronson?” Susannah konnte es kaum glauben. Carolyn war damals ihre beste Freundin. Sie kannten einander seit der Grundschule, und mit ihr zusammen war sie in Frankreich gewesen. Sie war das wohlhabendste Mädchen in ganz Colville. Ihr Vater besaß das Sägewerk, in dem vierzig Prozent aller Arbeitnehmer der Stadt beschäftigt waren – jedenfalls zu jener Zeit. Die Holzindustrie hatte sich verändert, und Susannah wusste nicht, wie es dem Betrieb inzwischen ergangen war.
    “Ihr ward gut befreundet, stimmt's?”
    Susannah nickte. “Aber ich habe sie seit Jahren nicht mehr gesehen.” Carolyn war die einzige Freundin aus Colville gewesen, zu der sie noch eine Zeit lang Kontakt gehabt hatte. Doch dann war auch der eingeschlafen, und irgendwann schrieb man sich nur noch zu Weihnachten. Vor fünfundzwanzig Jahren war eine Weihnachtskarte an Carolyn mit dem Aufdruck “unbekannt verzogen” wieder zurückgekommen. Seitdem hatte Susannah nichts mehr von ihr gehört. Vivian studierte regelmäßig die Todesanzeigen in der Zeitung. Und von ihr hatte sie erfahren, dass Carolyns Eltern gestorben waren. Dass ihre Jugendfreundin wieder in Colville lebte, war Susannah neu.
    “Carolyn war so aufgeregt, als ich ihr erzählte, du würdest in die Stadt kommen. Sie sagte, sie würde dich sehr

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